STIKO empfiehlt RSV-Impfung
Die Ständige Impf-Kommission (STIKO) hat aktuell eine Empfehlung zur Impfung gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) für Menschen ab einem Alter von 75 Jahren ausgesprochen. Bei Vorliegen von schweren Grund-Erkrankungen wie z.B. chronischen Erkrankungen der Atmungsorgane, des Herz-Kreislauf-Systems, chronischen Nierenerkrankungen, chronischen neurologischen Krankheiten, Tumor-Erkrankungen, Diabetes mellitus (mit Komplikationen), schwerer Immun-Schwäche oder für Menschen in Pflege-Einrichtungen wird die Impfung auch schon ab einem Alter von 60 Jahren empfohlen.
Für die Impfung werden von der STIKO die Protein-basierten RSV-Impfstoffe (Arexvy oder Abrysvo)
empfohlen. Der ebenfalls für diese Altersgruppe zugelassene mRNA-Impfstoff wird in der STIKO-Empfehlung nicht genannt.
Die RSV-Saison beginnt in der Regel im Oktober, die Impfung sollte also im Spätsommer/Herbst erfolgen. Nach bisherigem Kenntnisstand muss die RSV-Impfung nicht jährlich wiederholt werden. Die RSV-Impfung kann gleichzeitig mit der saisonalen-Grippe-Impfung verabreicht werden.
Kommentar: Die RSV-Infektion ist als Atemwegs-Erkrankung besonders bei Säuglingen, Kleinkindern sowie älteren Erwachsenen weit verbreitert, kann aber in jedem Alter auftreten. Die Erkrankung geht typischerweise mit Grippe-artigen Symptomen einher. Wie bei COVID-19 oder Grippe-Infektionen wurde erst kürzlich über ein hohes kardiovaskuläres Risiko bei schweren Verläufen berichtet. Im Frühsommer hatte die Stiko bereits einen Antikörper-Wirkstoff für Säuglinge zum Schutz vor RSV empfohlen.
Anspruch auf Zweitmeinung bei Ablation
Bei einigen Herzrhythmusstörungen werden häufig Katheter-Verfahren zur Diagnostik (elektrophysiologische Untersuchung - EPU) oder Therapie angewendet. So wird z.B. bei sog. Vorhofflimmern über einen Katheter ein Teil des Herzgewebes durch Hitze- oder Kälte-Einwirkung verödet (Ablation), um so die Rhythmusstörung dauerhaft zu beseitigen. Dabei müssen in jedem individuellen Fall möglicher Nutzen und evtl. Risiken eines solchen Eingriffs gegeneinander abgewogen werden. Zukünftig sollen gesetzlich krankenversicherte Personen einen Rechtsanspruch auf eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung durch einen qualifizierten Kardiologen haben. Der Vorschlag wird nun dem Bundesministerium für Gesundheit zur rechtlichen Prüfung vorgelegt und nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft treten.
Kommentar: Ein rechtlicher Zweitmeinungs-Anspruch für Versicherte der gesetzlichen Kranken-Versicherungen besteht aktuell bereits bei den folgenden planbaren Eingriffen:
Mehr Herzinfarkte an den Festtagen
Die amerikanische Herz-Gesellschaft (AHA) weist aktuell auf das erhöhte Risiko für Herzinfarkte an den Festtagen (Weihnachten und Jahreswechsel) und auch an den dazwischen-liegenden Tagen hin. Das höchste Risiko besteht an Heiligabend. Während sonst die meisten Infarkte in den frühen Morgenstunden auftreten, liegt der Häufigkeits-Gipfel an Heiligabend etwa um 22.00 Uhr. Über die Auslöser kann bisher nur spekuliert werden. Starke emotionale Belastungen, sowohl im positiven wie im negativen Sinn, üppige Mahlzeiten, ungewohntes Trink-Verhalten dürften wesentlich zu dem erhöhten Risiko beitragen. Aber auch ungewohnte körperliche Belastungen oder Kälte-Exposition könnten eine Rolle spielen. Besonders betroffen sind Menschen ab 75 Jahren und solche mit schon bekannter KHK (koronare Herzkrankheit) oder Diabetes mellitus.
Folgende Empfehlungen werden gegeben:
Kommentar: Vergleichbare Empfehlungen wurden in der Vergangenheit auch von der Deutschen Herzstiftung verlautbart. Hier können Interessierte auch Informationen zu den Symptomen des Herzinfarktes abrufen.
https://www.herzstiftung.de/infos-zu-herzerkrankungen/herzinfarkt/anzeichen
Grippe-Impfstoffe 2021/2022
Aktuell sind die ersten Chargen von Grippe-Impfstoffen für 2021/2022 vom Paul-Ehrlich-Institut freigegeben worden. In diesem Jahr werden standardmäßig sog. tetravalente (im Gegensatz zu früher üblichen trivalenten) Impfstoffe verwendet, die jeweils 2 Komponenten von Influenza A- und -B-Viren enthalten.
Folgende Impfstoffe stehen zur Verfügung:
Bei Allergie gegen Hühner-Eiweiß
Bei Flucelvax Tetra® handelt es sich um den einzigen hierzulande verfügbaren Impfstoff, der in Säugetier-Zellkulturen hergestellt wird und daher auch bei Personen mit Allergie gegen Hühner-Eiweiß eingesetzt werden kann.
STIKO-Empfehlung für Personen ab 60 Jahre
Das Immunsystem bei älteren Personen reagiert schwächer, andererseits sind gerade ältere Patienten durch schwere Krankheits-Verläufe und Komplikationen einer Grippe-Infektion (z.B. Lungen-Entzündung) bedroht. Die ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt daher für Personen ab 60 Jahren die Verwendung eines Hochdosis-Impfstoffs. Dieser enthält die 4-fache Menge an Virus-Bestandteilen (Antigen) im Vergleich zu konventionellen Impfstoffen. Dadurch wird eine stärkere Immun-Antwort und bessere Effektivität der Impfung bei diesem besonders gefährdeten Personenkreis erwartet. Allerdings muss auch mit dem verstärkten Auftreten von lokalen (Schmerz, Rötung und Schwellung an der Einstichstelle) sowie allgemeinen Nebenwirkungen (Frösteln, Müdigkeit, Kopf-, Muskelschmerzen) gerechnet werden. Als Hochdosis-Impfstoff steht Efluelda® zur Verfügung. In den USA wird das identische Produkt unter dem Namen "Fluzone High Dose" vertrieben und ist teilweise durch Import auch auf dem hiesigen Markt erhältlich.
Für Kinder und Jugendliche
Für Kinder und Jugendliche zwischen dem 2. Und 17. Lebensjahr steht mit Fluenz Tetra® ein Impfstoff als Nasen-Spray zur Verfügung. Hierbei handelt es sich um einen abgeschwächten Lebend-Impfstoff, während die anderen Impfstoffe inaktivierte Virus-Bestandteile beinhalten.
Neue Leitlinien: Erste Wahl bei Herzschwäche
Die aktualisierten Leitlinien der europäischen Gesellschaft für Kardiologie sehen jetzt folgende Medikamenten-Gruppen als 1. Wahl für Patienten mit Herzschwäche:
Kommentar: Als ganz wesentliche Neuerung ist die Aufnahme der vormals als Diabetes-Medikamente eingeführten SGLT2-Hemmer (Empagliflozin und Dapagliflozin) in die erste Reihe der Behandlungs-Optionen für Patienten mit Herzschwäche hervorzuheben.
Empfehlungen zur Heim-Blutdruck-Messung
Für die Diagnose und Therapie-Kontrolle der arteriellen Hypertonie stehen die Blutdruck-Messung in der Praxis, die ambulante 24-Stunden-Blutdruck-Messung und die Heim-Blutdruck-Messung des Patienten zur Verfügung.
Letztere hat sich neben den anderen Verfahren zur Diagnose des hohen Blutdrucks bewährt und gilt als best-geeignete Methode zur Langzeit-Kontrolle des Blutdrucks. In einem aktuellen Konsensus-Dokument der europäischen Hochdruck-Gesellschaft werden folgende Empfehlungen für die Heim-Blutdruck-Messung gegeben.
Optimale Umgebungs-Bedingungen
Für die Diagnose der Hypertonie und zur Kontrolle vor dem Arztbesuch
Langfristige Blutdruck-Kontrolle
Empfohlene Mess-Geräte
Empfohlen werden elektronische Oberarm-Messgeräte. Zur Verwendung von Handgelenk-Messgeräten wird wegen nicht ausreichender Messgenauigkeit nicht geraten. Auch Messungen mit Armbändern am Handgelenk sollten nicht für diagnostische oder therapeutische Entscheidungen herangezogen werden. Mobile Apps können ebenso noch nicht für die klinische Praxis empfohlen werden.
Welche Therapie nach TAVI?
Nach einer sog. Trans-Katheter-Implantation der Aortenklappe (TAVI) ist eine anti-thrombotische Therapie erforderlich, um die Bildung von Blutgerinnseln an der Klappe zu verhindern. Wegen einer bisher uneinheitlichen Vorgehensweise wurde jetzt ein Konsensus-Papier der europäischen Herzgesellschaft erstellt.
Normalerweise reicht nach TAVI die alleinige Therapie mit ASS (Acetylsalicylsäure). Wenn aber eine Indikation für Gerinnungshemmer (Marcumar oder direkte orale Antikoagulantien, DOAK) besteht, dann erfogt diese Therapie, anstelle von ASS.
Wenn in den Monaten zuvor ein koronarer Stent implantiert wurde, dann sollen alle Patienten über einen begrenzen Zeitraum von 1-6 Monaten zusätzlich einen Plättchenhemmer (z.B. ASS oder Clopidogrel) erhalten.
Kommentar: Mit diesem Experten-Konsens wird Unsicherheiten in der wichtigen Nachsorge-Therapie nach TAVI begegnet. Erfahrungsgemäß sind Empfehlungen zur antithrombotischen Therapie einem raschen Wandel unterworfen.
Zum Thema Corona-Impfung mit AstraZeneca-Impfstoff
Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hatte bei mehr als 1,6 Millionen verabreichten Impfdosen der Firma AstraZeneca über 13 Fälle einer Hirnvenenthrombose berichtet. Diese sonst sehr seltenen Thrombosen traten 4–16 Tage nach der Impfung mit dem AstraZeneca COVID-19 Vakzin bei zwölf Frauen und einem Mann im Alter von 20–63 Jahren auf. Diese Mitteilung hat viele Impfwillige verunsichert. Aus diesem Anlass liegt jetzt eine Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Thrombose- und Hämostase-Forschung (GTH) zu dieser Thematik vor. Die wichtigsten Ergebnisse und zusätzliche Empfehlungen des Vorsitzenden, Prof. Oldenburg, werden nachfolgend wiedergegeben.
Vermuteter Mechanismus
Wahrscheinlich können sich nach Impfung im Rahmen einer Immun-Stimulation Antikörper gegen Blutplättchen entwickeln. Dadurch kommt es zu einer Verklumpung von Blutplättchen mit nachfolgender Gerinnsel-Bildung. Ähnliche Vorgänge werden sehr selten auch bei Behandlung mit Heparinen (Medikamente zur Hemmung der Blutgerinnung) beobachtet. Hier ist das Krankheitsbild unter dem Namen Heparin-Induzierte Thrombozytopenie (HIT) bekannt.
Stellenwert der Nebenwirkung
Die positiven Effekte einer Impfung mit dem AstraZeneca COVID-19 Vakzin überwiegen bevölkerungsbezogen bei weitem die sehr seltenen negativen Auswirkungen, so dass die Wiederaufnahme der Impfungen in Deutschland mit diesem Vakzin begrüßt wird.
Sind frühere Thrombosen oder Risiko-Faktoren bedenklich?
Übliche Thrombosen wie Beinvenenthrombosen treten nach Impfung mit dem AstraZeneca COVID-19 Vakzin nicht häufiger auf. Aufgrund der besonderen immunologischen Genese der seltenen Hirnvenenthrombosen haben Patienten mit einer früheren üblichenThrombose und/oder einem bekannten Thrombose-Risiko (Thrombophilie) nach Impfung mit dem AstraZeneca COVID-19 Vakzin kein erhöhtes Risiko, diese sehr seltene Komplikation zu entwickeln. Klassische Risikofaktoren wie Einnahme der Pille, Immobilisation, frühere Thrombose oder Übergewicht spielen also keine Rolle.
Normale Beschwerden nach Impfung
Grippeähnliche Symptome wie Gelenk-, Muskel- und Kopfschmerzen, die über 1–2 Tage nach erfolgter Impfung anhalten, stellen eine häufige Nebenwirkung dar und sind kein Grund zur Besorgnis. Dabei handelt es sich um normale generelle Impfreaktionen.
Wann sollte man hellhörig werden?
Bei Nebenwirkungen, die noch mehr als 3 Tage nach erfolgter Impfung anhalten oder neu auftreten (z.B. Schwindel, Kopfschmerzen, Sehstörungen, Übelkeit/Erbrechen, Luftnot, akute Schmerzen in Brustkorb, Bauch-Bereich oder Extremitäten), sollte eine weitere ärztliche Abklärung erfolgen.
Gibt es eine Behandlung?
Im unwahrscheinlichen Fall einer Hirnvenenthrombose steht mit der Gabe von hochdosierten intravenösen Immunglobulinen eine besondere Therapie-Option zur Verfügung.
Wer sollte definitiv nicht den Impfstoff erhalten?
Der Vorsitzende der GTH Prof. Oldenburg sieht nur bei zwei sehr kleinen Patienten-Gruppen eine mögliche Gefährdung durch den Impfstoff. Patienten, die in der Vergangenheit schon einmal eine HIT (s.o.) durchgemacht haben und Patienten bei denen schon einmal eine Hirnvenenthrombose aufgetreten ist.
Kardiologen raten zur Corona-Impfung
Dass Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen ein deutlich höheres Risiko im Falle einer Corona-Infektion tragen, ist vielfach berichtet worden. So beträgt die Sterblichkeit 13,3% bei Patienten, die wegen COVID-19 stationär behandelt werden, wenn kardiovaskuläre Vorerkrankungen vorliegen. Dagegen versterben nur etwa 7,6% von denen, die keine entsprechenden Vorerkrankungen aufweisen. Professor Andreas Zeiher, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK), rät daher allen Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen dringend, die Impfung wahrzunehmen, sobald ein Termin angeboten wird und die üblichen Schutzmaßnahmen konsequent einzuhalten. Prof. Zeiher betont: „Die neuen Impfstoffe sind sicher und gerade für Herzpatientinnen und Herzpatienten ein Segen. Wer kann, sollte die Gelegenheit zur Impfung unbedingt wahrnehmen!“ Mögliche Nebenwirkungen sind selten und meist harmloser Natur, wie Schmerzen an der Einstichstelle, Kopfschmerzen, Müdigkeit oder vorübergehendes Fieber. Laut Prof. Michael Böhm, Pressesprecher der DGK, liegt das Risiko für schwere allergische Reaktionen unter 0,001%, also etwa bei einer von 100.000 geimpften Personen. „Die Rate von anaphylaktischen Ereignissen liegt damit deutlich unter der anderer Medikamente, beispielsweise der viel häufiger verwendeten Antibiotika-Infusionen“, so Prof. Böhm. Aufgrund des hohen Risikos von Herzkreislauf-Erkrankungen wird darauf hingewiesen, bei akuten Herz-Kreislauf-Beschwerden oder bei jeder Verschlechterung von Symptomen wie Luftnot oder Herzbeschwerden, umgehend ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Herzstiftung empfiehlt Corona-Impfung
Herz-Kreislauf-Patienten zählen im Fall einer Corona-Infektion zu den besonders gefährdeten Personen-Gruppen. In einer Pressemeldung nimmt die Deutsche Herzstiftung zu den jetzt anlaufenden Impf-Programmen Stellung. „Jeder sollte diese Gelegenheit zur Impfung und zum Schutz vor Krankheit und Tod durch COVID-19 wahrnehmen“, so der Herzspezialist Prof. Thomas Meinertz vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung. „Auch um die Corona-Pandemie mit ihren bedrohlich hohen Infektions- und Sterberaten unter Kontrolle zu bringen, ist eine hohe Beteiligung der Bevölkerung an der Corona-Impfung unverzichtbar. Eine Impfung gegen COVID-19 trägt sowohl zum individuellen Schutz als auch zur Eindämmung der Pandemie bei.“
Eventuelle unerwünschte Impfreaktionen seien mit denen anderer Impfungen, wie zum Beispiel der Grippe-Impfung, vergleichbar, betont der Kardiologe und Pharmakologe Meinertz. Schwerwiegende allergische Reaktionen seien dagegen eine Rarität. Die Impfzentren seien für den Umgang mit solchen Reaktionen bestens vorbereitet.
“Angesichts der Gefährlichkeit von COVID-19, was Todesfälle und langfristige Schäden betrifft" ergebe "sich nur eine vernünftige Konsequenz: den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) zu folgen und sich impfen zu lassen". Insgesamt sei gewährleistet, dass der Nutzen im Vergleich zum Risiko bei Weitem überwiege.
Weitere Informationen zur Corona-Impfung bietet die Deutsche Herzstiftung für Herz-Kreislauf-Patienten unter: www.herzstiftung.de/corona-impfung und in Kürze ausführlich in der kommenden HERZ heute Ausgabe 1/2021.
Empfehlungen zur Diabetes-Behandlung bei COVID-19
Ein internationales Experten-Team hat Empfehlungen zur Überwachung und Behandlung von Patienten mit Diabetes mellitus im Rahmen der Corona-Pandemie zusammengestellt.
Besondere Risiken bei Diabetes und Corona-Infektion
Generell wird bei Diabetikern im Rahmen einer Virus-Pneumonie oft ein schwerer Verlauf beobachtet. Auch im Rahmen der aktuellen Pandemie mit SARS-CoV-2 sind Diabetiker besonders gefährdet. Dies kann teilweise auf eine schwächere Immunabwehr zurückgeführt werden. Auch sind oft ältere Patienten betroffen, so dass eine koronare Herzerkrankung vorliegen kann, die sich dann ungünstig auf die Prognose auswirkt. Eine weitere Risiko-Erhöhung ist bei zusätzlichem Vorliegen von Übergewicht gegeben, da auch bei Übergewicht eine schwächere Immunabwehr und eine chronische Entzündungs-Situation gegeben ist. Im Falle einer Beatmungs-Notwendigkeit ist die Lungenbelüftung durch das Übergewicht erschwert. Eine suboptimale Blutzucker-Einstellung trägt zu einer weiteren Risikoerhöhung bei. Es liegen Berichte über schwere Entgleisungen des Blutzucker-Stoffwechsels mit oft schwerer Ketoazidose schon bei Aufnahme im Krankenhaus vor.
Empfehlungen für den ambulanten Patienten :
Besonderheiten:
Im Falle von COVID-19 sollte die Stoffwechsel-Lage auch bei Nicht-Diabetikern beobachtet werden, da evtl. mit dem Neu-Auftreten eines Diabetes im Rahmen der Infektion gerechnet werden muss. Nach Corona-Infektion kann noch längerfristig eine metabolische Dysbalance vorliegen.
Kommentar: Es sollte unbedingt vermieden werden, dass Diabetiker erst im Zustand einer Ketoazidose oder Laktatazidose ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Bei erkennbarer Verschlechterung der Stoffwechsel-Lage oder unklaren Situationen, insbesondere bei Infekten, sollte rechtzeitig in ärztlicher Absprache das weitere Vorgehen der jeweiligen Situation angepasst werden. Dazu kann im Rahmen von Infekten auch das Absetzen von ggf. kritischen Medikamenten wie z.B. Metformin gehören. Die o.g. Experten-Empfehlung sieht für den stationären, intensiv-medizinischen Bereich die rasche Einleitung einer intravenösen Insulin-Therapie zur Blutzucker-Einstellung vor.
Erhöhen Blutdruck-Medikamente das Risiko bei Corona-Infektionen?
In Fach-Zeitschriften und in der Laienpresse ist in den vergangenen Tagen über den möglichen Einfluss bestimmter Medikamente im Zusammenhang mit Coronavirus-Infektionen berichtet worden.
Betroffene Medikamente
Bei den Medikamenten handelt es sich vornehmlich um die sehr häufig verordneten sog. ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptor-Blocker ( Sartane). ACE-Hemmer und Sartane werden standardmäßig bei hohem Blutdruck oder Herzschwäche eingesetzt.
Mögliche Interaktion von Medikamenten mit Corona-Infektionen
Corona-Viren (SARS-CoV2) benutzen das Eiweiß ACE-2 (Gegenspieler von ACE), das sich auf der Oberfläche vieler Körperzellen (auch Lungenzellen) befindet, um wie mit einem Schlüssel in die Körperzellen einzudringen. Medikamente wie ACE-Hemmer oder Sartane erhöhen die Menge von ACE-2 und könnten so theoretisch die Infektion von Zellen begünstigen. ACE-2 liegt aber auch in gelöster Form im Blut vor. Eine Zunahme dieser gelösten Form von ACE-2 im Blut wirkt der Virus-Infektion von Zellen entgegen. Ob die Erhöhung von ACE-2 in der Summe die Infektion eher verstärkt oder abschwächt, ist nicht geklärt.
Nutzen der Medikamente belegt
Gegenüber den o.g. Spekulationen ist der große Nutzen dieser Medikamente bei hohem Blutdruck oder Herzschwäche sowie bei Patienten mit akutem Lungenversagen vielfach belegt.
Stellungnahme der Deutschen Hochdruckliga
Laut einer Stellungnahme der Deutschen Hochdruckliga rechtfertigt die derzeitige Datenlage kein Absetzen der Medikamente. Insbesondere wird vor dem Absetzen oder einer Dosis-Reduktion ohne vorherige Absprache mit dem behandelnden Arzt gewarnt. Ein unkontrolliertes Absetzen der Medikamente könnte erhebliche Verschlechterungen der Blutdruck-Einstellung mit dem Risiko von Schlaganfällen oder eine Verschlechterung der Herzleistung zur Folge haben.
Auch für das Schmerzmittel Ibuprofen und bestimmte Diabetes-Medikamente (Glitazone) wird über vergleichbare Interaktionen berichtet.
Quelle: www.hochdruckliga.de/alle-pressemeldungen. Htlm
Fang L et al. Lancet Resp Med March 11, 2020 .
Kommentar: Bei Vorliegen weiterer Erkenntnisse oder Empfehlungen zu diesem Thema wird HERZ-NEWS erneut berichten.
Wegen Corona-Pandemie: Pneumokokken-Schutzimpfung für chronisch Herzkranke besonders empfohlen
Da Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen im Rahmen der aktuellen Corona-Pandemie besonders gefährdet sind, raten US-Kardiologen des "American College of Cardiology" neben der Grippeschutzimpfung auch zur Pneumokokken-Impfung bei kardial vorerkrankten Patienten, um bakterielle Sekundär-Infektionen zu vermeiden.
Quelle: JACC, ACC Bulletin vom 13.2. und 9.3.2020
Kommentar: Dies wird auch von den Impf-Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert Koch Instituts abgedeckt. Danach wird die Impfung u.a. empfohlen: ---Generell ab einem Alter von 60 Jahren ---Ab einem Alter von 16 Jahren bei Vorliegen chronischer Erkrankungen von Herz, Lunge, Diabetes mellitus oder bei Patienten mit geschwächter Immunabwehr (z.B. HIV, frühere Milz-Entfernung, Organtransplantation). Bezüglich der Empfehlungen für Kinder siehe Empfehlungen der STIKO. In der Regel wird Pneumovax® als Impfstoff verwendet. Insbesondere bei geschwächter Immunabwehr kann zunächst ein anderer Impfstoff im Rahmen einer sog. sequentiellen Impfung erforderlich sein. Im Einzelfall muss dies der betreuende Arzt entscheiden. Wie auch bei anderen Impfungen, sollte die Impfung nicht während eines akuten Infektes erfolgen. Auch Gesundheits-minister J. Spahn hat anlässlich der Corona-Pandemie die Pneumokokken-Schutzimpfung ab einem Alter von 60 Jahren, sowie für Patienten mit chronischen Vorerkrankungen empfohlen.
Aktuelle Informationen zur Grippe-Impfung 2019/2020
Wer sollte sich impfen lassen?
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung gegen Grippe insbesondere allen Personen, bei denen im Fall einer Grippe-Infektion ein schwerer Verlauf, z.B. durch Lungenentzündung, zu befürchten ist. Zu den Risikogruppen zählen:
- Personen ab einem Alter von 60 Jahren
- Patienten mit chronischen Erkrankungen (Krankheiten der Atmungsorgane, Herz/ Kreislauf-Krankheiten , Leber- oder Nierenkrankheiten, Diabetes oder andere Stoffwechselkrankheiten, chronische neurologische Krankheiten) sowie Menschen mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten oder HIV-Infektion
- Schwangere
- Medizinisches Personal und Personal in Pflegeeinrichtungen (auch Bewohner)
- Personal in Einrichtungen mit viel Publikumsverkehr (z. B. Busfahrer, Lehrkräfte etc.)
- Angehörige bzw. enge Kontaktpersonen von Menschen mit chronischen Erkrankungen
- Personen mit Kontakt zu Geflügel oder Wildvögeln
Wann sollte die Impfung erfolgen?
Vom Robert-Koch-Institut (RKI) wird die Impfung im Oktober/November empfohlen. Bis zur vollen Wirksamkeit benötigt die Grippe-Impfung einen Vorlauf von 10-14 Tagen. Die Schutzwirkung kann 6-12 Monate andauern, nimmt im Lauf der Zeit aber ab. In den vergangenen Jahren begann die Grippe nach Aussagen des RKI meist um die Jahreswende und dauerte bis Ende März. Bei einer zu frühen Impfung lässt der Impfschutz dann, wenn er benötigt wird, möglicherweise schon wieder nach. Wenn man den optimalen Zeitraum verpasst hat, kann eine Impfung auch während einer laufenden Grippe-Welle noch sinnvoll sein. Es kann nie genau vorhergesagt werden, wie lange eine Influenza-Welle andauern wird. Auch wurde gelegentlich eine zweite Grippe-Welle mit einem anderen Virenstamm beobachtet.
Wie groß ist die Schutzwirkung der Impfung?
Die Impfung kann im Mittel etwa 60% der Erkrankungen verhindern, bei Jüngeren bis zu 80%, bei Älteren etwa 50%. Aber selbst wenn der Ausbruch der Erkrankung nicht verhindert werden kann, zeigt sich bei den geimpften Personen zumindest ein meist milderer Verlauf.
Verträglichkeit der Impfung
Die Grippe-Impfung ist allgemein gut verträglich. Gelegentlich können Rötungen mit schmerzhafter Schwellung an der Einstichstelle auftreten. In den ersten drei Tagen können vorübergehende Allgemein-Symptome wie Muskelschmerzen, Frösteln, Müdigkeit oder Übelkeit auftreten. Schwere Nebenwirkungen wie allergische Reaktionen sind sehr selten. Da es sich bei der Grippe-Impfung um einen Tot-Impfstoff handelt, kann die Impfung keine Grippe-Infektion verursachen. Eine Impfung mit abgeschwächten Viren in Form eines Nasen-Sprays ist nur für Kinder zugelassen.
Wer darf nicht geimpft werden?
Personen mit einer schweren Infektion oder einer fieberhaften Erkrankung (Fieber > 38,5 ) sollen nicht während des Infektes geimpft werden. Bei einer bekannten Allergie gegen Hühnereiweiß dürfen die herkömmlichen Grippe-Impfstoffe nicht verwendet werden. In diesen Fällen kann die Impfung mit einem Zellkultur-basierten Grippe-Impfstoff erfolgen.
Welche Impfstoffe stehen zur Verfügung?
Viren von Grippekranken werden isoliert, entweder in bebrüteten Hühnereiern oder Säugetier-Zellkulturen angereichert und inaktiviert. Die Impfstoffe werden aus Antigenen (fremde Stoffe, die im Körper die Produktion von Antikörpern gegen diese Fremdstoffe anregen) weltweit zirkulierender Virenstämme zusammengestellt. In diesem Jahr werden von der STIKO standardmäßig sog. tetravalente Impfstoffe empfohlen, die jeweils 2 Komponenten von Influenza A- und B-Viren enthalten, z.B. A/H1N, A/H3N2, B/ Yamagata und B/ Victoria. Unter anderem sind folgende Impfstoffe verfügbar:
- Vaxigrip Tetra® (Sanofi-Pasteur)
- Influsplit Tetra® (GSK)
- Influvac Tetra® (Mylan)
- Flucelvax Tetra® (Seqirus)
Bei Flucelvax Tetra® handelt es sich um den einzigen in Europa verfügbaren Impfstoff, der in Säugetier-Zellkulturen hergestellt wird und daher auch bei Personen mit Allergie gegen Hühner-Eiweiß eingesetzt werden kann. Ob dieser Impfstoff auch besser vor den zirkulierenden Grippeviren schützt, ist umstritten.
Quelle:https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Influenza/faq_ges.htm
Neue Leitlinien zur Diabetes-Therapie
Die neuen Leitlinien bedeuten einen Paradigmen-Wechsel in der Therapie des Diabetes mellitus Typ 2. Im Rahmen der medikamentösen Erst-Einstellung werden bei Hoch-Risiko-Patienten jetzt die relativ neuen Medikamenten-Gruppen der sog. SGLT2-Hemmer und der GLP-1- Rezeptor-Agonisten (GLP-1-RA) empfohlen. Diese neuen Medikamente können nicht nur den Blutzucker senken, sondern haben darüber hinaus gezeigt, dass sie in der Lage sind, kardiovaskuläre Komplikationen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Todesfälle zu verhindern. Weitere positive Begleiterscheinungen sind Gewichtsabnahme und auch Blutdruck-Senkung. Unterzuckerungen (Hypoglykämien) sind anders als bei einigen der älteren Diabetes-Medikamente nicht zu befürchten. Wenn also erstmals eine Therapie bei Diabetes mellitus Typ 2 eingeleitet werden soll, dann sind bei Hoch-Risiko-Patienten nun diese neuen Medikamenten-Gruppen favorisiert. Ein hohes Risiko liegt u.a. vor bei bereits bekannter atherosklerotischer Gefäß-Erkrankung (z.B. koronare Herzkrankheit, früherem Herzinfarkt, Stent-Implantation oder "Schaufenster-Krankheit" etc.) aber auch bei schon nachweisbaren Folgeschäden des Diabetes mellitus wie erhöhter Eiweiß-Ausscheidung im Urin, Herzmuskel-Verdickung oder Netzhautschäden. An typischen Nebenwirkungen stehen bei den SGLT2-Hemmern Urogenital-Infekte (durch hohe Zucker-Ausscheidung im Urin) und bei den GLP-1-RA Magen/Darm-Beschwerden im Vordergrund. Folgende Substanzen werden von den Leitlinien empfohlen:
SGLT2-Hemmer
- Empagliflozin (Jardiance®),
- Canagliflozin (nicht auf dem deutschen Markt verfügbar)
- Dapagliflozin (Forxiga®)
Oder
GLP-1-Rezeptor- Agonisten
- Liraglutid (Victoza®)
- Semaglutid (Ozempic®)
- Dulaglutid (Trulicity®)
Insbesondere für Empagliflozin und Liraglutid konnte in den Studien eine überzeugende Abnahme des Sterberisikos nachgewiesen werden, sodass die beiden Substanzen in diesem Kontext besonders empfohlen werden. Da SGLT2-Hemmer sich auch bei Patienten mit begleitender Herzschwäche bewährt haben, sollten sie in diesen Fällen bevorzugt werden.
Quelle: ESC Guidelines on diabetes, pre-diabetes,and cardiovascular diseases developed in collaboration with the EASD. The Task Force for diabetes, pre-diabetes, and cardiovascular diseases of the European Society of Cardiology (ESC) and the European Association for the Study of Diabetes (EASD); European Heart Journal (2019) 00, 169ESC GUIDELINES doi:10.1093/eurheartj/ehz486
Kommentar: Diese neuen Leitlinien-Empfehlungen zur Therapie des Diabetes mellitus Typ 2 sind durch die aktuellen Studien gut begründet. GLP-1-RA werden bisher subkutan injiziert (Liraglutid 1 x täglich, die beiden anderen Substanzen 1 x /Woche). In den USA wurde zwischenzeitlich aber auch eine oral verfügbare Form von Semaglutid zugelassen. Kombinations-Präparate von SGLT2-Hemmern mit Metformin sind verfügbar, nämlich Synjardy® (Empagliflozin + Metformin) oder Xigduo® (Dapagliflozin + Metformin). Die zunehmende Vielfalt der therapeutischen Optionen und die Berücksichtigung individueller Besonderheiten erfordern immer die kompetente ärztliche Begleitung.
Empfehlungen zur Fahreignung bei kardiovaskulären Erkrankungen
Aus aktuellem Anlass (siehe Beitrag im Abschnitt "Elektro-Therapie") werden hier Eckpunkte zum Thema Fahreignung von Privatfahrern bei Herz-/Kreislauf-Erkrankungen unter Berücksichtigung gesetzlicher Vorgaben sowie der Stellungnahmen von Fachgesellschaften dargestellt. Für Berufs-Kraftfahrer (u.a. Busfahrer, Taxifahrer) gelten in der Regel deutlich strengere Beschränkungen, die im Einzelfall zu klären sind. Für die wichtigsten Krankheitsbilder / Maßnahmen beziehen sich die folgenden Angaben zur Fahrtauglichkeit auf Privatfahrer.
Erkrankung / Maßnahme Fahreignung
-ICD (Defibrillator)
- ICD-Implantation (Primär-Prävention) nach 1-2 Wochen
- ICD-Implantation (Sekundär-Prävention) nach 3 Monaten
- Nach adäquatem Schock meist nach 3 Monaten
- Nach inadäquatem Schock nach Behebung der Ursache
- Nach Aggregat-Wechsel nach 1 Woche
Bei denjenigen, die bereits eine lebensbedrohliche Rhythmus-Störung überlebt haben, erfolgt die Implantation im Sinne einer sog. Sekundär-Prävention. Bei anderen Patienten besteht, meist aufgrund einer Herzschwäche, ein hohes Risiko für das Auftreten solcher Arrhythmien. In diesen Fällen erfolgt die Implantation vorbeugend im Rahmen der sog. Primärprävention. Ein adäquater Schock wird aufgrund einer vom Gerät richtig erkannten bedrohlichen Rhythmus-Störung abgegeben. Einem inadäquaten Schock liegt eine meist harmlosere Rhythmus-Störung zugrunde, die vom Gerät fälschlicherweise als bedrohlich eingestuft wird.
-Nach Schrittmacher-Implantation meist Ja oder Batterie -Wechsel
-Kardiale Synkope Nein, bis Therapie
-Nach erster nicht kardialer Synkope meist Ja
-Wiederholte unklare Synkope nach 6 Monaten
-Herzschwäche ohne Luftnot in Ruhe Ja
-Herzschwäche mit Luftnot in Ruhe Nein
-Nach Bypass-OP nach 2-4 Wochen
-Nach Koronarintervention (Stent) Ja
-Nach Herzinfarkt, unkompliziert Ja
-Nach Herzinfarkt, schlechte Herzleistung meist nach 4 Wochen
-Nach Herzklappen-OP nach 2-4 Wochen
-Vorhofflimmern ohne Synkope Ja
Die hier genannten pauschalen Richtwerte sind immer unter Berücksichtigung individueller Gegebenheiten anzupassen.
Quelle: Jung W et al. Herz 2018. 43: 367-380
Kommentar: Insgesamt werden nur etwa 0,1% aller Unfälle, aber etwa 2-3% der tödlichen Unfälle auf medizinische Gründe zurückgeführt. Neben Herzerkrankungen stehen dabei neurologische Krankheitsbilder wie die Epilepsie aber auch andere Erkrankungen wie z.B. der Diabetes mellitus im Vordergrund. Nicht selten kommt es aus völliger Gesundheit, plötzlich und unvorhergesehen, zum Auftreten z.B. eines Herzinfarktes oder eines Schlaganfalls. Nur bei bereits bekannter Erkrankung können Vorsichts-Maßnahmen im Sinne von Einschränkungen der Fahreignung getroffen werden. Die Nicht-Beachtung von Empfehlungen zur eingeschränkten Fahreignung kann bedrohliche Folgen für die Betroffenen selbst aber auch z.B. für andere Verkehrs-Teilnehmer haben sowie rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Es ist Aufgabe des jeweils betreuenden Arztes, über Einschränkungen der Fahrtüchtigkeit aufzuklären. Die Aufklärung sollte ggf. wiederholt, auch unter Einbindung nächster Angehöriger, erfolgen und schriftlich dokumentiert werden.
Wie lange behandeln nach Lungenembolie? Neue Leitlinien
Nach einer Lungenembolie erfolgt in der Regel eine längerfristige Behandlung mit sogenannten Antikoagulantien (Medikamente, die die Blutgerinnung hemmen). Hierfür stehen die Vitamin-K-Antagonisten wie z.B. Marcumar®, aber auch die neueren direkten Antikoagulantien (Xarelto®, Lixiana®, Eliquis® und Pradaxa®) zur Verfügung. Wer eine solche Behandlung wie lange erhalten soll, darüber herrscht aber oft Unklarheit. Eine aktuelle Leitlinie der europäischen Herz-Gesellschaft gibt hier eine Hilfestellung.
Die folgenden Empfehlungen gelten für Patienten nach Lungenembolie mit Ausnahme von Tumor-Patienten.
Welche Patienten und wie lange?
- Bei einer ersten Lungenembolie, die infolge eines größeren vorübergehenden Risiko-Faktors aufgetreten ist, reicht eine Therapie-Dauer von 3 Monaten.
(Als größerer vorübergehender Risikofaktor gilt z.B. ein operativer Eingriff mit einer Narkose-Dauer von mehr als 30 Minuten, ein Unfall mit Knochenbruch oder ein Krankenhaus-Aufenthalt mit mindestens 3-tägiger Bettruhe.)
- Wenn in der Vergangenheit bereits eine Thrombose oder Lungenembolie abgelaufen ist (Rezidiv) und wenn kein solcher Risikofaktor wie oben ausgeführt vorliegt, dann sollte die gerinnungs-hemmende Therapie auf Dauer erfolgen.
- Auch bei Patienten mit sog. Antiphospholipid –Syndrom (Autoimmun-Erkrankung mit hohem Risiko für Thrombosen) sollte die Therapie auf Dauer erfolgen.
- Bei den übrigen Patienten kann nach erstmaliger Lungenembolie eine verlängerte Therapie (länger als 3 Monate) erwogen werden. Bezüglich der Therapie-Dauer werden keine definierten Zeiträume angegeben. Es sollte immer auch das Blutungs-Risiko berücksichtigt werden.
Dosierung der Antikoagulantien
Für alle Medikamente sollte die voll-therapeutische Dosierung gewählt werden. Im Falle von Eliquis® oder Xarelto® kann nach 6 Monaten Therapie-Dauer in voller Dosis, eine Dosis-Reduktion erfolgen ( 2 x 2,5 mg Eliquis® oder 1 x 10 mg Xarelto® tgl.).
Quelle: Konstantinides S et al. Eur Heart J (2019) 00, 161, doi:10.1093/eurheartj/ehz405
Kommentar: Für einen Teil der Patienten liegen damit klare Empfehlungen für die Therapie-Dauer vor. In vielen Fällen muss aber weiterhin in sorgfältiger Abwägung des möglichen Nutzens gegenüber dem erhöhten Blutungs-Risiko die Therapie-Dauer individuell festgelegt werden
LDL-Cholesterin: Neue Leitlinien, neue Zielwerte
Aktuelle Leitlinien der Europäischen Herzgesellschaft empfehlen eine noch weitere Absenkung des sog. LDL-Cholesterins (allgemein als "leichtes" oder "schlechtes" Cholesterin bezeichnet).
LDL-Cholesterin: Je niedriger desto besser
In mehreren Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass auch eine Absenkung des LDL-Cholesterins auf sehr niedrige Werte in der Lage ist, das Risiko für Herzinfarkt /Tod oder Schlaganfall weiter zu verringern. Eine Gefährdung war dagegen auch bei sehr niedrigen Werten nicht erkennbar. Daher wurden in den aktuellen Leitlinien die Ziel-Werte für die Senkung des LDL-Cholesterins neu festgelegt Zunächst muss für jeden Patienten das individuelle Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse bestimmt werden. Ein sehr hohes Risiko liegt z.B. vor bei bereits bekannter Atherosklerose , früherem Herzinfarkt oder Schlaganfall, früherer Bypass-Op. oder Stent-Implantation. Auch Patienten mit Diabetes + Organschäden (z.B. Eiweiß-Ausscheidung im Urin) gehören in diese Kategorie.
Neue Zielwerte für LDL-Cholesterin, je nach Risiko
Je nach individuellem Risiko sollten jetzt folgende LDL-Ziele angestrebt werden:
- Sehr hohes Risiko LDL-Cholesterin < 55 mg /dl (vorher < 70 )
- Hohes Risiko LDL-Cholesterin < 70 mg /dl (vorher < 100)
- Mittleres Risiko LDL-Cholesterin < 100 mg/dl (vorher <115 )
Zusätzlich sollte in allen Fällen eine Abnahme des LDL-Cholesterin um mindestens 50% vom Ausgangswert erreicht werden.
Weitere Diagnostik zur Risiko-Beurteilung
Die Leitlinien empfehlen jetzt auch, dass zumindest einmal das sog. Lipoprotein a (Lp-a) bestimmt werden sollte, um Patienten mit diesbezüglich sehr hohen Werten zu identifizieren. Auch bei diesen Patienten besteht ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und mit den sog. PCSK9-Hemmern steht auch eine therapeutische Option zur Verfügung . Zur frühzeitigen Erkennung von Gefäß-Verkalkungen und zur besseren Risiko-Abschätzung sollten auch Ultraschall-Untersuchungen der Arterien (Halsschlagader / Art. carotis und der Becken/Leisten-Arterien) großzügig durchgeführt werden. Ggf. empfiehlt sich auch das Screening auf Calcium in den Herz-Kranz-Gefäßen mittels CT.
Therapeutische Optionen
Neben Lebensstil-Änderungen, insbesondere diätetischen Maßnahmen, sollten als Mittel der ersten Wahl die sog. Statine (Cholesterin-Synthese-Hemmer) eingesetzt werden. Falls erforderlich, bietet sich eine Kombination mit Ezetimibe an. Werden die Zielwerte dennoch nicht erreicht, stehen die sehr wirksamen PCSK9-Hemmer zur Verfügung, die allerdings subcutan injiziert werden müssen.
Quelle: 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias. European Heart Journal. 2019. doi:10.1093/eurheartj/ehz455
Kommentar: Zunächst muss in Absprache mit dem behandelnden Arzt individuell geklärt werden, welche Risiko-Kategorie auf Basis der neuen Leitlinien vorliegt. Zusätzlich sollten weitere Parameter wie Lp-a und Ultraschall-Untersuchungen der Arterien bei der Risiko-Beurteilung berücksichtigt werden. Daran orientiert sich dann der angestrebte LDL-Wert (s.o.).
Störung von Herzschrittmachern / Defibrillatoren durch externe Geräte
Für Schrittmacherträger bzw. Träger von sogenannten Defibrillatoren (ICD) stellt sich häufig die Frage nach möglichen Störeinflüssen durch elektrische oder elektronische Geräte. Die von diesen Geräten verursachten elektrischen, magnetischen oder elektro-magnetischen Felder können im ungünstigen Fall zu Fehlfunktionen des Schrittmachers oder Defibrillators führen. Auch statische Magnetfelder können durchaus Fehlfunktionen der Implantate verursachen.
Mögliche Beeinträchtigungen durch elektro-magnetische Felder
Es können Beschwerden wie Leistungsschwäche oder Schwindel hin zu Ohnmachts-Anfällen ausgelöst werden. Bei Defibrillatoren können unangemessene ( medizinisch nicht erforderliche) Schock-Abgaben resultieren. Eine bleibende Schädigung der implantierten Geräte, sowie die Erwärmung von metallischen Komponenten der Implantate mit thermischen Schädigungen des umgebenden Körper-Gewebes sind unter besonderen Bedingungen möglich. Ernste Beeinträchtigungen treten insgesamt aber nur sehr selten auf.
Wo droht Gefahr? Aktuelle Experten-Meinung
Zu dem Themen-Komplex einer möglichen elektromagnetischen Interferenz (EMI) mit implantierten Herzschrittmachern bzw. Defibrillatoren liegt eine aktuelle Stellungnahme der deutschen Gesellschaft für Kardiologie im Konsens mit der deutschen Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin vor.
Danach besteht bei der Nutzung von Mobil-Telefonen und Smartphones einschließlich deren Internetfunktion nur ein geringes Risiko. Ein früher empfohlener Abstand von 15 cm ist zwar sicher effektiv, aber nach der aktuellen Empfehlung nicht generell erforderlich. Lediglich bei direktem Kontakt des Handys über dem Hautareal des Implantats war eine Störung beschrieben worden. Zu induktiven Mobiltelefon-Ladestationen sollten Schrittmacher- und ICD-Träger einen Mindestabstand von 10 cm einhalten. MP3-Player und sog. iPods können ohne Risiko benutzt werden. Da in Kopfhörern und Lautsprechern Dauermagnete verbaut sind, können hierdurch Störungen entstehen. Sie sollten daher nicht direkt über dem implantierten Gerät positioniert werden. Dies gilt auch für andere Geräte, in denen Permanent-Magnete verbaut sind wie z.B. Tablets, Notebooks oder Akku-Bohrmaschinen.
Diebstahl-Sicherungen in den Ein- und Ausgangs-Bereichen von Kaufhäusern sollten Patienten rasch durchschreiten und sich nicht unnötig lange in dem elektromagnetischen Feld aufhalten. Zu sogenannten RFID-Scannern (Radiofrequenz-Identifizierung) bei Diebstahlsicherungen in Kaufhäusern oder zum kontaktlosen Bezahlen sollte sicherheitshalber ein Abstand von 60 cm eingehalten werden. (Die RFID-Technologie wird auch eingesetzt bei Lesegeräten für Reisepässe, an Mautstellen oder Fahrkarten-kontrollen für öffentliche Verkehrsmittel, bei der Kontrolle von Ski-Pässen, sowie bei der Zugangssicherung von Gebäuden oder Parkplätzen. Dagegen verwenden Barcode-Lesegeräte sichtbares Licht und stellen keine wesentliche Gefährdung durch elektromagnetische Felder dar. Auch die an Flughäfen eingesetzten Körperscanner, die sog. Millimeter-Wellen nutzen, sind für Schrittmacher- und ICD-Träger sicher. Die Redaktion).
Elektrofahrzeuge und Hybridfahrzeuge können problemlos genutzt werden. Auch für die Reise mit dem Flugzeug oder der Bahn gelten keine Einschränkungen im Hinblick auf die implantierten Medizin-Geräte. Metalldetektoren in Form eines Torbogens oder auch handbetriebene Detektoren, wie sie z.B. an Flughäfen im Einsatz sind, sind nicht mit einem erhöhten Risiko verbunden. (Allerdings sollte ein unnötiges Verweilen in der Nähe des Torbogens vermieden werden, die Hand-Detektoren sollen nicht in schneller Folge hintereinander über das Gerät geführt werden. Auch kann ein Alarm-Signal des Implantates ausgelöst werden. Sicherheitshalber empfiehlt sich immer, den Schrittmacher-Ausweis /Geräte -Ausweis bei der Personen-bzw. Sicherheits-Kontrolle vorzuzeigen. Häufig wird dann auf den Einsatz betreffender Geräte verzichtet . Die Redaktion ) Elektrische Geräte des Alltags, insbesondere im Haushalt, können teilweise relevante elektromagnetische Felder erzeugen und sollten mit einer Unterarmlänge Abstand vom Brustkorb verwendet werden. In der aktuellen Stellungnahme wird auch auf eine Empfehlung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung aus dem Jahr 2012 verwiesen. In dieser wird für die Geräte zur Körperpflege wie Fön, Rasierapparat, elektrische Zahnbürste etc. eine mögliche Interferenz erst bei Unterschreiten eines Abstandes von 5cm gesehen. Auf eine ordnungsgemäße Erdung von elektrischen Geräten sollte immer geachtet werden. Defekte Haushaltsgeräte sollten nicht betrieben werden. Korrekt installierte Stromleitungen im Haus stellen keine Gefährdung dar.
Bei Induktionsherden sollte ein Sicherheitsabstand von 25 cm zwischen Implantat und Herd eingehalten werden. Patienten sollten sich nicht über die Kochplatte beugen. Gegen eine normale Benutzung des Herdes bestehen aber keine Einwände. Für sog. Körperfettwaagen und andere Bioimpedanz-Messungen liegen aktuell keine ausreichenden Daten vor, so dass eine sichere Risikoeinschätzung noch nicht möglich ist. Sicherheitshalber sollten daher Körperfettwaagen von Patienten mit implantiertem Herzschrittmacher/Defibrillator ohne suffizienten Eigenrhythmus gemieden werden. Auch Bioimpedanz-Messungen von Arm zu Arm sollten unterbleiben.
Bei magnetischen Namensschildern, Schmuck oder Plaketten sollte ein Sicherheits-abstand von 5 cm eingehalten werden. Hochspannungsleitungen oder Erdkabel können ohne Risiko unter- bzw. überquert werden.
Allgemeine Empfehlungen
Für die Verwendung elektrodenfreier Herzschrittmacher oder rein subcutan implantierter Defibrillatoren liegen noch keine ausreichenden Untersuchungen vor. Sog. MRT-fähige Schrittmacher sind entgegen verbreiteter Meinung nicht besser gegen EMIs geschützt als herkömmliche Schrittmacher. Generell gilt das Einhalten eines Sicherheits-Abstands zur elektromagnetischen Quelle als wichtigste Maßnahme zur Vermeidung von elektro-magnetischen Interferenzen (EMI). Dementsprechend sollten Patienten Gefährdungs- Bereiche meiden oder bei Zwischenfällen / Beschwerden so schnell wie möglich verlassen. Ggf. sollten Hilfspersonen Patienten dabei unterstützen. Für berufliche Expositionen z.B. bei Tätigkeiten im Umfeld von Generatoren,Transformatoren, Notstrom-Aggregaten oder Schweiß-Arbeiten u.a. sollte jeweils eine individuelle arbeitsmedizinische und kardiologische Risiko-Beurteilung erfolgen.
Quelle: Napp A et al. Elektromagnetische Interferenz von aktiven Herzrhythmus-Implantaten im Alltag und im beruflichen Umfeld - Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM). Der Kardiologe 2019;13: 216-235
Kommentar: siehe Text-Passagen in Kursivschrift
Leitlinien-Empfehlungen zur Blutdruck-Einstellung leicht gemacht
In den vergangenen Jahren sind wiederholt unterschiedliche Empfehlungen zu Grenzwerten für die Blutdruckeinstellung diskutiert worden. Im Folgenden werden die Grenzwerte auf Basis der aktuellen Leitlinie vereinfacht dargestellt.
Als wichtigste "Faustregel" bleibt es bei 140 / 90 mmHG für die Blutdruck-Grenzwerte.
d.h.
1.) bei höheren Werten sollte eine Behandlung eingeleitet werden und
2.) im Falle einer Behandlung sollten die Werte darunterliegen
Im nächsten Schritt sollte bei guter Verträglichkeit die Therapie in Abhängigkeit vom Patienten-Alter weiter intensiviert werden. Es gelten dann folgende Zielwerte:
- Bei Patienten-Alter über 65 Jahre: Ziel-Blutdruck unter 140 / 80 mmHG
- Bei Patienten-Alter unter 65 Jahre: Ziel-Blutdruck unter 130 / 80 mmHg
- Für alle Patienten gilt eine Blutdruck-Untergrenze von 120/ 70 mm Hg, die möglichst nicht unterschritten werden sollte.
Wichtige Ausnahme: Bei einem Patienten-Alter über 80 Jahren sollte erst ab einem Blutdruck von 160 / 90 mmHG eine Behandlung eingeleitet werden. Quelle: ESC/ESH guidelines for the management of arterial hypertension. EurHeart J 2018; 39 (33):3021
Kommentar: Der Blutdruck-Korridor sollte immer mit dem behandelnden Arzt festgelegt und die Therapie entsprechend ausgewählt werden. Besondere, hier nicht erwähnte Ausnahme-Situationen, können abweichende Zielwerte rechtfertigen.