Vorhofflimmern: Thermische Ablation oder Pulsfeld?
Neben den etablierten Verfahren der thermischen Ablation (Hitze durch Radiofrequenz oder Kälte durch Kryoballon) hat in letzter Zeit die sog. Pulsfeld-Ablation (siehe auch Beitrag weiter unten) Aufmerksamkeit erregt.
Aktuell wurden die beiden Verfahren (thermisch versus Pulsfeld) direkt miteinander verglichen, d.h. die Patienten wurden randomisiert (zufallsmäßige Zuteilung, wie beim Werfen einer Münze) den beiden Verfahren zugeteilt. Jeweils etwas mehr als 300 Patienten wurden in beiden Gruppen behandelt und über ein Jahr beobachtet. Im Hinblick auf den anhaltenden Erfolg (Erhalt des normalen Sinus-Rhythmus) ergaben sich keine wesentlichen Unterschiede. Auch die Zahl der Komplikationen war in beiden Gruppen gering und vergleichbar.
Kommentar: In einer ersten vergleichenden Studie konnte sich das noch relativ neue Verfahren der Pulsfeld-Ablation im Vergleich zu den etablierten Verfahren der thermischen Ablation gut behaupten. Um Unterschiede in der Zukunft besser herauszuarbeiten, wären größere Patienten-Zahlen und auch längere Beobachtungs-Zeiträume wünschenswert.
Thema der Herzwochen 2022: Vorhofflimmern
Wie in jedem Jahr widmet sich die Deutsche Herzstiftung im November gezielt einem Schwerpunkt-Thema aus der Herz-Kreislauf-Medizin. Aktuell steht das Thema „Vorhofflimmern“ im Focus. Aus diesem Anlass stellt HERZ-NEWS die wichtigsten Fakten zu dieser Thematik in einer kurzen Übersicht zusammen.
Was ist Vorhofflimmern?
Der eigentliche Taktgeber des Herzens, der Sinusknoten, hat die Kontrolle über den Herzrhythmus verloren. Stattdessen entstehen vielfältige elektrische Impulse in den Vorhöfen, was zu einem unregelmäßigen Herzschlag führt. Eine geordnete Kontraktion (Zusammenziehen der Muskulatur) findet nicht mehr statt. Die Vorhöfe flimmern nur noch, sie stehen de facto mechanisch still und tragen nicht mehr zur Pumpleistung des Herzens bei.
Folgen des Vorhofflimmerns
Die fehlende Pumpleistung der Vorhöfe bedingt eine Abnahme der Herz-Leistung um 10-20%. Dies führt häufig zu einer nachlassenden Leistungsfähigkeit mit Auftreten von z.B. Luftnot bei körperlichen Belastungen. Der unregelmäßige, oft schnelle, Herzschlag wird als unangenehmes Herzstolpern/Herzrasen empfunden. Besonders problematisch ist aber, dass sich im stillstehenden linken Vorhof, besonders in einem Seitenarm, dem sog. Vorhofohr, die Blutströmung stark verlangsamt und die Entstehung von Blutgerinnseln begünstigt. Diese können mit dem Blutstrom verschleppt werden und sog. Embolien mit plötzlichem Verschluss von Arterien im großen Kreislauf verursachen. Besonders gefürchtet sind dabei Embolien in die Arterien des Gehirns mit der Folge eines Schlaganfalls. Etwa 20% aller Schlaganfälle entstehen auf diesem Wege.
Diagnose von Vorhofflimmern
Die Diagnose von Vorhofflimmern als Ursache eines oft bemerkten unregelmäßigen Herzschlags muss schließlich durch ein EKG oder Langzeit-EKG gesichert werden.
Welche Faktoren beeinflussen das Risiko für einen Schlaganfall?
Das Risiko für die Entstehung von Blutgerinnseln und damit Schlaganfällen hängt von zahlreichen weiteren Faktoren ab. Je mehr dieser Faktoren (z.B. hoher Blutdruck, Diabetes, Herzschwäche, fortgeschrittenes Alter usw.) vorliegen, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, einen Schlaganfall zu erleiden. Die einzelnen Faktoren werden in dem sog. CHADS-Vasc-Score zusammengefasst.
Behandlung von Vorhofflimmern
Die Behandlungs-Optionen sind ausgesprochen vielfältig und müssen immer auf den individuellen Fall abgestimmt werden. Medikamente wie Beta-Blocker können eine durch Vorhofflimmern bedingte hohe Herzfrequenz bremsen. Durch einen Elektro-Schock in Kurznarkose kann oft der regelmäßige Sinusrhythmus wiederhergestellt werden. Nicht selten treten Rezidive auf. Die sog. Pulmonalvenen-Isolation über einen Katheter (Ablation) bietet die Chance, das erneute Auftreten von Vorhofflimmern dauerhaft zu verhindern.
Bei Patienten mit einem hohen CHADS-Vasc-Score gilt es insbesondere, das Risiko für einen Schlaganfall zu vermindern. Dies kann durch Gabe von Medikamenten, die die Blutgerinnung hemmen, erreicht werden. Klassischerweise wurde hierfür das sog. Marcumar eingesetzt. Heute kommen meist sog. direkte orale Antikoagulantien (Pradaxa, Xarelto, Eliquis oder Lixiana) zur Anwendung. Alternativ kann auch ein Verschluss des Vorhofohrs über einen kurzen Katheter-Eingriff der Vorbeugung von Schlaganfällen dienen.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie unter https://www.herzstiftung.de/herzwochen bei der Deutschen Herzstiftung
Vorhofflimmern durch Drogen
Im Rahmen eines Registers von mehr als 23 Millionen ambulanten oder stationären Patienten in Kalifornien wurde der Einfluss von Drogen-Konsum auf das Risiko für Vorhofflimmern untersucht. Amphetamine, Kokain oder Opiate erhöhten das Risiko für Vorhofflimmern um 61 bis 86%. Cannabis-Konsum war mit einem 35% höheren Risiko verbunden.
Kommentar: Neben anderen Vorteilen kann der Verzicht auf o.g. Drogen auch dem Auftreten von Vorhofflimmern vorbeugen.
"Pulsed field"-Ablation von Vorhofflimmern
Aktuell wird über Ergebnisse des neuen Verfahrens der sog. "Pulsed-field"-Ablation (Puls-Feld-Ablation) bei 1758 Patienten mit Vorhofflimmern berichtet. Das Verfahren war bei 99,9% der Patienten erfolgreich. Bei keinem Patienten trat die gefürchtete Komplikation einer Speiseröhren-Verletzung auf. Auch anhaltende Schäden des Zwerchfell-Nervs wurden nicht beobachtet. Allerdings waren auch mit diesem Verfahren Herzbeutel-Ergüsse (ca. 1% der Patienten) und selten auch Schlaganfälle aufgetreten.
Kommentar: Zur Wiederherstellung eines normalen regelmäßigen Sinusrhythmus wird bei Patienten mit Vorhofflimmern häufig eine Ablations-Therapie durchgeführt. Oft sind die Einmündungen der Lungenvenen (Pulmonalvenen) in den linken Herz-Vorhof eine Quelle elektrischer Fehlimpulse, die zu Vorhofflimmern führen. Daher wird das Gewebe dieser Einmündungen so verödet (Ablation), dass die elektrischen Impulse aus den Lungenvenen nicht mehr in die Herz-Vorhöfe geleitet werden können. Die Lungenvenen werden vom Herzen also elektrisch isoliert (Pulmonalvenen-Isolation). Die Verödung erfolgt über Katheter, bisher mit Hilfe thermischer Energie, entweder in Form von Hitze (Radiofrequenz-Ablation bzw. Hochfrequenz-Ablation) oder Kälte (Kryo-Ablation). Leider können durch die thermischen Effekte auch benachbarte Strukturen wie z.B. die Speiseröhre oder der Zwerchfell-Nerv (Nervus phrenicus) geschädigt werden. Die Speiseröhre verläuft nämlich unmittelbar an der Rückwand des linken Herz-Vorhofs. Insbesondere ist die Verletzung der Speiseröhre eine zwar seltene aber wegen des manchmal tödlichen Ausgangs gefürchtete Komplikation.
Mit der noch neuen Methode der Puls-Feld-Ablation erfolgt die Ablation mit Hilfe kurzer elektrischer Impulse (pulsierende Stromstöße). Hierauf reagieren die umgebenden Herzmuskel-Zellen sehr empfindlich. Es entstehen Lücken (Poren) in der Zellmembran, die zum Untergang dieser Herz-Zellen führen. Daher wird für das Verfahren auch die Bezeichnung „Elektroporation“ verwendet. Anders als bei den oben genannten thermischen Verfahren werden benachbarte Gewebe wie Speiseröhre und Nerven aber offensichtlich geschont. Auch wird mit dem neuen Verfahren die Hoffnung auf eine geringere Rückfall-Quote (erneutes Auftreten von Vorhofflimmern) verbunden. Es bleibt abzuwarten, wie schnell sich das anscheinend zuverlässige und vergleichsweise sichere Verfahren in der klinischen Routine durchsetzen wird.
Vorhof-Ohr: Die Form machts
Bei Vorhofflimmern können Blutgerinnsel im Herz-Vorhof entstehen und zu einem Schlaganfall führen. Meist bilden sich die Gerinnsel in einem bestimmten Teil des Vorhofs, dem sog. Vorhof-Ohr. Dieses kleine Anhängsel schmiegt sich wie ein „Ohr“ dem li Vorhof an. Die Form des Vorhof-Ohrs kann sehr variabel sein. Mittels CT wurden bei rund 650 Patienten bereits bekannte charakteristische Typen (z.B. Blumenkohl, Windsack, Hühnerflügel) bestimmt. Dabei zeigte sich eine deutliche Abhängigkeit des Schlaganfall-Risikos von der Form des Vorhof-Ohrs. Neben der Form des Vorhof-Ohrs spielte auch die im Vorhof-Ohr gemessene Fluss-Geschwindigkeit des Blutes eine Rolle.
Kommentar: Heute kann das Vorhof-Ohr über einem Katheter von innen verschlossen werden, und damit das Schlaganfall -Risiko weitgehend ausgeschaltet werden. Die o.g. Ergebnisse könnten zukünftig dabei helfen, besonders gefährdete Personen für diesen Eingriff auszuwählen. Die Publikation hat noch kein sog. "Peer Review" durch unabhängige Gutachter durchlaufen.
Vorhofflimmern durch Fischöl?
In einigen Untersuchungen war über ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Vorhofflimmern bei regelmäßiger Einnahme von Nahrungs-Ergänzungs-Produkten mit Omega-3-Fettsäuren berichtet worden. In einer aktuellen Zusammenfassung bisheriger Studien mit mehr als 81.000 Teilnehmern zeigte sich im Verlauf von rund 5 Jahren ein 25% höheres Risiko für das Auftreten von Vorhofflimmern, insbesondere bei einer Dosierung von mehr als 1 g täglich.
Kommentar: Dagegen müssen mögliche Vorteile im Hinblick auf die Vermeidung anderer Herzkreislauf-Komplikationen abgewogen werden.
Gesunder Schlaf beugt Vorhofflimmern vor
Bei mehr als 400.000 Teilnehmern der UK-Biobank wurde das Schlafverhalten im Hinblick auf das Risiko von Herz-Arrhythmien, insbesondere Vorhofflimmern, untersucht. Als gesundes Schlafmuster wurde eine angemessene Schlafdauer (7-8 Stunden), wenig Schlaflosigkeit, Tages-Müdigkeit, Schnarchen, sowie ein früher Chrono-Typ (Frühaufsteher) definiert. Bei Personen mit einem gesunden Schlafmuster war das Risiko für das Auftreten von Vorhofflimmern um 29% geringer als bei ungesundem Schlafmuster.
Kommentar: Ungesunde Schlafmuster sind mit einem erhöhten Risiko für Diabetes, Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Angststörungen verbunden. Bei Patienten mit einem Schlafapnoe-Syndrom ist auch ein erhöhtes Vorhofflimmer-Risiko bekannt. In der aktuellen Untersuchung wurde ein umfassendes Profil des Schlafmusters erhoben und mit einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmern in Verbindung gebracht.
Herz-Risiken der Nachtarbeit
Bei rund 280.000 Teilnehmern der UK-Biobank wurde die Beziehung zwischen Schichtarbeit, insbesondere Nachtschicht, und kardiovaskulären Risiken untersucht. Dabei zeigte sich ein moderat erhöhtes Risiko für das Auftreten von Vorhofflimmern sowie auch einer koronaren Herzkrankheit (KHK) im Zusammenhang mit Nachtarbeit. Das Risiko war höher
-bei regelmäßiger im Vergleich zu nur gelegentlicher Nachtschicht-Tätigkeit
-bei Nachtschicht über lange Zeiträume, z.B. mehr als 10 Jahre
-bei 3-8 Nachtschichten/Monat im Vergleich zu mehr Nachtdiensten pro Monat
Kommentar: Überraschend ist das höhere Risiko im Bereich von 3-8 im Vergleich zu noch mehr Nachtschichten pro Monat. Offensichtlich stellt der häufige Schicht-Wechsel den Bio-Rhythmus des Organismus vor besondere Herausforderungen. Dies könnte zukünftige Arbeitszeit- bzw. Dienstplan-Gestaltungen beeinflussen.
Lichtblick für Weinfreunde
Der schädliche Einfluss größerer Mengen Alkohol auf das Auftreten von Vorhofflimmern ist unbestritten. Bei kleineren Mengen besteht noch Uneinigkeit. In einer aktuellen Analyse wurden mehr als 400.000 Teilnehmer der UK-Biobank ohne bisheriges Vorhofflimmern über 11 Jahre begleitet. Das niedrigste Risiko für das Auftreten von Vorhofflimmern zeigte sich im Mittel bei weniger als 7 "Drinks" ("Drink" definiert als 8 g Alkohol) pro Woche, also weniger als 56 g Alkohol pro Woche. Während der Konsum von Bier oder Apfelwein (Cidre) schon in kleinen Mengen zu einer Risiko-Erhöhung führte, galten für Rotwein, Weißwein und Spirituosen Grenzwerte von 10, 8 bzw. 3 "Drinks" pro Woche. Hier war der milde Konsum sogar noch etwas günstiger als vollständige Abstinenz. Bei höherem Alkohol-Konsum nahm das Risiko stetig zu, im Falle von Wein, insbesondere Rotwein, aber nur sehr moderat.
Kommentar: Personen ohne bisheriges Vorhofflimmern scheinen bei dem genannten moderaten Konsum von Wein kein wesentlich erhöhtes Risiko für das Auftreten von Vorhofflimmern einzugehen. Patienten, die bereits Vorhofflimmern hatten, insbesondere im Zusammenhang mit Alkoholkonsum, sollten auch auf kleine Mengen Alkohol verzichten. Auch wird darauf hingewiesen, dass andere Risiken des Alkoholkonsums nicht Gegenstand dieser Untersuchung waren. Die Unterschiede zwischen den Alkohol-Produkten könnten darauf beruhen, dass die Teilnehmer in den Gruppen nicht ganz vergleichbar waren. So wiesen die Konsumenten von Bier mehr Begleit-Erkrankungen auf.
Athleten flimmern häufiger
Bereits in früheren Untersuchungen war gelegentlich über das Risiko von Vorhofflimmern bei Hochleistungs-Sportlern berichtet worden. In einer zusammenfassenden Analyse bisheriger Studien mit mehr als 70.000 Personen wurde aktuell das Risiko für das Auftreten von Vorhofflimmern bei Athleten im Vergleich zu Kontroll-Personen untersucht. Als Athleten wurden Personen definiert, die ihren Sport regelmäßig, intensiv und in Verbindung mit offiziellen Wettkämpfen ausüben. Es zeigte sich, dass Athleten ein etwa 2.5-fach höheres Risiko für das Auftreten von Vorhofflimmern hatten.
Kommentar: Den überwältigenden positiven Auswirkungen sportlicher Betätigung auf das Herz-Kreislauf-System steht ein erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern bei Athleten gegenüber.
Abstinenz bei Vorhofflimmern verhindert Schlaganfälle
Bei nahezu 98.000 Patienten mit neu diagnostiziertem Vorhofflimmern wurde der Zusammenhang zwischen Alkohol-Konsum und Schlaganfall-Risiko untersucht. Dabei zeigte sich, dass "Nicht-Trinker" im Vergleich zu Alkohol-Konsumenten im Verlauf von 5 Jahren ein rund 25% geringeres Risiko für die Entwicklung von Schlaganfällen hatten. Patienten, die nach der Diagnose von Vorhofflimmern ihren Alkohol-Konsum eingestellt hatten, wiesen ein 13% geringeres Risiko auf.
Kommentar: Der Zusammenhang zwischen Alkohol-Konsum und dem Risiko für Vorhofflimmern ist gut gesichert. Ob Alkohol-Konsum bei Vorhofflimmern auch mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle einhergeht, war bisher weniger gut belegt.
Plötzlich blind durch Vorhofflimmern
Bei einer besonderen Form des Schlaganfalls kommt es zu einem plötzlichen schmerzlosen Erblinden auf einem Auge. Ursächlich liegt in der Regel ein Verschluss der zentralen Arterie der Netzhaut (Retina) vor. Grund dafür können Gefäßverkalkungen (Atherosklerose ), entzündliche Gefäß-Veränderungen, aber auch Vorhofflimmern sein. In einer aktuellen Untersuchung zeigte sich, dass bei Patienten mit einem Verschluss der Zentralarterie das Risiko für Vorhofflimmern um etwa 60% erhöht war. Es sollte also bei unklarer Ursache immer intensiv nach Vorhofflimmern gesucht werden.
Kommentar: Auch bei dieser Form von Schlaganfall spielt Vorhofflimmern offensichtlich eine größere Rolle als bisher angenommen. Bei einem plötzlichen schmerzlosen Erblinden handelt es sich um einen absoluten medizinischen Notfall, der sofort behandelt werden muss. Durch rechtzeitige Behandlung z.B. mit Medikamenten, die Blutgerinnsel auflösen können (Thrombolyse), kann häufig die Sehkraft wiederhergestellt werden. Wie beim Herzinfarkt oder bei anderen Schlaganfällen zählt in dieser Situation jede Minute!
Vorhofohr-Verschluss gegen Schlaganfall
Bei Vorhofflimmern steht der Vorhof mechanisch praktisch still. Dadurch können sich Blutgerinnsel im Vorhof bilden. Werden diese mit dem Blutstrom verschleppt, so kann es zu einem Schlaganfall kommen. Patienten mit Vorhofflimmern nehmen daher in der Regel Gerinnungshemmer ein. Dadurch kann die Gerinnsel-Bildung verhindert werden.
Rolle des Vorhofohrs
Es ist auch bekannt, dass die Gerinnsel sich meist (ca. 90%) in einem ganz bestimmten Teil des Vorhofs, nämlich im sog. Vorhofohr bilden. Dieses kleine Anhängsel des Vorhofs, dass in gewisser Weise einem Ohr ähnelt, wird heute häufig durch einen Katheter-Eingriff verschlossen. Es kann dann auf die relativ starken Gerinnungshemmer verzichtet werden.
Vorhofohr-Verschluss auch bei OP?
Eine wichtige Frage stellte sich jeweils für den Herzchirurgen bei häufigen Herz-Operationen, wie z.B. Bypass-Operationen oder auch Herzklappen-Operationen. Sollte bei einer solchen Operation zusätzlich auch das Vorhofohr routinemäßig verschlossen werden? Dieser kleine zusätzliche Eingriff verlängert die OP-Dauer nur um wenige Minuten.
Vorhofohr-Verschluss bewährt sich
Aktuell wurde auf einem US-Herzkongress über eine Studie bei rund 4800 Patienten mit Vorhofflimmern und geplanter Herz-Op. berichtet. Bei jeweils einer Hälfte der Patienten war randomisiert (zufallsmäßige Zuteilung, wie beim Werfen einer Münze) entweder das Vorhofohr verschlossen worden oder nicht. Alle Patienten nahmen weiter ihre Gerinnungshemmer ein. Im Verlauf von fast 4 Jahren kam es bei 4,8% der Patienten mit und bei 7,0% der Patienten ohne Verschluss zu einem Schlaganfall oder einer anderen Embolie in den großen Kreislauf. Damit konnte das Schlaganfall-Risiko relativ um 33% gesenkt werden.
Kommentar: Die Ergebnisse begründen nicht nur das Verschließen des Vorhofohrs bei Patienten mit Vorhofflimmern während eines ohnehin notwendigen operativen Eingriffs. Auch bestärken die Daten insgesamt das Konzept des Vorhofohr-Verschlusses zum Schutz vor Schlaganfällen, unabhängig von der Behandlung mit Gerinnungshemmern.
EKG-Pflaster erkennt Vorhofflimmern
Vorhofflimmern sollte möglichst frühzeitig erkannt werden, da es unbehandelt zu Gerinnsel-Bildung im Herzen und damit einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle führen kann. Oft halten die Vorhofflimmer-Episoden nur wenige Minuten oder Stunden an und werden von Patienten häufig nicht wahrgenommen. In einer aktuellen Untersuchung mit mehr als 850 Teilnehmern erhielt eine Hälfte der Patienten ein EKG-Pflaster während die andere Hälfte kein Pflaster erhielt. Die Patienten wurden den beiden Gruppen zufallsmäßig, d.h. randomisiert, zugeteilt (wie beim Werfen einer Münze). Die Patienten in der Pflaster-Gruppe trugen zweimal für jeweils 2 Wochen ein miniaturisiertes Langzeit-EKG, das wie ein Pflaster im oberen linken Brustbereich aufgeklebt wurde. Jeweils nach 2 Wochen wurde das Pflaster entfernt und ausgewertet. Bei den Teilnehmern mit EKG-Pflaster wurde in 23 Fällen Vorhofflimmern festgestellt, dagegen nur bei 2 Patienten ohne Pflaster. Mit Hilfe des EKG-Pflasters konnten also rund 10mal mehr Patienten mit Vorhofflimmern identifiziert werden.
Kommentar: Durch frühzeitige Diagnose von Vorhofflimmern können die erforderlichen therapeutischen Maßnahmen eingeleitet werden. In erster Linie gehört hierzu die Behandlung mit Medikamenten, die die Blutgerinnung hemmen. Dadurch kann das sonst drohende Schlaganfall-Risiko weitgehend verhindert werden.
Vorhofflimmern: Ablation hilft schwachen Herzen
In der der sog. CABANA-Studie war eine Ablation gegenüber einer medikamentösen Therapie bei etwa 2200 Patienten mit Vorhofflimmern verglichen worden. Das Gesamtergebnis nach etwa 4 Jahren war zwischen den beiden Gruppen nicht wesentlich unterschiedlich, mit einem kleinen Vorteil zugunsten der Ablations-Behandlung. Aktuell wurden die Ergebnisse für etwa ein Drittel der Patienten neu analysiert. Bei diesen Patienten lag zusätzlich auch eine Herzschwäche vor. Hier zeigte sich jetzt eine um 43% geringere Sterblichkeit, neben anderen günstigen Ergebnissen, wenn eine Ablation erfolgt war.
Kommentar: Die Ergebnisse können dazu beitragen, die Ablations-Behandlung schwerpunktmäßig den Patienten anzubieten, bei denen der größte Nutzen zu erwarten ist. Dies scheint sich für Patienten mit Vorhofflimmern und gleichzeitiger Herzschwäche herauszukristallisieren.
Vorhofflimmern schon bei geringem Alkohol-Konsum
Über einen Zusammenhang zwischen Alkohol-Konsum und dem Auftreten von Vorhofflimmern ist wiederholt berichtet worden. Bisher liegen aber widersprüchliche Angaben zum Risiko von geringen Alkohol-Mengen vor. Dieser Frage ging ein Forscher-Team um Prof. Renate Schnabel (Universitäres Herzzentrum Hamburg) nach. Dazu wurden Daten von mehr als 100.00 Personen, die bisher noch nicht an Vorhofflimmern litten, über einen Zeitraum von 14 Jahren analysiert. Schon kleinste Mengen, z.B. 2 g Alkohol täglich (etwas mehr als ein Esslöffel Wein), ging mit einem geringen aber statistisch nachweisbar höheren Risiko einher. Mit zunehmender Alkoholmenge stieg das Risiko für das Auftreten von Vorhofflimmern. Bei einer Alkoholmenge von 12 g täglich (etwa 1/8. Liter Wein) nahm das Risiko um16%, bei 24 g tgl. (etwa 1/4. Liter Wein) um 36% und bei 36 g tgl. (etwa 3/8. Liter Wein) um 52% zu. Die Art des konsumierten Alkohols (Bier, Wein, Spirituosen) hatte dabei keinen Einfluss.
Kommentar: Die Forschungs-Ergebnisse belegen eindrucksvoll, dass auch bei geringen Alkohol-Mengen praktisch kein "Null-Risiko" gegeben ist. Die potentielle Gefährdung durch Schlaganfälle bei Auftreten von Vorhofflimmern, sollte bei der individuellen Entscheidung für Alkohol-Konsum, sowie der Menge des konsumierten Alkohols, berücksichtigt werden.
Fingerhut bei Vorhofflimmern und Herzschwäche
Bei rund der Hälfte von Patienten mit Vorhofflimmern liegt sog. permanentes Vorhofflimmern vor, das heißt die Rhythmus-Störung besteht auf Dauer. Eine Wiederherstellung des normalen Sinus-Rhythmus ist nicht mehr zu erwarten und wird nicht mehr angestrebt.
Frequenz-Kontrolle im Vordergrund
Oft kommt es zu phasenweise sehr schnellem Herzschlag. Dies äußert sich dann in Beschwerden wie Leistungsschwäche und Luftnot. Besonders Patienten mit schon bestehender Herzschwäche sind in solchen Situationen gefährdet. Zur Verlangsamung der Herzfrequenz werden meist sog. Betablocker eingesetzt. Diese hatten sich insbesondere bei Patienten mit normalem Sinusrhythmus und Herzschwäche bewährt. Alternativ können aber auch Digitalis-Präparate (aus dem giftigen Fingerhut gewonnen) eingesetzt werden.
Digoxin zumindest ebenbürtig
In einer aktuellen Untersuchung waren in England 160 Patienten mit permanentem Vorhofflimmern und begleitender Herzschwäche randomisiert (zufallsmäßige Zuteilung der Therapie, wie beim Werfen einer Münze) entweder mit dem Betablocker Bisoprolol oder dem Digitalis-Präparat Digoxin behandelt worden. Im Verlauf von 6 Monaten fand sich kein wesentlicher Unterschied in der mit Hilfe von Fragebögen erfassten Lebensqualität der Teilnehmer. Überraschenderweise fanden sich nach 12 Monaten für eine Reihe von Parametern sogar Vorteile in der Digoxin-Gruppe. So war ein Labor-Wert (NT-proBNP), der das Ausmaß der Herzschwäche widerspiegelt, bei Digitalis-Einnahme weniger pathologisch. Auch waren weniger unerwünschte klinische Ereignisse bei Digoxin-Behandlung aufgetreten.
Kommentar: Fingerhut-Präparate waren aufgrund von Subgruppen-Analysen in großen Studien mit Herzinsuffizienz bei Sinus-Rhythmus eher kritisch beurteilt worden. Eine genaue individuelle Dosis-Findung und Therapie-Kontrolle im Verlauf ist erforderlich, um der Gefahr von Überdosierungen vorzubeugen. Die aktuellen Ergebnisse zeigen, dass durch ein genau dosiertes Digoxin-Präparat bei Patienten mit Vorhofflimmern und Herzschwäche eine gute Wirkung erreicht werden kann. Die Befunde sollten allerdings in größeren randomisierten Studien bestätigt werden. Historisch war die harn-treibende Wirkung von Digitalis aus dem Fingerhut 1785 erstmals von W. Withering aus Birmingham bei ebenfalls 160 Patienten mit Wasser-Einlagerungen (Ödeme) aufgrund von Herzschwäche wissenschaftlich untersucht und beschrieben worden.
Alkohol bei Vorhofflimmern - Jedes Glas zählt
Es ist bekannt, dass Alkohol-Konsum Vorhofflimmern auslösen kann. Die Auswirkungen von Alkohol bei Patienten mit bereits bestehendem Vorhofflimmern sind weniger erforscht. In der aktuellen Studie wurde bei mehr als 9400 Patienten mit Vorhofflimmern untersucht, wie sich die Menge des konsumierten Alkohols auf das Risiko für ernste Ereignisse (Schlaganfall, Embolie oder Krankenhaus-Behandlung wegen Vorhofflimmern) auswirkt. Die Patienten wurden je nach Alkohol-Konsum in 4 Gruppen eingeteilt: Kein Alkoholkonsum, geringer, mäßiger oder deutlicher Konsum. Letzteres war definiert als Konsum von mehr als 200 g Alkohol pro Woche. In dieser Gruppe zeigte sich im Verlauf von 17 Monaten ein um 32% erhöhtes Risiko im Vergleich zu abstinenten Teilnehmern. Bei geringem oder mäßigem Konsum bestand kein erhöhtes Risiko.
Kommentar: Zumindest für die hier untersuchten Ereignisse, die typischerweise bei Vorhofflimmern beobachtet werden, war ein geringer Alkohol-Konsum nicht mit einem erkennbar erhöhten Risiko verbunden. Andere Risiken wie z.B. Einschränkung der Verkehrstüchtigkeit etc. wurden in dieser Studie nicht untersucht. Die Studie macht denen Hoffnung, die gelegentlich trotz Vorhofflimmern nicht auf Alkohol verzichten möchten. Allerdings ist die hier genannte Menge von 200 g pro Woche bereits mit einem Glas (250 ml) Wein pro Tag erreicht.
Schlafapnoe bei Vorhofflimmern oft unentdeckt
Schlafapnoe gilt als möglicher Risikofaktor für das Auftreten von Vorhofflimmern. Bei 188 Patienten mit geplanter Ablations-Therapie wegen Vorhofflimmern und bisher noch nicht bekannter Schlafapnoe wurde systematisch auch nach dem Vorhandensein eines Schlafapnoe-Syndroms gesucht. Dabei konnte mit Hilfe eines ambulanten Testgerätes bei 82% der Patienten auch eine Schlafapnoe nachgewiesen werden. Die üblichen Fragen z.B. nach Müdigkeit, Schnarchen u.a. waren diagnostisch nur wenig zuverlässig.
Kommentar: Offensichtlich besteht eine hohe Rate von unentdeckter Schlafapnoe bei Patienten mit Vorhofflimmern und geplanter Ablation. Da die üblichen Fragen nur eine geringe Trefferquote aufwiesen, ist in diesen Fällen die Durchführung eines ambulanten Schlafapnoe-Screenings zu erwägen.
Vorhofflimmern: Kann Ablation Demenz verhindern?
Bei Vorhofflimmern besteht ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Schlaganfällen. Zunehmend setzt sich die Erkenntnis durch, dass bei dieser Rhythmus-Störung auch die Entwicklung einer Demenz drohen kann. Durch eine Ablations-Behandlung (Verödung bestimmter Herz-Areale durch Hitze oder Kälte über einen Katheter) kann Vorhofflimmern beseitigt, bzw. der normale Sinusrhythmus erhalten werden. In einem großen koreanischen Register wurde retrospektiv untersucht, wie sich die Ablation im Vergleich zu einer rein medikamentösen Therapie auf das Risiko einer späteren Demenz-Entwicklung auswirkt. Dazu wurden rund 9000 Patienten mit Ablation und etwa18000 mit rein medikamentöser Therapie über mehr als 4 Jahre verglichen. Bei Patienten mit Ablation fand sich im Verlauf ein 27% geringeres Risiko für eine Demenz-Entwicklung.
Kommentar: Bei einer erfolgreichen Ablation besteht eine größere Chance für die längerfristige Aufrechterhaltung des normalen Sinusrhythmus. Damit ist auch eine geringere Neigung zu auch kleineren Schlaganfällen verbunden. Da es sich nur um eine retrospektive Beobachtung handelt, ist ein kausaler Zusammenhang zwischen Ablation und geringerem Demenz-Risiko nicht belegt.
Bei Vorhofflimmern normalen Rhythmus wiederherstellen
Bei Patienten mit neu aufgetretenem Vorhofflimmern muss entschieden werden, ob eine frühe Wiederherstellung des normalen Sinusrhythmus angestrebt werden sollte. In einer aktuellen Studie wurden rund 2800 Patienten zwei Behandlungs-Strategien randomisiert (zufallsmäßig, wie beim Werfen einer Münze) zugeteilt. Während in einer Gruppe die frühe Wiederherstellung des normalen Rhythmus angestrebt wurde, erfolgte ein solcher Versuch in der Vergleichs-Gruppe nicht. Im Mittel erfolgte diese Entscheidung 5 Wochen nach Beginn des Vorhofflimmerns. Um den normalen Sinusrhythmus wieder zu erreichen, wurden bei den entsprechend ausgewählten Patienten Medikamente und falls erforderlich eine Elektroschock-Behandlung oder Ablation (Verödung) eingesetzt. Im Verlauf von 5 Jahren waren rund 20% weniger Schlaganfälle, Todesfälle sowie Krankenhaus-Behandlungen wegen Herzschwäche oder Herzinfarkt bei Patienten mit frühem Versuch einer Wiederherstellung des normalen Rhythmus aufgetreten.
Kommentar: Die überzeugenden Daten sprechen dafür, dass bei Patienten mit erst seit kurzer Zeit bestehendem Vorhofflimmern eine frühe Wiederherstellung des normalen Sinus-Rhythmus angestrebt werden sollte.
Ablation überzeugt bei Herzschwäche mit Vorhofflimmern
Vorhofflimmern tritt häufig bei Patienten mit bestehender Herzschwäche auf. In vielen Untersuchungen wurde die Beseitigung des Vorhofflimmerns durch eine sog. Katheter-Ablation (Verödung durch Hitze oder Kälte) und Wiederherstellung des normalen Herzrhythmus mit einer rein medikamentösen Therapie verglichen. Eine zusammenfassende Analyse von ca. 1100 Patienten zeigt eine deutlich geringere Sterberate, eine geringere Rate an Krankenhaus-Behandlungen und auch einen Trend zu einer geringeren Schlaganfall-Rate bei Patienten mit Ablations-Behandlung. Darüber hinaus konnte der normale Herzrhythmus häufiger durch die Ablation erhalten und die Herzfunktion verbessert werden.
Kommentar: Es wird erwartet, dass die sehr positiven Ergebnisse der Ablations-Behandlung einen Niederschlag in entsprechenden Leitlinien-Empfehlungen finden werden. Für Patienten mit einer bereits weit fortgeschrittenen Herzschwäche war in bisherigen Studien kein überzeugender Vorteil für die Ablation nachgewiesen worden. Zu dieser Thematik müssen die Ergebnisse weiterer Studien abgewartet werden.
Vorhofohr-Verschluss oder Gerinnungs-Hemmer?
Vorhofflimmern kann durch Bildung von Blutgerinnseln im Herz zu Schlaganfällen führen. Dabei entsteht die Mehrzahl der Blutgerinnsel in einem Anhängsel des linken Herzvorhofs, auch Vorhofohr genannt. Dieses Vorhofohr kann durch einen kleinen Katheter-Eingriff mit einem Schirmchen (wie mit einem Stöpsel) verschlossen werden. Dadurch kann die Gerinnsel-Bildung im Vorhofohr verhindert werden. Als klassische Therapie-Alternative ist bei Patienten mit Vorhofflimmern die Dauer-Behandlung mit Gerinnungs-Hemmern etabliert, um das Schlaganfall-Risiko zu minimieren.
In einer aktuellen Studie wurden mehr als 400 Pat. randomisiert (zufallsmäßige Zuteilung, wie beim Werfen einer Münze) entweder mit modernen Gerinnungs-Hemmern (direkte orale Antikoagulantien - DOAKs) oder mit einem Vorhofohr-Verschluss behandelt. Im Verlauf von im Mittel 20 Monaten war die Schlaganfall-Rate in den beiden Gruppen vergleichbar, es zeigte sich aber eine deutliche Tendenz zu weniger Blutungs-Komplikationen und einer auch geringeren Sterblichkeit bei Patienten mit Vorhofohr-Verschluss.
Stumme Schlaganfälle trotz Gerinnungs-Hemmern
Bei 1227 Patienten mit Vorhofflimmern wurden im Abstand von 2 Jahren MRT-Untersuchungen des Gehirns durchgeführt. In diesem Zeitraum waren bei 5,5% der Patienten neue Schlaganfälle aufgetreten. Die meisten (85%) waren vom Patienten nicht bemerkt worden. Nahezu 88% der Patienten hatten Gerinnungshemmer (orale Antikoagulantien) eingenommen.
Kommentar: Die Daten bestätigen das vor kurzem (siehe unten) berichtete Risiko von stummen Schlaganfällen bei Vorhofflimmer-Patienten. Bisher liegen keine weiteren Informationen über die Therapie mit Gerinnungshemmern in diesem 2-Jahres-Zeitraum vor. Es ist bekannt, dass das Risiko für Schlaganfälle mit der Güte der Therapie-Einstellung korreliert.
„Stumme“ Schlaganfälle bei Vorhofflimmern häufig
Bei 1390 Patienten mit Vorhofflimmern, die bisher noch keine Schlaganfall-Symptome bemerkt hatten, wurde eine MRT-Untersuchung (Magnet-Resonanz-Tomographie) des Gehirns durchgeführt. Hierbei zeigte sich bei etwa 1/3 der Patienten, dass in der Vergangenheit bereits unbemerkt ein Schlaganfall aufgetreten war. Gleichzeitig konnte bei diesen Patienten im Rahmen entsprechender Testungen eine Reduktion kognitiver Leistungen festgestellt werden.
Diabetes-Medikament hilft auch gegen Vorhofflimmern
In einer Studie mit mehr als 17.000 Typ-2 Diabetikern (DECLARE-Studie) war der Nutzen eines neuen Diabetes-Medikamentes (Dapagliflozin ) im Vergleich zu Placebo (Schein-Medikament) nachgewiesen worden. Die Patienten waren über etwa 4 Jahre behandelt worden. Eine weitere Analyse ergab jetzt, dass auch das Auftreten von Vorhofflimmern durch das neue Medikament um etwa 20% verringert werden konnte.
Quelle: Zelniker TA et al. Circulation 2020 Apr 14;141 (15):1227-1234
Kommentar: Die sog. SGLT2-Hemmer (Empagliflozin, Dapagliflozin) sind nach aktuellen Leitlinien Medikamente der ersten Wahl bei Patienten mit Diabetes und hohem Risiko. Hierzu gehören z.B. Patienten mit bereits bekannter Atherosklerose oder Herzmuskel-Verdickung. In Studien konnte eine überzeugende Reduktion von Herzinfarkten, Schlaganfällen und Todesfällen für die neuen Medikamente nachgewiesen werden. Insbesondere für Empagliflozin zeigte sich eine beeindruckende Abnahme der Sterblichkeit. Daneben wurde auch eine Abnahme von Blutdruck und Körpergewicht, sowie eine verstärkte Harn-Ausscheidung für diese Medikamente belegt. Neben der günstigen Wirkung bei Diabetikern waren bereits vorteilhafte Wirkungen auch bei Patienten mit Herzschwäche nachgewiesen worden, so dass die Medikamente bei diesen Patienten besonders empfohlen werden. Für Patienten mit Nierenschwäche war bei Behandlung mit Dapagliflozin kürzlich ein günstiges Ergebnis angekündigt worden. Siehe frühere Beiträge in diesem Forum. Die insgesamt „Herz-schonenden“ Wirkungen der Medikamente dürften für die jetzt berichtete Verringerung von Vorhofflimmern bei Behandlung mit Dapagliflozin verantwortlich sein. Empagliflozin ist als Jardiance® oder in Kombination mit Metformin als Synjardy® und Dapagliflozin als Forxiga® oder in Kombination mit Metformin als Xigduo® im Handel.
Pausieren von Gerinnungshemmern bei operativen Eingriffen
Vorhofflimmern erfordert meist eine Therapie mit Gerinnungs-Hemmern, um das sonst drohende Risiko für Schlaganfälle zu verringern. Bei geplanten operativen Eingriffen ist in der Regel eine kurze Therapie-Pause erforderlich, um das Blutungs-Risiko während der Operation möglichst nicht zu erhöhen. Andererseits ist während der Therapiepause der Schutz vor thromb-embolischen Ereignissen (insbesondere Schlaganfall) nicht mehr gegeben. Über die Höhe der Risiken (einerseits Blutungen, andererseits Thromb-Embolien)bei einer Therapie-Pause wegen eines geplanten operativen Eingriffs, liegen nur wenige Informationen vor. In der aktuellen Untersuchung wurde das Risiko sowohl für Blutungen als auch für thromb-embolische Ereignisse bei über 3000 Patienten mit Vorhofflimmern ermittelt. Die Patienten waren mit Eliquis®, Xarelto® oder Pradaxa® behandelt. Je nach mutmaßlichem Blutungsrisiko erfolgte eine Therapie-Pause von 1-2 Tagen vor der geplanten Operation. Entsprechend wurde die Therapie erst 1-3 Tage nach dem Eingriff wieder aufgenommen. Insgesamt wurden die Patienten über 30 Tage nach OP beobachtet. Die Rate schwerer Blutungen lag im Bereich zwischen 0,9 und 1,85%, die Rate arterieller Thromb-Embolien zwischen 0,16 und 0,6%.
Quelle: Douketis JD et al . JAMA Intern Med 2019; 179 (11): 1469-1478
Kommentar: Während die Blutungs-Raten sich in einer erwartbaren Eingriffs-bedingten Größen-Ordnung bewegten, war die Therapie-Pause doch mit einem relevanten Risiko für thromb-embolische Ereignisse verbunden. Die voraussichtlich optimale Dauer der Therapiepause von Gerinnungs-Hemmern hängt von zahlreichen Variablen wie z.B. der Art des operativen Eingriffes, Vorerkrankungen oder der Nierenfunktion ab. Die Entscheidung sollte jeweils in enger Absprache mit dem betreuenden Hausarzt und dem Chirurgen oder ggf. Zahnarzt individuell getroffen werden.
Risiko für Osteoporose bei Therapie mit Gerinnungs-Hemmern
Die Begünstigung einer Osteoporose gilt als eine der möglichen Nebenwirkungen bei langfristiger Einnahme von sog. Vitamin K-Antagonisten (z.B.Marcumar®). Seit einigen Jahren stehen als Alternative direkte orale Antigkoagulantien (DOAK) zur Verfügung. In Taiwan wurden über 17.000 Patienten mit Vorhofflimmern, die mit oralen Gerinnungshemmern behandelt wurden, im Hinblick auf das Risiko für Osteoporose bzw. Knochenfrakturen untersucht. Mit speziellen statistischen Verfahren wurde in dieser retrospektiven Studie die Vergleichbarkeit der Therapiegruppen angestrebt. Bei einer Therapiedauer von mindestens 1 Jahr war das Risiko für die Entwicklung einer Osteoporose/Knochenfraktur bei DOAK-Therapie insgesamt 28% niedriger als bei Behandlung mit Vitamin-K-Antagonisten. Insbesondere bei Therapie mit Rivaroxaban (Xarelto®) oder Apixaban (Eliquis®) konnte ein 32% bzw. 62 % geringeres Risiko festgestellt werden. Für Dabigatran (Pradaxa®) fand sich in dieser Untersuchung kein Unterschied im Vergleich zur herkömmlichen Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten. Ein weiteres DOAK, nämlich Edoxaban (Lixiana®), war zum Zeitpunkt der Studien-Durchführung noch nicht verfügbar, sodass hierzu keine Angaben vorliegen.
Quelle: Huang HK et al. JAHA 2020;9(2); doi: 10.1161/JAHA.119.013845
Kommentar: Bei der individuellen Auswahl eines Gerinnungs-Hemmers sind vielfältige Gesichtspunkte zu berücksichtigen. In Zukunft kann auch das unterschiedliche Osteoporose-Risiko in die Entscheidungs-Findung eingehen. Zumindest bei Personen mit ohnehin hohem Risiko für eine Osteoporose (u.a. Ältere, Frauen nach den Wechseljahren, Inaktive, Cortison-Therapie) kann durch Auswahl von Xarelto® oder Eliquis® ein zusätzliches Risiko vermieden werden. Anders als in dieser Untersuchung war in einer früheren Studie auch für Dabigatran (Pradaxa®) eine geringere Fraktur-Gefährdung gezeigt worden.
Bewegung beugt Vorhofflimmern vor - meistens
Vorhofflimmern gilt wegen der möglichen Gefährdung durch Schlaganfälle als bedrohliche Störung des Herzrhythmus. In einer aktuellen Untersuchung wurden die Daten von mehr als 400.000 Teilnehmern im Hinblick auf Angaben zur körperlichen Aktivität analysiert. Der gesundheitliche Zustand der Teilnehmer wurde über einen Zeitraum von etwa 7 Jahren (Median) beobachtet. Dabei zeigt sich, dass Teilnehmer, die regelmäßig sportlich aktiv waren, ein geringeres Risiko für Vorhofflimmern und auch andere ernste Rhythmusstörungen aufwiesen. Bei extremer sportlicher Dauer-Belastung zeigte sich dagegen sogar ein höheres Risiko für Vorhofflimmern, zumindest bei Männern. Bei Frauen konnte in dieser Untersuchung kein erhöhtes Risiko nachgewiesen werden.
Quelle: Elliott A.D. et al.: European Heart Journal, ehz897.
Nattel S.: European Heart Journal, ehz897.
Kommentar: Die vorteilhaften Wirkungen sportlicher Aktivität sind vielfach belegt, insbesondere die verringerte Rate an Herzkreislauf-Erkrankungen. Überzeugend zeigen die neuen Daten auch die vorbeugende Wirkung körperlicher Aktivität im Hinblick auf das Auftreten von Vorhofflimmern. Allerdings nur bis zu einem gewissen Grad. Extreme sportliche Aktivität führte hier zumindest bei Männern sogar zu einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmern. Auch in früheren Untersuchungen war dieses erhöhte Risiko bei extremen Ausdauer-Belastungen wie Marathon-Läufern oder Triathleten beobachtet worden, kürzlich auch bei kraft-betonten Sportarten wie "American Football". Wie so oft scheint sich auch für sportliche Aktivität und das Risiko von Vorhofflimmern die Faustregel von Paracelsus zu bestätigen: ”Die Dosis macht das Gift".
Auch chinesisches Handy erkennt Vorhofflimmern
Vorhofflimmern kann, falls nicht rechtzeitig entdeckt, Auslöser für einen Schlaganfall sein. Da diese Herzrhythmus-Störung oft wenig Symptome bereitet und auch nur phasenweise auftreten kann, bleibt sie häufig lange unerkannt. Anfang des Jahres wurde über die sog. “Apple Herz Studie” berichtet. Bei 0.5% der Träger einer Apple-Watch konnte erstmals Vorhofflimmern festgestellt werden. Die endgültigen Ergebnisse dieser Studie sind aber weiterhin noch nicht publiziert.
Aktuell liegt nun eine Publikation aus China vor. Hier wurde bei nahezu 190.000 Personen mit einem Huawei Handy oder Armband nach dem Vorliegen von Vorhofflimmern gefahndet. Bei 0.2 % der Teilnehmer konnte Vorhofflimmern während einer nur 2-wöchigen Beobachtungsdauer detektiert werden. Dabei wurde die sog. Photo-Puls-Plethysmographie eingesetzt. Ein spezieller Sensor registriert die reflektierten Anteile von in die Haut gesendetem Infrarotlicht und gibt so Hinweise auf die Durchblutung und den Herzrhythmus. In 87% der Fälle von auf diesem Wege entdecktem Vorhofflimmern konnte die Diagnose im Verlauf der folgenden kardiologischen Abklärung bestätigt werden.
Quelle: Guo Y et al. Mobile Photoplethysmographic Technology to Detect Atrial Fibrillation. 2019 Nov 12;74(19):2365-2375. doi: 10.1016/j.jacc.2019.08.019. Epub 2019 Sep 2.
Kommentar: Diese neue Technologie kann dazu beitragen, Episoden von Vorhofflimmern möglichst frühzeitig zu erfassen. Es kann dann eine weitere kardiale Abklärung und Sicherung der Diagnose erfolgen und die Indikation zu einer Therapie mit Gerinnungs-Hemmern sorgfältig geprüft werden. Nicht jeder Patient mit Vorhofflimmern benötigt aber eine Behandlung mit Gerinnungs-Hemmern. Dies hängt von einer Vielzahl weiterer Faktoren wie z.B. dem zusätzlichen Vorliegen von Gefäß-Erkrankungen, Diabetes mellitus, Hochdruck aber auch dem Alter etc. ab. So bedeutsam die rechtzeitige Erkennung und Behandlung von Vorhofflimmern auch ist, so muss auf der anderen Seite eine Übertherapie bei den Patienten vermieden werden, die trotz Vorhofflimmern nur ein geringes Schlaganfall-Risiko aufweisen. In diesen Fällen kann häufig auf eine Gerinnungshemmung mit dem inhärenten Risiko von Blutungs-Komplikationen verzichtet werden.
Häufiger Alkohol-Konsum führt zu Vorhofflimmern
Personen mit Vorhofflimmern haben ein etwa 5-fach höheres Risiko für Schlaganfälle als solche ohne Vorhofflimmern. Alkohol-Genuss gilt seit langem als einer der möglichen Auslöser dieser Rhythmus-Störung.
Fast 9.8 Millionen Personen ohne Vorhofflimmern nahmen 2009 an einem Gesundheits-Check-up in Südkorea teil und wurden bis 2017 nachbeobachtet. In der Studie war genau erfasst worden, an wievielen Tagen / Woche und in welchen Mengen Alkohol pro Trink-Episode konsumiert wurde. Bisherige Untersuchungen hatten sich auf die Menge, aber nicht auf die Häufigkeit des Trinkens konzentriert. Es zeigte sich, dass ein täglicher Alkohol- konsum mit einem um etwa 50% höheren Risiko für das Auftreten von Vorhofflimmern einherging als ein nur 1 x wöchentlicher Konsum. Der regelmäßige Konsum auch geringer Mengen wirkte sich ungünstiger aus als gelegentliches Trinken großer Mengen (Rausch-Trinken, Binge-Drinking). In Übereinstimmung mit früheren Untersuchungen nahm das Risiko für Vorhofflimmern aber auch mit der Gesamtmenge des Alkohol-Konsums pro Woche zu.
Quelle: Kim YG et al. Europace 2019 Oct 17. pii: euz256. doi: 10.1093/europace/euz256.[Epub ahead of print]
Kommentar: Bereits in früheren Untersuchungen konnte eine klare Korrelation zwischen der Gesamt-Menge des konsumierten Alkohols und dem Risiko für Vorhofflimmern nachgewiesen werden. In einer Metaanalyse nahm das Risiko pro 12 g /Alkohol pro Woche(etwa in 125 ml Wein enthalten) um 8% zu. Die aktuelle Untersuchung hebt insbesondere das Risiko regelmäßigen Alkohol-Konsums hervor. Allerdings sind auch nur gelegentliche Exzesse nicht risikoarm. Seit längerem ist das Auftreten von Vorhofflimmern nach Konsum ungewohnt großer Alkohol-Mengen, z.B. im Rahmen von Feiern, unter der Bezeichnung des „Holiday Heart Syndroms“ bekannt. Auf eine kurze Formel gebracht, könnte die Empfehlung zur Vermeidung von Vorhofflimmern in Bezug auf Alkohol lauten: nicht so viel, und (wie wir jetzt auch wissen) nicht so häufig.
Vorhofflimmern und KHK: Welche Gerinnungs-Hemmung?
Häufig besteht bei Patienten mit Vorhofflimmern auch eine Koronare Herz-Krankheit. Während bei Vorhofflimmern die Hemmung der Blutgerinnung mit sog. Antikoagulantien unverzichtbar ist, wird bei Koronarer Herzkrankheit die Gabe eines Plättchen-Hemmers (z.B. ASS) empfohlen. Seit längerem bestand Unklarheit, ob eine Therapie mit Antikoagulantien bei diesen Patienten ausreicht, oder ob die zusätzliche Gabe eines sog. Plättchen-Hemmers von Vorteil sein könnte. In einer aktuellen Studie (AFIRE) wurde in Japan nun die alleinige Therapie mit Xarelto® im Vergleich zur Kombination Xarelto® + Plättchen- Hemmer untersucht. Die alleinige Behandlung mit Xarelto® war der Kombination überlegen. Es traten weniger Todesfälle und weniger Blutungen auf.
Yasuda S et al. NEJM 2019;381:1103-1113
Kommentar: In einer ähnlichen japanischen Studie (Matsumura-Nakano et al, Circulation 2019), bei der aber überwiegend konventionelle Vitamin-K-Antagonisten (in Deutschland wird meistens Marcumar ® verwendet) eingesetzt wurden, zeigte im Gegensatz zur vorliegenden Studie eine geringere Rate an Ischämie-Ereignissen und erhöhte Blutungs-Rate bei Kombinations-Therapie. Die divergierenden Studien-Ergebnisse, können darauf hindeuten, dass eine pauschale Ja /Nein-Strategie der komplexen Situation nicht angemessen ist. Es muss in Zukunft besser herausgearbeitet werden, für welche individuellen Patienten eine Kombinations-Therapie von Nutzen sein kann, bzw. eher eine Gefährdung darstellt. Der ganz überwiegende Ergebnis-Unterschied hatte sich in der aktuellen Studie nur bei den älteren Patienten ( > 75 Jahre) gezeigt. Für Patienten mit stabiler KHK und Vorhofflimmern, die mit Xarelto® behandelt werden, sollte insbesondere in der Altersgruppe der "Über-75-Jährigen" die Mono-Therapie bevorzugt werden.
Künstliche Intelligenz zur frühen Diagnose von Vorhofflimmern
Vorhofflimmern tritt häufig nur sporadisch und bei vielen Patienten auch symptomarm auf. Die Rhythmus-Störung kann daher oft lange unentdeckt bleiben. Ruhe-EKG und sogar das Langzeit-EKG ergeben oft keinen Anhaltspunkt für die gelegentlichen Episoden von Vorhofflimmern. Eine möglichst frühzeitige Diagnose wäre aber von großer Bedeutung, da Vorhofflimmern mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle verbunden ist, wenn nicht rechtzeitig eine Behandlung mit Gerinnungs-Hemmern eingeleitet wird. Die EKG-Daten von mehr als 650000 Patienten in Florida wurden in Computer eingegeben. Diese entwickelten Algorithmen, die es erlaubten, aufgrund eines einzigen (noch normalen) EKG das spätere Auftreten von Vorhofflimmern in mehr als 80% der Fälle richtig vorherzusagen. Die Computer erkannten offensichtlich diskrete Veränderungen im "noch normalen" EKG als Vorboten eines Vorhofflimmerns, die von Ärzten normalerweise nicht erkannt werden. Allerdings haben die Forscher noch nicht herausgefunden, welche Signale /Merkmale die Computer für Ihre Vorhersage heranziehen.
Quelle:.Attia ZI et al. Lancet 2019 ;pii:S0140-6736
Kommentar: Künstliche Intelligenz wird zukünftig dazu beitragen, gefährdete Patienten frühzeitiger zu erkennen. Durch rechtzeitige Behandlung mit Gerinnungs-Hemmern könnte das Risiko für Schlaganfälle vermindert werden.
Verzicht auf Alkohol nach Vorhofflimmern lohnt sich
Dass Alkoholgenuss das Auftreten von Vorhofflimmern auslösen kann („Holiday heart Syndrom") ist seit längerem bekannt. Ob sich der Verzicht auf Alkohol günstig auf das Risiko für erneute Episoden von Vorhofflimmern auswirkt, konnte bisher nicht belegt werden. Australischen Forschern ist nun ein erster Hinweis gelungen. 140 Patienten mit bisher moderatem regelmäßigem Alkoholkonsum nahmen an der Studie teil. Zufallsmäßig wurden die Patienten 2 Gruppen zugeteilt. In der einen Gruppe sollte über 6 Monate konsequent auf Alkohol verzichtet werden, während die Teilnehmer der anderen Gruppe ihren gewohnten Alkohol-Konsum unverändert fortsetzten. Ob die Vorgaben eingehalten wurden, untersuchten die Forscher durch Messung von Abbau-Produkten im Urin. Im Verlauf von 6 Monaten wurde bei 73% der Teilnehmer mit andauerndem Alkoholkonsum ein erneutes Vorhofflimmern (Rezidiv) festgestellt, dagegen bei den „Abstinenzlern“ nur in 53% der Fälle. Nebenbei kam es in dieser Gruppe zu einer Reduktion von Körpergewicht, Blutdruck und weniger Krankenhaus-Behandlungen.
Quelle: Voskoboinik A et al. American College of Cardiology Meeting 2019
Kommentar: Wenn die Teilnehmer der "Abstinenz"-Gruppe vollständig auf Alkohol-Konsum verzichtet hätten, wäre der Effekt wohl noch größer gewesen. Das Risiko für ein Rezidiv von Vorhofflimmern kann durch Alkohol-Verzicht vermindert werden.
Bei Vorhofflimmern zunächst einmal abwarten
Soll bei Auftreten von Vorhofflimmern sofort eine Kardioversion (Wiederherstellung des normalen Rhythmus durch Medikamente oder Elektroschock) erfolgen oder kann zunächst abgewartet werden? Dieser Frage gingen Ärzte in Maastricht in der RACE-Studie nach. Patienten mit stabilem Kreislauf waren innerhalb von 36 Stunden nach Auftreten von Vorhofflimmern randomisiert (zufällig, wie beim Werfen einer Münze) zwei Behandlungs-Gruppen zugeteilt worden. In einer Gruppe erfolgte routinemäßig eine frühe Kardiover-sion. In der Vergleichs-Gruppe erfolgte die Kardioversion nur, wenn sich in den ersten 48 Stunden kein normaler Rhythmus (Sinus-Rhythmus) spontan wieder eingestellt hatte.
In der Gruppe mit verzögerter Kardioversion kam es bei 69% der Patienten spontan zu einer Wiederherstellung des Sinus-Rhythmus, bei früher Kardioversion in 16 % der Fälle. Nach 4 Wochen waren in beiden Gruppen mehr als 90% der Patienten im normalen Sinus-Rhythmus.
Quelle: Pluymaekers N.et al. NEJM;380(16):1499-1588
Kommentar: Bei stabiler Kreislaufsituation lohnt sich also eine zunächst abwartende Haltung, da sich der normale Sinus-Rhythmus häufig spontan wieder einstellt.