Schrittmacher ohne Kabel hält
Bei konventionellen Schrittmachern (SM) wird ein Kabel vom eigentlichen Schrittmacher über eine Vene in eine Herzkammer geführt und dort verankert. Seit einigen Jahren werden zunehmend auch sog. kabellose SM verwendet. Diese sind so miniaturisiert, dass sie über einen Katheter direkt in der rechten Herzkammer implantiert werden können und somit kein Kabel benötigen. Bisher liegen nur wenige Langzeit-Ergebnisse für kabellose Schrittmacher vor.
Aktuell werden Ergebnisse von rund 1800 Patienten mit kabellosem Schrittmacher (Micra) und einer Beobachtungs-Dauer von bis zu 5 Jahren berichtet. Zum Vergleich dienten 2600 Patienten mit konventionellem Schrittmacher. Mit dem kabellosen Schrittmacher waren weniger erneute Eingriffe (Revisionen) erforderlich. Besonders erfreulich war, dass in keinem Fall ein kabelloser Schrittmacher wegen einer Infektion explantiert werden musste.
Kommentar: Bei o.g. Untersuchung handelte es sich nicht um einen randomisierten Vergleich. Die sehr erfreulichen Ergebnisse sollten möglichst noch durch weitere Langzeit-Beobachtungen aus randomisierten Studien gestützt werden. Auch sind Langzeit-Beobachtungen von mehr als 10 Jahren wünschenswert, da dann in vielen Fällen ein Austausch des Schrittmachers ansteht.
Bei der Auswahl des im individuellen Fall best-geeigneten SM-Typs sind vielfältige Gesichts-Punkte zu berücksichtigen, die mit dem Kardiologen des Vertrauens besprochen werden sollten.
Thema der Herzwochen 2023: Plötzlicher Herztod
Wie in jedem Jahr widmet sich die Deutsche Herzstiftung im November gezielt einem Schwerpunkt-Thema aus der Herz-Kreislauf-Medizin. Aktuell steht das Thema "Plötzlicher Herztod (Sekunden-Herztod)" im Focus.
Beim plötzlichen Herztod handelt es sich nicht um ein einheitliches Krankheitsbild. Zahlreiche Herzleiden können sich dahinter verbergen. Sie führen meist zum Kammerflimmern und damit zum plötzlichen Stillstand des Herzens (Plötzlicher Herztod, auch Sekunden-Herztod). Ärzte sprechen vom plötzlichen Herztod, wenn vermeintlich gesunde Personen unerwartet und plötzlich versterben.
Generell steigt das Risiko eines plötzlichen Herztodes mit zunehmendem Lebensalter. Oft liegt in diesen Fällen eine Koronare Herzkrankheit (Verkalkung der Herzkranz-Arterien) vor.
Doch nicht nur ältere Menschen sind gefährdet. Darauf weist die Deutsche Herzstiftung hin. Auch Jüngere können einen plötzlichen Herztod erleiden. Dies "sei zwar selten, betont der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Herzstiftung, Prof. Thomas Voigtländer, aber es komme vor - auch bei jungen sportlichen Menschen unter 40 Jahren". In diesen Fällen liegen oft bisher unerkannte Erkrankungen des Herzmuskels, z.B. Herzmuskel-Entzündungen, oder des elektrischen Systems des Herzens vor. Nicht selten handelt es sich um vererbbare Erkrankungen, sodass auch Familien-Angehörige gefährdet sein können. Viele Todesfälle ließen sich vermeiden, wenn die Betroffenen und ihre Familien, etwa bei einer erblichen Vorbelastung, über ihr Risiko für den „Sekundentod“ Bescheid wüssten. Folgende Warnsignale sollten Anlass zu einer gründlichen Abklärung sein.
Die Diagnose bisher unerkannter ernster Herzerkrankungen ermöglicht durch geeignete Schutz-Maßnahmen, dem Risiko des plötzlichen Herztodes zu begegnen. Für die Familien-Angehörigen von an einem plötzlichen Herztod Verstorbenen kann die weitere Abklärung lebensrettend sein.
Umfangreiche Informationen zu dieser Thematik sind bei den derzeit laufenden Informations-Veranstaltungen im Rahmen der Herzwochen oder direkt bei der Deutschen Herzstiftung e.V. erhältlich.
Laden von E-Autos mit HPC bei Schrittmacher
Um den Lade-Vorgang von E-Autos zu verkürzen, werden zunehmend sog. "High Power-Charger" (HPC) mit einer Ladeleistung von 350 kW eingesetzt. Insbesondere im Bereich des Lade-Kabels können elektro-magnetische Felder entstehen. Bei implantierten Herz-Schrittmachern oder Defibrillatoren (ICD) können Interferenzen mit elektro-magnetischen Feldern zu Fehlfunktionen führen. In einer aktuellen Untersuchung wurden mehr als 560 Lade-Vorgänge bei 130 Patienten mit einem implantierten Schrittmacher oder Defibrillator (ICD) auf mögliche Störeinflüsse untersucht. Es konnten keine Fehl-Funktionen der implantierten Geräte nachgewiesen werden.
Kommentar: Auch Patienten mit implantiertem Herzschrittmacher oder Defibrillator können anscheinend ultraschnelles Laden von E-Autos mit einem High Power Charger nutzen. Wegen der geringen Teilnehmerzahl sind seltene Interferenzen aber letztlich nicht auszuschließen. Ein unmittelbarer Kontakt des Ladekabels zu den implantierten Geräten sollte sicherheitshalber vermieden werden.
Anspruch auf Zweitmeinung bei Ablation
Bei einigen Herzrhythmusstörungen werden häufig Katheter-Verfahren zur Diagnostik (elektrophysiologische Untersuchung - EPU) oder Therapie angewendet. So wird z.B. bei sog. Vorhofflimmern über einen Katheter ein Teil des Herzgewebes durch Hitze- oder Kälte-Einwirkung verödet (Ablation), um so die Rhythmusstörung dauerhaft zu beseitigen. Dabei müssen in jedem individuellen Fall möglicher Nutzen und evtl. Risiken eines solchen Eingriffs gegeneinander abgewogen werden. Zukünftig sollen gesetzlich krankenversicherte Personen einen Rechtsanspruch auf eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung durch einen qualifizierten Kardiologen haben. Der Vorschlag wird nun dem Bundesministerium für Gesundheit zur rechtlichen Prüfung vorgelegt und nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft treten.
Kommentar: Ein rechtlicher Zweitmeinungs-Anspruch für Versicherte der gesetzlichen Kranken-Versicherungen besteht aktuell bereits bei den folgenden planbaren Eingriffen:
Magnetfeld stoppt „elektrischen Sturm“
Das mehrfache Auftreten von Herzrasen aus den Herzkammern (Kammer-Tachykardie oder ventrikuläre Tachykardie) in kurzer Folge wird als "elektrischer Sturm" bezeichnet. Diese gefürchtete Rhythmus-Störung ist schwer behandelbar und geht mit einem hohen Risiko für die Patienten einher. Medikamente wirken oft nicht hinreichend. In einer aktuellen Untersuchung wurden 26 Patienten mit einem solchen elektrischen Sturm ausgewählt. Während die eine Hälfte der Patienten nur die standardmäßige medikamentöse Therapie erhielt, erfolgte bei der anderen Hälfte der Patienten von außen eine Magnet-Stimulation im Halsbereich. Hier liegt ein wichtiges Nervengeflecht des sog. vegetativ-sympathischen Nervensystems (Ganglion stellatum). In den nächsten 72 Stunden traten bei den Patienten nach Magnet-Stimulation rund 50% weniger Kammer-Tachykardien auf.
Kommentar: Das sympathische Nervensystem beeinflusst im Rahmen der sog. "Flucht- oder Kampf-Reaktion" auch das Herz und führt unter anderem zu einer Erhöhung der Herzfrequenz. Im ungünstigen Falle können auch schnelle Rhythmus-Störungen (Kammer-Tachykardie) begünstigt werden. Die berichteten Ergebnisse einer Beeinflussung des Nervengeflechts von außen durch Magnet-Stimulation sind vielversprechend, zumindest als additive Behandlungs-Option bei wiederkehrenden lebensbedrohlichen Arrhythmien. Das Konzept muss weiter im Rahmen größerer Studien untersucht werden.
Vorsicht bei Herz-Stolpern nach Belastung
In der aktuellen Studie wurden die langfristigen Auswirkungen von ventrikulären Extrasystolen (vorzeitige Herzschläge aus den Herzkammern) im Rahmen von Belastungs-Tests untersucht. Dazu wurde bei rund 5500 beschwerdefreien Teilnehmern ein Belastungstest ausgewertet. Teilnehmer mit ausgeprägter Neigung zu Extraschlägen (z.B. mehr als 10/Minute) wurden über 20 Jahre begleitet. Ein besonders ungünstiger Einfluss fand sich bei Extraschlägen, die nur in der Erholungsphase nach Belastung auftraten.
Kommentar: Auch bei Arrhythmien, die nur nach einer Belastung auftreten, sollte daher eine ausführliche kardiovaskuläre Diagnostik erfolgen.
Yoga gegen Ohnmachts-Anfälle
In einer aktuellen Studie wurden 55 Patienten mit wiederkehrenden Ohnmachts-Anfällen auf dem Boden von sog. vasovagalen Synkopen untersucht. Dabei erhielt eine Gruppe der Patienten die Standard-Versorgung, während die andere Gruppe zusätzlich ein spezielles Programm zum Yoga-Training absolvierte. Im Verlauf von 12 Monaten waren 43% der Patienten in der Yoga-Gruppe und nur 16% der Patienten in der Vergleichs-Gruppe völlig symptomlos geblieben (keine Synkope, keine Vorstadien einer Synkope).
Kommentar: Bei der vasovagalen Synkope handelt es sich um eine plötzliche, kurzzeitige Bewusstlosigkeit. Häufige Auslöser sind langes Stehen oder emotionale Belastungen wie z.B. Schreck- oder Schmerzerlebnisse. Hierdurch kann es zu einer überschießenden Aktivität des Vagus-Nervs mit plötzlichem Abfall von Blutdruck und Herzfrequenz kommen. Im Hinblick auf die nur begrenzten präventiven/therapeutischen Möglichkeiten könnte sich mit dem Yoga-Training ein vielversprechender Ansatz eröffnen.
Doch „Herz-Stolpern“ durch Kaffee?
Zum möglichen Einfluss von Kaffee auf Herz-Rhythmus-Störungen liegen widersprüchliche Berichte vor. Aktuell nahmen 100 gesunde Teilnehmer (mittleres Alter 38 Jahre) über einen Zeitraum von 14 Tagen an einer Studie teil. Per "Zufalls-Generator" wurden die Teilnehmer in 2 Gruppen eingeteilt und täglich neu festgelegt, wie sich die beiden Gruppen bezüglich des Kaffee-Konsums verhalten sollten. Während die eine Gruppe am jeweiligen Tag auf Koffein verzichten sollte, wurde die andere Gruppe zum Koffein-Konsum angehalten (mindestens 1 Tasse). Bei allen Teilnehmern wurde kontinuierlich ein EKG registriert.
Sog. Extrasystolen (verfrüht einfallende Herzschläge), die von Betroffenen oft als „Herzstolpern“ oder auch als „Aussetzer“ wahrgenommen werden, traten um 50% häufiger an Tagen mit Kaffee-Konsum auf. Dies betraf aber nur Extrasystolen aus den Herzkammern, die Vorhöfe waren nicht betroffen. Darüberhinaus bewegten sich die Teilnehmer an Tagen mit Kaffee-Konsum mehr (rund 1000 Schritte zusätzlich am Tag), die Schlafdauer war um 36 Minuten reduziert.
Kommentar: Die Studie wurde bei relativ jungen und gesunden Teilnehmern durchgeführt, sodass die Ergebnisse nicht ohne Vorbehalt auf Patienten mit kardialen Vorerkrankungen übertragbar sind. Der offensichtlich verstärkte Bewegungsdrang bei Kaffee-Konsum könnte sich günstig auf kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Blutdruck, Diabetes und Gewicht auswirken. Allerdings müssten zur Beantwortung dieser Frage längerfristige Beobachtungen vorliegen.
Strahlen programmieren Herz-Zellen neu
Bei sog. ventrikulären Tachykardien (Kammer-Tachykardie, bedrohliche Form des Herzrasens) wird häufig über einen Katheter eine sog. Ablation (Verödung) in bestimmten Regionen des Herzens vorgenommen. Bisher war man davon ausgegangen, dass die mit der Therapie einhergehende Narbenbildung für den Erfolg der Therapie entscheidend ist. Aktuell gelang US-Forschern in Untersuchungen an Menschen- und Mäuse-Herzen der Nachweis, dass Herz-Zellen, die für die elektrische Leitung zuständig sind, durch Bestrahlung von außen genetisch neu programmiert wurden.
Kommentar: Diese überraschenden Ergebnisse könnten in der Zukunft neue Therapie-Optionen für Patienten mit Herzrhythmus-Störungen eröffnen. Anstelle der nicht ganz Risiko-freien Katheter-Ablation könnte eine Bestrahlung von außen zu einer Beendigung der Arrhythmien führen. Allerdings sind noch zahlreiche Fragen, wie z.B. die Höhe der erforderlichen Strahlendosis zu klären.
Anti-Diabetikum wider den Rhythmustod
Das Diabetesmittel Dapagliflozin (Forxiga®) hatte sich auch in einer Studie mit mehr als 4700 Herzschwäche-Patienten im Vergleich zu Placebo bewährt. Eine nachträgliche erweiterte Analyse dieser Studie ergab jetzt, dass das Risiko für bedrohliche Rhythmusstörungen aus den Herzkammern, wie z.B. sog. Kammer-Tachykardien oder plötzlicher Herztod (meist Kammerflimmern), bei Dapagliflozin-Behandlung um 21% geringer war.
Kommentar: Dapagliflozin und vergleichbare Medikamente dieser Stoffgruppe wie z.B. Empagliflozin sind erst kürzlich als Medikamente der ersten Wahl (neben anderen) in Leitlinien zur Behandlung der Herzschwäche aufgenommen worden (siehe HERZ-NEWS-Beitrag "Neue Leitlinien: Erste Wahl bei Herzschwäche"). Die aktuelle Auswertung zeigt, dass ein wesentlicher Anteil der vorteilhaften Wirkung offensichtlich auf einer Verhinderung bedrohlicher Rhythmus-Störungen beruht.
Schrittmacher mit oder ohne Kabel?
Bei konventionellen Schrittmachern (SM) wird das Aggregat (Batterie) unterhalb des Schlüsselbeins implantiert. Von dort wird ein Kabel über eine Vene in die rechte Herzkammer vorgeschoben und dort verankert. Danach wird das andere Ende des Kabels an das Aggregat angeschlossen. Seit einigen Jahren werden zunehmend auch sog. kabellose SM verwendet. Diese sind so miniaturisiert, dass sie über einen Katheter in der rechten Herzkammer implantiert werden können und somit kein Kabel benötigen. Als Nachteil des konventionellen SM gelten gelegentlich beobachtete Dislokationen (Verrutschen) der Sonde oder gar ein Kabelbruch. Dagegen ist bei kabellosen Schrittmachern nicht geklärt, wie am besten nach Ablauf der Batterie-Lebensdauer (etwa 10 Jahre) vorgegangen wird. Aktuell wurden die Komplikations-Raten der beiden SM-Typen bei rund 15.000 Patienten verglichen. Insgesamt bestand kein wesentlicher Unterschied. Mit dem kabellosem SM kam es etwas häufiger zu Perforationen (Verletzung der Herzwand) mit Herzbeutel-Erguss. Dafür waren in den ersten Monaten seltener Wiederholungs-Eingriffe als bei konventionellem SM erforderlich.
Kommentar: Zur Absicherung der Ergebnisse sind größere randomisierte Studien erforderlich, bei denen die Therapie zufallsmäßig zugeteilt wird, wie beim Werfen einer Münze. Bis dahin können die oben beschriebenen Ergebnisse als Hilfestellung bei der Auswahl des im individuellen Fall best-geeigneten SM-Typs dienen.
Kaffee stört den Rhythmus nicht
Häufig besteht die Auffassung, dass Kaffee die Entstehung von Herzrhythmus-Störungen fördert. In einer aktuellen Untersuchung mit mehr als 380.000 Teilnehmern der UK-Biobank wurde über 4,5 Jahre der Zusammenhang zwischen Kaffee-Konsum und Auftreten von Herzrhythmus-Störungen untersucht. Pro Tasse täglichen durchschnittlichen Kaffee-Konsums konnte sogar eine geringe Abnahme des Risikos für Arrhythmien um 3% ermittelt werden.
Kommentar: Die Sorge vor der Begünstigung von Herz-Arrhythmien durch Kaffee scheint also unbegründet. Gleichwohl sollte Kaffee nicht als Mittel gegen Rhythmus-Störungen eingesetzt werden. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei einzelnen Personen die Empfindung von Arrhythmien nach Kaffee-Konsum zunimmt; dann sollte der Konsum trotz der obigen Ergebnisse natürlich eingeschränkt werden. Für weitere Informationen zu den Wirkungen von Kaffee siehe auch den früheren ausführlichen HERZ-NEWS-Beitrag "Kaffee und Koffein: Stand der Wissenschaft" im Abschnitt "Cholesterin-Ernährung".
Neuer Schrittmacher kann sich selbst auflösen
Viele Patienten sind dauerhaft auf die Funktion eines Herzschrittmachers angewiesen. In diesen Fällen wir ein (oft auch zwei) Elektro-Kabel über eine Vene in das Herz vorgeschoben und dort verankert. Das andere Ende des Kabels wird mit dem Schrittmacher-Aggregat (Batterie) verbunden und unterhalb des Schlüsselbeins implantiert.
Schrittmacher oft nur vorübergehend nötig
Häufig ist ein Schrittmacher nur für einen begrenzten Zeitraum erforderlich, z.B. bei bestimmten Infektionen, nach Vergiftungen, Überdosierung von Medikamenten, nach Herzinfarkt oder operativen Eingriffen am Herzen. In diesen Fällen verbleibt das äußere Kabel-Ende außerhalb des Körpers und wird mit einem "externen" Schrittmacher verbunden. Wenn der Schrittmacher nicht mehr benötigt wird, kann das Kabel entfernt werden. Dennoch ergeben sich gelegentlich Komplikationen. So können über das Kabel Infektionen in den Körper gelangen, auch kann das Kabel durch Bewegungen verrutschen oder bei Entfernung Verletzungen hervorrufen.
Selbst-auflösender Schrittmacher
Im Rahmen eines aktuellen Forschungs-Projektes in Chicago wird ein Mini-Schrittmacher auf den Herzmuskel aufgebracht, der sich im Verlauf von einigen Wochen selbst wieder auflösen kann. Für diesen Schrittmacher werden nur geringste Mengen biokompatibler Materialien wie Magnesium oder Milchsäure benötigt. Die Energie wird drahtlos von einer Energiequelle außerhalb des Körpers zugeführt.
Kommentar: Bisher konnte der Schrittmacher erfolgreich in Tierversuchen getestet werden. Klinische Studien sind in Vorbereitung.
Kühlung nach Wiederbelebung ohne Nutzen
Bei komatösen Patienten nach erlittenem Herzstillstand und Wiederbelebung hatte sich in den letzten Jahren zunehmend das zeitweise Herunterkühlen der Körper-Temperatur als Therapie-Standard durchgesetzt. Hierdurch sollten die langfristigen Überlebens-Chancen verbessert und neurologische Schäden vermindert werden. Das Absenken der Körper-Temperatur durch kühlende Infusionen oder Kühlmatten hatte in kleineren Studien ermutigende Ergebnisse gezeigt. In einer aktuell großen Studie mit 1900 Patienten wurde nun dieses Konzept überprüft. Nur eine Hälfte der Patienten erhielt randomisiert (zufallsmäßige Auswahl, wie beim Werfen einer Münze) die Kühlungs-Therapie (Ziel-Temperatur 33 Grad für 28 Stunden), die andere Hälfte der Patienten nicht. Nach 6 Monaten fand sich weder ein Unterschied in puncto Überleben, noch in Bezug auf neurologische Funktions-Störungen. Ernste Rhythmus-Störungen waren als Nebenwirkung deutlich häufiger bei Patienten mit Kühlungs-Therapie aufgetreten.
Kommentar: Das völlige Fehlen eines positiven Effektes durch die Kühlungs-Maßnahmen bedeutet einen herben Rückschlag für dieses Behandlungs-Konzept.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die neuen Ergebnisse in den nächsten Leitlinien-Empfehlungen niederschlagen.
Säure-Blocker können Herzrhythmus stören
Sog. Protonen-Pumpen-Hemmer (engl. Abkürzung PPI) werden als Säureblocker vielfach zur Behandlung und Vorbeugung von Sodbrennen oder Magen-Geschwüren eingesetzt. Schon in der Vergangenheit war gelegentlich über ein höheres Risiko für Herzrhythmus-Störungen berichtet worden. Bisher wurde dies darauf zurückgeführt, dass die Medikamente den Magnesium-Spiegel im Blut senken. In einer aktuellen Untersuchung ergeben sich aber Hinweise, dass unabhängig davon die QT-Zeit (ein bestimmter Abschnitt in der EKG-Kurve) verlängert werden kann. Medikamente, die die QT-Zeit verlängern, können gelegentlich ernste Rhythmus-Störungen verursachen.
Kommentar: PPI sind sehr segensreiche Medikamente, sollen aber nicht länger als nötig eingesetzt werden. Bei erforderlicher langfristiger Therapie sollte gelegentlich der Magnesium-Spiegel bestimmt werden und ein EKG geschrieben werden, damit evtl. Veränderungen rechtzeitig erkannt werden. Auch ist Vorsicht geboten, wenn noch andere Medikamente erforderlich werden, die ebenfalls als Nebenwirkung die QT-Zeit verlängern.
Kein "Joint" für Herz-Patienten
Aus einer US-Datenbank wurden rund 2,4 Millionen Konsumenten von Cannabis-Produkten ausgewählt, die stationär behandelt werden mussten. Das Sterberisiko im Verlauf des Krankenhaus-Aufenthaltes war bei Patienten mit Herzrhythmus-Störungen etwa 4,5-mal höher als bei denen ohne Rhythmusstörungen.
Kommentar: Es mehren sich Hinweise schädlicher Einflüsse von Cannabis-Konsum auf das Herzkreislauf-System. Betroffene sollten auch unter diesem Gesichtspunkt den Drogen-Konsum überdenken. Ärzte sollten bei Patienten mit bekanntem Marihuana-Konsum verstärkt nach Rhythmusstörungen suchen und ggf. die Problematik thematisieren.
Handy kann Defi lahmlegen
Bei Patienten mit lebensgefährlichen Rhythmus-Störungen wie Kammerflimmern oder ventrikulären Tachykardien wird ein sog. Defibrillator (kurz Defi oder ICD) implantiert. Dieser kann den bedrohlichen schnellen Herzschlag erkennen und durch Abgabe eines Elektroschocks beenden. Die lebensrettende Funktion kann durch elektromagnetische Felder, die von externen elektrischen oder elektronischen Geräten ausgehen, gestört werden. Forscher in Detroit (USA) konnten jetzt nachweisen, dass ein implantierter Defibrillator an der Schockabgabe gehindert wird, wenn das iPhone-12 (Apple) auf der Haut direkt über dem Defi positioniert wird. Dies konnte bei mehrfach wiederholten Versuchen und unterschiedlichen Positionen des Smartphones reproduziert werden. Bisher wurde das Risiko von Störungen implantierter Rhythmus-Geräte durch Smartphones als sehr gering eingeschätzt. Die Forscher vermuten, dass der im iPhone-12 verbaute relativ starke Magnet für das vorübergehende Lahmlegen der Defi-Funktion verantwortlich sein könnte.
Kommentar: Apple bezweifelt, dass die neuen iPhone-Modelle ein höheres Risiko als frühere Modelle darstellen. Gleichwohl reagiert der Hersteller mit der Empfehlung, einen Abstand von mindestens 15 Zentimeter einzuhalten, während des drahtlosen Aufladens sollte dieser Abstand mindestens verdoppelt werden. In jedem Fall sollten Patienten mit Defibrillator ihr Smartphone nicht in der linken Hemdtasche oder Brusttasche des Sakkos tragen. Da Schrittmacher im Gegensatz zu Defis meist im rechten oberen Brustbereich implantiert werden, empfiehlt sich für Schrittmacher-Träger sicherheitshalber, das Tragen auf der rechten Seite zu vermeiden.
Herzstillstand – Lebensrettung durch Drohnen
Bei einem Herzstillstand zählt jede Sekunde. Je früher Wiederbelebungs-Maßnahmen einsetzen, umso größer sind die Überlebens-Chancen der Betroffenen. Trotz vielerorts gut ausgebauter Rettungssysteme vergehen oft wertvolle Minuten, bis professionelle notärztliche Hilfe den Patienten erreichen kann. Besondere Bedeutung kommt in dieser Situation dem raschen Beginn der Reanimation durch Laien zu. So früh wie möglich sollte auch ein Defibrillator eingesetzt werden, um das meist vorliegende Kammerflimmern durch einen Elektroschock von außen zu beenden.
In den USA wurden auf einem Universitätsgelände an fünf verschiedenen Orten Test-Puppen platziert. Von jeweils zwei vor Ort anwesenden Studenten, setzte der eine einen Notruf ab, um eine Drohne mit Defibrillator anzufordern, während der andere versuchte, einen automatischen Defibrillator auf dem Universitäts-Gelände zu finden. Die Drohne war in allen Fällen innerhalb von 2-2,5 Minuten in der Lage, mittels GPS-Technik nur wenige Meter neben der jeweiligen Test-Puppe sicher zu landen. Die Suche nach einem Defibrillator auf dem Gelände dauerte dagegen bis zu 4 Minuten. Die Defibrillation konnte bei Drohnen-Unterstützung in allen Fällen innerhalb von 4-5 Minuten erfolgen, während ohne Drohne ein Zeitraum von 4-8 Minuten benötigt wurde.
Kommentar: Auf dem Universitätsgelände waren mit zahlreichen stationären Defibrillatoren besonders günstige Bedingungen gegeben. Eine solche Geräte-Dichte ist in den meisten Regionen nicht vorhanden und wird sich auch in Zukunft kaum realisieren lassen. Das Konzept des Drohnen-Transports erscheint daher vielversprechend. Insbesondere in entlegenen oder schwer erreichbaren Gegenden (z.B. Verkehrsstau) könnte der Einsatz von Drohnen die Laien-Reanimation unterstützen.
Ablation überzeugt bei Herzschwäche mit Vorhofflimmern
Vorhofflimmern tritt häufig bei Patienten mit bestehender Herzschwäche auf. In vielen Untersuchungen wurde die Beseitigung des Vorhofflimmerns durch eine sog. Katheter-Ablation (Verödung durch Hitze oder Kälte) und Wiederherstellung des normalen Herzrhythmus mit einer rein medikamentösen Therapie verglichen. Eine zusammenfassende Analyse von ca. 1100 Patienten zeigt eine deutlich geringere Sterberate, eine geringere Rate an Krankenhaus-Behandlungen und auch einen Trend zu einer geringeren Schlaganfall-Rate bei Patienten mit Ablations-Behandlung. Darüber hinaus konnte der normale Herzrhythmus häufiger durch die Ablation erhalten und die Herzfunktion verbessert werden.
Kommentar: In früheren Studien war bei Patienten mit bereits weit fortgeschrittener Herzschwäche kein Vorteil für die Ablation nachweisbar. Zu dieser Thematik müssen die Ergebnisse weiterer Studien abgewartet werden.
Kann man auch mit Schrittmacher am Lebensende "friedlich einschlafen"?
Oder schlägt das Herz einfach immer weiter? Diese Frage beschäftigt viele Patienten, die Träger eines Herzschrittmachers sind. Ein aktueller Newsletter der Deutschen Herzstiftung greift diese Sorge auf. Der Herz-Experte PD Dr. Gerian Grönefeld erläutert, dass der Schrittmacher elektrische Impulse an das Herz abgibt, um es zum Schlagen anzuregen. Bei schwerer Herzschädigung wie bei einem großen Herzinfarkt oder einer Herzschwäche im Endstadium kann das Herz auf die elektrischen Impulse des Schrittmachers aber nicht mehr reagieren, sodass das Herz ganz natürlich stehen bleiben kann. In der Palliativ-Phase bei einem schweren Tumorleiden kann es in Einzelfällen sinnvoll sein, in Absprache den Schrittmacher zu deaktivieren. Nach dem Tod muss der Schrittmacher in einem kleinen Eingriff entfernt werden, da die Metall-/Batterie-Bestandteile des Schrittmachers nicht in das Erdreich gelangen dürfen. Die Organisation dieser Maßnahme übernimmt das beauftragte Bestattungs-Institut.
Reanimationen häufiger und erfolgloser in Corona-Zeiten
Auch das New Yorker Rettungs-System berichtet über einen starken Anstieg von Fällen mit plötzlichem Herzstillstand außerhalb des Krankenhauses während der Corona-Pandemie. Vom 1.3. bis 25.4.2020 wurden im Vergleich zum Vorjahres-Zeitraum etwa 3 x so viele Rettungs-Einsätze mit Wiederbelebungs-Versuchen durchgeführt (47,5/100.000 im Vergleich zu 15,9/100.000 Einwohner). Auch waren die Erfolgs-Aussichten der Wiederbelebungs-Versuche geringer als im vergangenen Jahr.
Kommentar: Erst kürzlich (siehe unten) wurde über ähnliche Beobachtungen aus Paris und der Lombardei berichtet. Ursächlich dürfte der größte Teil der Patienten an Herzinfarkten, Lungenembolien und Schlaganfällen verstorben sein. Die Neigung zu einer verstärkten Blutgerinnung durch COVID-19 kann hierfür mit-verantwortlich sein. Leider ist ein wesentlicher Anteil der Todesfälle wohl darauf zurückzuführen, dass Patienten nicht rechtzeitig ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Hierauf weisen vielfache Meldungen hin, in denen über einen deutlichen Rückgang von Patienten mit Herzinfarkt und Schlaganfall bei den Krankenhaus-Aufnahmen berichtet wird. Bei rechtzeitiger Behandlung könnte einem großen Teil der Patienten geholfen werden. Wie mehrfach ausgeführt, überwiegt das Risiko bei Herzinfarkt oder Schlaganfall das Risiko einer Corona-Infektion um ein Vielfaches. Bei Hinweisen auf ernste Erkrankungen sollten Patienten daher nicht zögern, den Notruf 112 in Anspruch zu nehmen. Bereits mit dem Eintreffen des Notarztes erhöhen sich die Überlebens-Chancen erheblich.
Ablation bei Vorhofflimmern hält länger
In vielen Fällen kann durch eine sog. Katheter-Ablation (Verödung von Gewebe) Vorhofflimmern beseitigt werden. In der CABANA-Studie war die Ablation mit einer rein medikamentösen Rhythmus-Therapie verglichen worden. Eine aktuelle Auswertung von 1240 Patienten zeigt, dass im Langzeitverlauf über 5 Jahre nach Ablation etwa 50% weniger erneute Vorhofflimmer-Episoden (Rezidive) auftraten.
Kommentar: Trotz der deutlich geringeren Rezidiv-Rate war in der Gesamt-Studie kein wesentlicher Unterschied im Hinblick auf Sterbe- oder Schlaganfall-Risiko zwischen Ablations-Behandlung und medikamentöser Therapie nachgewiesen worden. Insbesondere für Patienten, die das Vorhofflimmern als unangenehm empfinden (sog. symptomatisches Vorhofflimmern), scheint die Ablation von Vorteil zu sein.
Magnet-Stimulation stoppt Herzrasen
Eine bedrohliche und schwer behandelbare Rhythmus-Störung ist das in rascher Folge immer wiederkehrende Herzrasen aus den Herzkammern (ventrikuläre Tachykardie). Diese als "elektrischer Sturm" bezeichnete Rhythmus-Störung wird durch das sog. Sympathische Nervensystem begünstigt. Die Fasern dieses Nervensystems verlaufen vom Gehirn über das Rückenmark zum Herzen und können dort den Herzrhythmus beeinflussen. Bei 5 Patienten mit elektrischem Sturm wurde aktuell eine sog. transkutane Magnet-Stimulation (TCMS) über 60 Minuten durchgeführt. Die Stimulation des Nervensystems erfolgte dabei von außen im unteren hinteren Halsbereich. Während in den 24 Stunden vor der Magnet-Stimulation 99 anhaltende Attacken von Herzrasen auftraten, waren es nur noch 5 in den folgenden 48 Stunden. Vor Magnet-Stimulation mussten 41 Elektroschock-Behandlungen durchgeführt werden, in den 48 Stunden danach war keine mehr erforderlich.
Kommentar: Gerade für die Notfall-Situation könnte damit eine nicht-invasive Therapie rasch zur Verfügung stehen. Die bisherigen sehr vielversprechenden Ergebnisse lassen allerdings noch zahlreiche Fragen offen. Unter anderem muss geklärt werden, wie lange der Effekt der Magnet-Stimulation anhält. Ansonsten sind für die Zukunft vielfältige Anwendungen denkbar, z.B. auch die Implantation entsprechender Geräte und der Einsatz auch bei anderen Formen von schnellen Rhythmus-Störungen.
Plötzlicher Herz-Stillstand doppelt so häufig während Pandemie
In Paris wurden Rettungs-Einsätze während der Corona-Pandemie-Wochen untersucht und mit den entsprechenden Zeiträumen der vorhergehenden Jahre verglichen. In den Wochen 13 und 14 fiel aktuell eine Verdoppelung von Fällen mit plötzlichem Herzstillstand außerhalb einer Klinik von 13,4 auf 26,6 pro eine Million Einwohner auf. Auch nahm die Erfolgsrate der Wiederbelebungen in diesem Zeitraum ab. Nur für einen Teil der Pariser Fälle wird ein direkter Zusammenhang mit einer akuten Corona-Infektion vermutet. Auch indirekte Faktoren, wie z.B. die Vermeidung von Operationen oder Arztbesuchen im Rahmen des "Lockdowns" könnten zu diesem Befund beigetragen haben. In den folgenden Wochen normalisierte sich die Zahl der plötzlichen Herztode wieder. Dies wird mit einer Reorganisation der Notfall-Systeme erklärt, die einen besseren Zugang für Patienten zu medizinischer Beratung und Versorgung gewährleisten. Auch in Italien (Lombardei) war im Rahmen der Corona-Pandemie ein Anstieg von Fällen mit plötzlichem Herzstillstand außerhalb der Klinik beobachtet worden.
Kommentar: In diesem Kontext soll noch einmal daran erinnert werden, dass die Risiken eines Herzinfarktes mit drohendem Herzstillstand oder anderer ernster Erkrankungen ungleich schwerer wiegen als die Risiken einer Corona-Infektion. Bei unklaren Beschwerden sollte rechtzeitig ärztlicher Rat eingeholt werden. Siehe hierzu auch der Beitrag "Selbstmord aus Angst vor Corona" im Abschnitt "Herzinfarkt/KHK".
Bestrahlung gegen Rhythmus-Störungen
Bei bedrohlichen Herzrhythmus-Störungen wie sog. ventrikulären Tachykardien (Ursprung in den Herzkammern) kommt neben Medikamenten häufig eine Ablation zur Anwendung. Dabei wird mit einem Katheter der Ort an der Innenseite der Herzkammerwand aufgesucht, der für die Arrhythmie verantwortlich ist. Durch Applikation von Hitze an der Katheter-Spitze wird dieses Areal verödet. Nicht immer ist das Verfahren dauerhaft erfolgreich. Aktuell wird über die Anwendung einer Strahlentherapie von außen bei 19 Patienten mit schwer behandelbarer Herzrhythmus-Störung berichtet. Mit einer einzelnen Bestrahlung (Dauer etwa ¼ Stunde) konnte eine deutliche Verbesserung der Arrhythmien erreicht werden, bei nur geringen Nebenwirkungen.
Kommentar. Das Verfahren der sog. Radio-Ablation zeichnet sich durch Nicht-Invasivität aus. Ein Herzkatheter ist nicht erforderlich. Auch kann die gesamte Herzwand mit der Bestrahlung erreicht werden. Für den Katheter sind manche, tief in der Herzmuskulatur gelegene Areale, nicht zugänglich. Zumindest für Patienten, bei denen bisherige Therapie-Strategien versagt haben, eröffnet sich hiermit möglicherweise eine neue vielversprechende Behandlungs-Option.
Neue Option zur kardialen Resynchronisations-Therapie
Bei Patienten mit Herzschwäche und Störung der elektrischen Erregung des Herzens hat sich die sog. Kardiale Resynchronisations-Therapie (CRT) bewährt. Durch einen Schrittmacher, der gleichzeitig die rechte und linke Herzkammer elektrisch stimuliert, kann in vielen Fällen eine verbesserte Herzfunktion mit besserer Leistungs-Fähigkeit der Patienten erreicht werden. Hierzu ist das Einbringen jeweils einer Elektrode für die rechte und für die linke Herzkammer erforderlich. Ein Teil der Patienten ist jedoch nicht geeignet für die Therapie oder spricht auf diese Therapie nicht an. In der aktuellen Untersuchung wurde jetzt die Schrittmacher-Stimulation nur in der Nähe des linken Schenkels des Erregungs-Leitungs-Systems getestet. Mehr als 70% von 325 Patienten zeigten eine positive Reaktion mit verbesserter Herz-Leistung und Abnahme von Luftnot-Beschwerden.
Kommentar: Die Stimulation nur des linken Schenkels des Leitungs-Systems erscheint für geeignete Patienten als mögliche Alternative zum klassischen biventrikulären Pacing (elektrische Stimulation beider Herzkammern). Als weitere Option war in der Vergangenheit schon die elektrische Erregung des His-Bündels (Abschnitt vor Aufteilung in linken und rechten Schenkel des Erregungs-Leitungs-Systems) getestet worden. Dieses Verfahren ist aber technisch anspruchsvoller, sowie mit einem höheren Stromverbrauch und damit kürzerer "Lebens-Dauer" der Batterie verbunden, sodass es noch keine weite Verbreitung gefunden hat.
E-Zigarette kann Schrittmacher- oder Defi-Funktion stören
Häufig sind in E-Zigaretten Magnete verbaut. Wird die E-Zigarette z.B. in der Hemd-Brusttasche getragen, so kann bei Patienten mit implantiertem Schrittmacher oder Defi (ICD) die räumliche Nähe zu Fehlfunktionen des elektronischen Medizingerätes führen. Erstmals wurde eine solche Beeinflussung der Programmierung eines Defibrillators jetzt bei einem Patienten in Boston (USA) beobachtet. Wenn auch im konkreten Fall kein Schaden entstanden ist, so wird von den behandelnden Ärzten aber gewarnt, dass u.U. bedrohliche Rhythmus-Störungen von den elektronischen Geräten nicht mehr erkannt und behandelt werden können.
Quelle: Julie Shea et al. March 16, 2020, HeartRhythm Case Reports
Kommentar: Dies ist der wohl erste beschriebene Fall einer möglichen Beeinflussung von implantierten Rhythmus-Aggregaten durch E-Zigaretten. Im Hinblick auf die weite Verbreitung von E-Zigaretten und die zunehmende Zahl von Personen mit implantierten Rhythmus-Geräten verdient diese Mitteilung besondere Beachtung. Eine mögliche Beeinträchtigung von Kreditkarten oder die Umschaltung von PCs in den Schlafmodus durch E-Zigaretten war bereits bekannt. Prinzipiell sollten E-Zigaretten von den gefährdeten Personen nicht in der Hemd-Brusttasche getragen werden, bzw. sollte nach Meinung der Autoren immer ein Sicherheits-Abstand von mindestens 15 cm zu dem implantierten Aggregat eingehalten werden, um elektromagnetische Interferenzen zu vermeiden.
Eingeschränkte Fahreignung nach ICD-Implantation oft nicht beachtet
In einer dänischen Studie wurde untersucht, wie Patienten sich bei Einschränkungen der Fahreignung nach Implantation eines ICD (implantierbarer Defibrillator) verhalten. Ein ICD wird implantiert, um eventuelle lebensbedrohliche Rhythmus-Störungen durch eine Schock-Abgabe automatisch zu beenden und so das Risiko für einen plötzlichen Herztod zu verringern. Da Rhythmus-Störungen aber weiterhin jederzeit auftreten können, auch nach Implantation eines Gerätes, und in der Folge Bewusstseins-Störungen bis hin zur Ohnmacht auftreten können, stellt sich die Frage nach der Fahreignung. Diese ist in der Regel für einen begrenzten Zeitraum nach der Implantation eingeschränkt. Bei einer aktuell in Dänemark durchgeführten Fragebogen-Aktion, hatten jetzt mehr als 30% der Befragten angegeben, sich nicht an diese Einschränkungen gehalten zu haben. Häufig gaben die Teilnehmer auch an, nichts von der eingeschränkten Fahreignung gewusst zu haben.
Quelle: Bjerre J ; ESC -Congress 2019 Paris. ESC Presse-Mitteilung 9/2019
Kommentar: Die Nicht-Beachtung von Empfehlungen zur eingeschränkten Fahreignung kann bedrohliche Folgen für die Betroffenen selbst aber auch z.B. für andere Verkehrs-Teilnehmer haben sowie rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Es ist Aufgabe des betreuenden Arztes, im Rahmen einer ICD-Implantation über Einschränkungen der Fahrtüchtigkeit aufzuklären. Dies war bei der aktuellen Studie möglicherweise nicht regelhaft erfolgt. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass Patienten unter dem Stress der meist bedrohlichen Akut-Erkrankung Hinweise zur Fahreignung nicht adäquat wahrgenommen hatten. Daher sollte die Aufklärung möglichst auch unter Einbindung nächster Angehöriger oder wiederholt erfolgen und schriftlich dokumentiert werden. Im nachfolgenden Beitrag werden Eckpunkte zum Thema Fahreignung bei kardiovaskulären Erkrankungen dargestellt.
Empfehlungen zur Fahreignung bei kardiovaskulären Erkrankungen
Aus aktuellem Anlass (siehe obiger Beitrag ) werden hier Eckpunkte zum Thema Fahreignung von Privatfahrern bei Herz-/Kreislauf-Erkrankungen unter Berücksichtigung gesetzlicher Vorgaben sowie der Stellungnahmen von Fachgesellschaften dargestellt. Für Berufs-Kraftfahrer (u.a. Busfahrer, Taxifahrer) gelten in der Regel deutlich strengere Beschränkungen, die im Einzelfall zu klären sind. Für die wichtigsten Krankheitsbilder / Maßnahmen beziehen sich die folgenden Angaben zur Fahrtauglichkeit auf Privatfahrer.
Erkrankung / Maßnahme Fahreignung
-ICD (Defibrillator)
- ICD-Implantation (Primär-Prävention) nach 1-2 Wochen
- ICD-Implantation (Sekundär-Prävention) nach 3 Monaten
- Nach adäquatem Schock meist nach 3 Monaten
- Nach inadäquatem Schock nach Behebung der Ursache
- Nach Aggregat-Wechsel nach 1 Woche
Bei denjenigen, die bereits eine lebensbedrohliche Rhythmus-Störung überlebt haben, erfolgt die Implantation im Sinne einer sog. Sekundär-Prävention. Bei anderen Patienten besteht, meist aufgrund einer Herzschwäche, ein hohes Risiko für das Auftreten solcher Arrhythmien. In diesen Fällen erfolgt die Implantation vorbeugend im Rahmen der sog. Primärprävention. Ein adäquater Schock wird aufgrund einer vom Gerät richtig erkannten bedrohlichen Rhythmus-Störung abgegeben. Einem inadäquaten Schock liegt eine meist harmlosere Rhythmus-Störung zugrunde, die vom Gerät fälschlicherweise als bedrohlich eingestuft wird.
-Nach Schrittmacher-Implantation meist ja
oder Batterie -Wechsel
-Kardiale Synkope Nein, bis Therapie
-Nach erster nicht kardialer Synkope meist Ja
-Wiederholte unklare Synkope nach 6 Monaten
-Herzschwäche ohne Luftnot in Ruhe Ja
-Herzschwäche mit Luftnot in Ruhe Nein
-Nach Bypass-OP nach 2-4 Wochen
-Nach Koronarintervention (Stent) Ja
-Nach Herzinfarkt, unkompliziert Ja
-Nach Herzinfarkt, schlechte Herzleistung meist nach 4 Wochen
-Nach Herzklappen-OP nach 2-4 Wochen
-Vorhofflimmern ohne Synkope Ja
Die hier genannten pauschalen Richtwerte sind immer unter Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten des Einzelfalls anzupassen.
Quelle: Jung W et al. Herz 2018. 43: 367-380
Kommentar: Insgesamt werden nur etwa 0,1% aller Unfälle, aber etwa 2-3% der tödlichen Unfälle auf medizinische Gründe zurückgeführt. Neben Herzerkrankungen stehen dabei neurologische Krankheitsbilder wie die Epilepsie aber auch andere Erkrankungen wie z.B. der Diabetes mellitus im Vordergrund. Nicht selten kommt es aus völliger Gesundheit, plötzlich und unvorhergesehen, zum Auftreten z.B. eines Herzinfarktes oder eines Schlaganfalls. Nur bei bereits bekannter Erkrankung können Vorsichts-Maßnahmen im Sinne von Einschränkungen der Fahreignung getroffen werden. Die Nicht-Beachtung von Empfehlungen zur eingeschränkten Fahreignung kann bedrohliche Folgen für die Betroffenen selbst aber auch z.B. für andere Verkehrs-Teilnehmer haben sowie rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Es ist Aufgabe des jeweils betreuenden Arztes, über Einschränkungen der Fahrtüchtigkeit aufzuklären. Die Aufklärung sollte ggf. wiederholt, auch unter Einbindung nächster Angehöriger, erfolgen und schriftlich dokumentiert werden.
Schutz vor Wundinfektion nach Schrittmacher-Implantation
Bei 1-2% der Patienten kommt es nach Implantation eines Schrittmachers oder Defibrillators zu einer Wundinfektion. In einer weltweiten Studie bei mehr als 7000 Patienten wurde untersucht, ob die Infektions-Rate verringert werden kann, wenn das implantierte Gerät in ein Netz eingehüllt ist, das mit Antibiotika getränkt (imprägniert) ist. Die Patienten wurden den zwei Therapie-Gruppen (mit oder ohne Netz) randomisiert zugeteilt ( wie beim Werfen einer Münze). Nach einem Jahr waren in der Gruppe mit Antibiotika-Netz 25 und in der Gruppe ohne Netz 42 Fälle einer Infektion aufgetreten.
Quelle: Tarakji K et al. NEJM 2019; 380:1895-1905
Kommentar: Die Wundinfektion nach Schrittmacher- oder Defibrillator-Implantation ist eine gefürchtete Komplikation, die in der Regel die Explantation des Gerätes und längere Antibiotika-Therapie erfordert. Zu einem späteren Zeitpunkt muss dann eine Neu-Implantation erfolgen. Der Unterschied zwischen den Behandlungs-Gruppen bezüglich der Infektions-Rate war nach statistischen Kriterien gerade so groß, dass ein rein zufallsmäßiges Ergebnis unwahrscheinlich ist.
Störung von Herzschrittmachern / Defibrillatoren durch externe Geräte
Für Schrittmacherträger bzw. Träger von sogenannten Defibrillatoren (ICD) stellt sich häufig die Frage nach möglichen Störeinflüssen durch elektrische oder elektronische Geräte. Die von diesen Geräten verursachten elektrischen, magnetischen oder elektro-magnetischen Felder können im ungünstigen Fall zu Fehlfunktionen des Schrittmachers oder Defibrillators führen. Auch statische Magnetfelder können durchaus Fehlfunktionen der Implantate verursachen.
Mögliche Beeinträchtigungen durch elektro-magnetische Felder
Es können Beschwerden wie Leistungsschwäche oder Schwindel hin zu Ohnmachts-Anfällen ausgelöst werden. Bei Defibrillatoren können unangemessene ( medizinisch nicht erforderliche) Schock-Abgaben resultieren. Eine bleibende Schädigung der implantierten Geräte, sowie die Erwärmung von metallischen Komponenten der Implantate mit thermischen Schädigungen des umgebenden Körper-Gewebes sind unter besonderen Bedingungen möglich. Ernste Beeinträchtigungen treten insgesamt aber nur sehr selten auf.
Wo droht Gefahr? Aktuelle Experten-Meinung
Zu dem Themen-Komplex einer möglichen elektromagnetischen Interferenz (EMI) mit implantierten Herzschrittmachern bzw. Defibrillatoren liegt eine aktuelle Stellungnahme der deutschen Gesellschaft für Kardiologie im Konsens mit der deutschen Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin vor.
Danach besteht bei der Nutzung von Mobil-Telefonen und Smartphones einschließlich deren Internetfunktion nur ein geringes Risiko. Ein früher empfohlener Abstand von 15 cm ist zwar sicher effektiv, aber nach der aktuellen Empfehlung nicht generell erforderlich. Lediglich bei direktem Kontakt des Handys über dem Hautareal des Implantats war eine Störung beschrieben worden. Zu induktiven Mobiltelefon-Ladestationen sollten Schrittmacher- und ICD-Träger einen Mindestabstand von 10 cm einhalten. MP3-Player und sog. iPods können ohne Risiko benutzt werden. Da in Kopfhörern und Lautsprechern Dauermagnete verbaut sind, können hierdurch Störungen entstehen. Sie sollten daher nicht direkt über dem implantierten Schrittmacher / ICD-Gerät positioniert werden. Dies gilt auch für andere Geräte, in denen Permanent-Magnete verbaut sind wie z.B. Tablets, Notebooks oder Akku-Bohrmaschinenohrmaschinen. Diebstahl-Sicherungen in den Ein- und Ausgangs-Bereichen von Kaufhäusern sollten Patienten rasch durchschreiten und sich nicht unnötig lange in dem elektromagnetischen Feld aufhalten. Zu sogenannten RFID-Scannern (Radiofrequenz-Identifizierung) bei Diebstahlsicherungen in Kaufhäusern oder zum kontaktlosen Bezahlen sollte sicherheitshalber ein Abstand von 60 cm eingehalten werden.
(Die RFID-Technologie wird auch eingesetzt bei Lesegeräten für Reisepässe, an Mautstellen oder Fahrkarten-kontrollen für öffentliche Verkehrsmittel, bei der Kontrolle von Ski-Pässen, sowie bei der Zugangssicherung von Gebäuden oder Parkplätzen. Dagegen verwenden Barcode-Lesegeräte sichtbares Licht und stellen keine wesentliche Gefährdung durch elektromagnetische Felder dar. Auch die an Flughäfen eingesetzten Körperscanner, die sog. Millimeter-Wellen nutzen, sind für Schrittmacher- und ICD-Träger sicher. Die Redaktion). Elektrofahrzeuge und Hybridfahrzeuge können problemlos genutzt werden. Auch für die Reise mit dem Flugzeug oder der Bahn gelten keine Einschränkungen im Hinblick auf die implantierten Medizin-Geräte. Metalldetektoren in Form eines Torbogens oder auch handbetriebene Detektoren, wie sie z.B. an Flughäfen im Einsatz sind, sind nicht mit einem erhöhten Risiko verbunden. (Allerdings sollte ein unnötiges Verweilen in der Nähe des Torbogens vermieden werden, die Hand-Detektoren sollen nicht in schneller Folge hintereinander über das Gerät geführt werden. Auch kann ein Alarm-Signal des Implantates ausgelöst werden. Sicherheitshalber empfiehlt sich immer, den Schrittmacher-Ausweis /Geräte -Ausweis bei der Personen-bzw. Sicherheits-Kontrolle vorzuzeigen. Häufig wird dann auf den Einsatz betreffender Geräte verzichtet . Die Redaktion ) Elektrische Geräte des Alltags, insbesondere im Haushalt, können teilweise relevante elektromagnetische Felder erzeugen und sollten mit einer Unterarmlänge Abstand vom Brustkorb verwendet werden. In der aktuellen Stellungnahme wird auch auf eine Empfehlung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung aus dem Jahr 2012 verwiesen. In dieser wird für die Geräte zur Körperpflege wie Fön, Rasierapparat, elektrische Zahnbürste etc. eine mögliche Interferenz erst bei Unterschreiten eines Abstandes von 5 cm gesehen. Auf eine ordnungsgemäße Erdung von elektrischen Geräten sollte immer geachtet werden. Defekte Haushaltsgeräte sollten nicht betrieben werden. Korrekt installierte Stromleitungen im Haus stellen keine Gefährdung dar.
Bei Induktionsherden sollte ein Sicherheitsabstand von 25 cm zwischen Implantat und Herd eingehalten werden. Patienten sollten sich nicht über die Kochplatte beugen. Gegen eine normale Benutzung des Herdes bestehen aber keine Einwände. Für sog. Körperfettwaagen und andere Bioimpedanz-Messungen liegen aktuell keine ausreichenden Daten vor, so dass eine sichere Risikoeinschätzung noch nicht möglich ist. Sicherheitshalber sollten daher Körperfettwaagen von Patienten mit implantiertem Herzschrittmacher/Defibrillator ohne suffizienten Eigenrhythmus gemieden werden. Auch Bioimpedanz-Messungen von Arm zu Arm sollten unterbleiben.
Bei magnetischen Namensschildern, Schmuck oder Plaketten sollte ein Sicherheits-abstand von 5 cm eingehalten werden. Hochspannungsleitungen oder Erdkabel können ohne Risiko unter- bzw. überquert werden.
Allgemeine-Empfehlungen
Für die Verwendung elektrodenfreier Herzschrittmacher oder rein subcutan implantierter Defibrillatoren liegen noch keine ausreichenden Untersuchungen vor. Sog. MRT-fähige Schrittmacher sind entgegen verbreiteter Meinung nicht besser gegen EMIs geschützt als herkömmliche Schrittmacher. Generell gilt das Einhalten eines Sicherheits-Abstands zur elektromagnetischen Quelle als wichtigste Maßnahme zur Vermeidung von elektro-magnetischen Interferenzen (EMI). Dementsprechend sollten Patienten Gefährdungs- Bereiche meiden oder bei Zwischenfällen / Beschwerden so schnell wie möglich verlassen. Ggf. sollten Hilfspersonen Patienten dabei unterstützen. Für berufliche Expositionen z.B. bei Tätigkeiten im Umfeld von Generatoren,Transformatoren, Notstrom-Aggregaten oder Schweiß-Arbeiten u.a. sollte jeweils eine individuelle arbeitsmedizinische und kardiologische Risiko-Beurteilung erfolgen.
Quelle: Napp A et al. Elektromagnetische Interferenz von aktiven Herzrhythmus-Implantaten im Alltag und im beruflichen Umfeld - Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM). Der Kardiologe 2019;13: 216-235
Kommentar: siehe Text-Passagen in Kursivschrift