Herzklappenfehler - TAVI - Endokarditis  -  Andere Herzfehler


 

TAVI oder OP? 10-Jahres-Ergebnisse

 

Bei Verengung der Aortenklappe (Stenose) kann zwischen klassischer Operation oder der Katheter-Therapie (Trans-Katheter Aortenklappen-Implantation, TAVI) entschieden werden. In der NOTION-Studie waren 280 Patienten mit schwerer Verengung der Aortenklappe, aber mutmaßlich geringem OP-Risiko, für eines der beiden Verfahren zufallsmäßig (randomisiert) ausgewählt worden. In dieser Studie wurde für den Katheter-Eingriff die selbst-expandierende Core-Valve (Medtronic) verwendet, in der OP-Gruppe handels-übliche Bio-Prothesen. Als wichtigstes Ergebnis fand sich nach 10 Jahren kein Unterschied in Bezug auf Todesfälle, Schlaganfälle und Herzinfarkte zwischen beiden Gruppen. Während Vorhofflimmern häufiger in der OP-Gruppe auftrat, waren nach TAVI häufiger Schrittmacher-Implantationen erforderlich. Die Notwendigkeit erneuter Klappen-Eingriffe war gering und in beiden Gruppen nicht unterschiedlich. 

  • Thyregod HGH. European Heart Journal, Volume 45, Issue 13, 1 April 2024, Pages 1116–1124, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehae043

Kommentar: Die Ergebnisse bestätigen die weitgehende Gleichwertigkeit der Verfahren im Langzeit-Verlauf. Allerdings sind bei der Auswahl des Behandlungs-Verfahrens vielfältige Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Wie bisher sollte das für den individuellen Patienten best-geeignete Verfahren im sog. "Heart-Team" von Kardiologen, Herz-Chirurgen und anderen Beteiligten gemeinsam ermittelt werden.

 

 

Endokarditis-Prophylaxe bewährt sich

 

Bei Zahnbehandlungen können Bakterien in den Blutstrom gelangen und eine Infektion der Herzinnenhaut (infektiöse Endokarditis), meist im Bereich der Herzklappen, verursachen. Patienten mit bestimmten Vorerkrankungen des Herzens sind besonders betroffen. Das bedrohliche Krankheitsbild führt zur Zerstörung der befallenen Herzklappen und unbehandelt zum Tod. Gefährdete Patienten erhalten daher kurz vor bestimmten Zahnbehandlungen prophylaktisch eine Antibiotika-Gabe, um der Entwicklung einer Endokarditis vorzubeugen (Endokarditis-Prophylaxe).

In einer aktuellen Untersuchung wurde anhand einer großen US-Datenbank überprüft, ob diese vorbeugende Therapie bei Risiko-Patienten das Auftreten einer Endokarditis verhindern kann. Besonders nach Zahn-Extraktionen oder oral-chirurgischen Eingriffen war das Risiko für die Entwicklung einer Endokarditis deutlich erhöht. Durch vorbeugende Gabe eines Antibiotikums vor der Zahnbehandlung konnte das Risiko um 50-90% reduziert werden. 

  • Thornhill M. J Am Coll Cardiol. , 0 (0) 

Kommentar: Die Ergebnisse bestätigen die Empfehlungen internationaler Leitlinien. Eine Endokarditis-Prophylaxe ist in der Regel erforderlich bei Patienten mit bestimmten kardialen Vorerkrankungen (s.u.), bei denen zahnärztliche Eingriffe mit einer Verletzung von  Zahnfleisch/Mundschleimhaut erfolgen. 

Wie oben gezeigt sind besonders Zahnextraktionen oder chirurgische Eingriffe in der Mundhöhle risikobehaftet. Bei Behandlung einer nur oberflächlichen Karies ist in der Regel keine prophylaktische Antibiotika-Gabe erforderlich. Vereinfacht ist immer dann, wenn es im Rahmen der Behandlung zu Blutungen kommt, eine Prophylaxe sinnvoll.  

Vornehmlich für Patienten mit folgenden kardialen Vorerkrankungen kommt eine Antibiotika-Gabe vor Zahn-Behandlungen in Frage:

- Patienten mit einem Ersatz von Herzklappen, auch Bioprothesen oder Klappen, die über einen Katheter-Eingriff (TAVI) implantiert wurden.

- Patienten, die schon eine Endokarditis durchgemacht haben.

- Patienten mit bestimmten angeborenen Herzfehlern, z.B. solche, die mit einer bläulichen Färbung von Haut und Schleimhaut (Zyanose) einhergehen. 

Im individuellen Fall ist immer die Absprache mit dem behandelnden Arzt erforderlich.   


 

Vorsicht mit Calcium bei Klappen-Stenose!

 

Rund 40% von mehr als 2600 Patienten mit leicht-mittelgradiger Verengung der Aortenklappe (Stenose) nahmen Calcium-Präparate ein. Im Verlauf über knapp 6 Jahre hatten Patienten mit Calcium-Einnahme im Vergleich zu anderen Patienten eine ca. 30% höhere Sterblichkeit und eine 48% höhere Wahrscheinlichkeit eines Aortenklappen-Ersatzes. 

  • Kassis N. Heart. 2022 May 25;108(12):964-972. doi: 10.1136/heartjnl-2021-320215. 

Kommentar: Bei Patienten mit Aortenklappen-Stenose sollte daher die Indikation für die Einnahme von Calcium-Präparaten kritisch überprüft werden. 


 

TAVI auch bei undichter Herzklappe

 

Bei der Trans-Katheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI) wird eine neue Herzklappe zusammengefaltet durch einen schlanken Katheter in das Herz eingebracht. Bisher war die Technologie bei Patienten mit verengter Aortenklappe (Stenose) etabliert. Für die sog. "JenaValve" besteht eine europäische Zulassung sowohl für Patienten mit Stenose als auch für Patienten mit undichter Aortenklappe (Insuffizienz). Auf einem aktuellen Kongress wird nun auch über den Einsatz dieses Verfahrens bei 45 Patienten mit Insuffizienz der Aortenklappe berichtet. Die technische Erfolgsrate in diesen Fällen betrug 100%. 

  • Tamm A: EuroPCR 2022, 17. – 20. Mai, Paris
  • Overbeck P. Kardiologie.org, 19.5.2022 

Kommentar: Damit scheint eine weitere Domäne der klassischen Herzchirurgie zumindest in ausgewählten Fällen auch durch Katheter-Verfahren gut behandelbar zu sein. Allerdings sind weitere Studien, insbesondere im direkten Vergleich zur konventionellen Operation und zur Beurteilung von Sicherheit und Effektivität im langfristigen Verlauf erforderlich.


 

Haltbarkeit von Herzklappen-Bioprothesen

 

Bei einem operativen Ersatz von Herzklappen fällt die Wahl häufig auf sog. Bioprothesen. Diese  bestehen aus speziell verarbeiteten biologischen Geweben (z.B. von Rindern oder Schweinen). Anders als bei mechanischen Herzklappen ist bei Trägern von Bioprothesen meist keine dauerhafte Behandlung mit Antikoagulantien (z.B. Marcumar) zur Blutverdünnung erforderlich. Nachteilig ist allerdings die begrenzte Haltbarkeit der biologischen Prothesen. Aktuell wird über die Langzeit-Ergebnisse von nahezu 17.000 Patienten aus Schweden berichtet, bei denen ein operativer Ersatz der Aortenklappe mittels Bioprothesen erfolgt war. In Abhängigkeit vom jeweiligen Klappen-Modell war ein erneuter Klappen-Eingriff innerhalb von 10 Jahren nur bei 3,6 bis 12,2 % der Patienten erforderlich. 

  •  Persson M. JAMA Netw Open. 2022;5(3):e220962. doi:10.1001/jamanetworkopen.2022.0962

Kommentar: Die Ergebnisse belegen die insgesamt gute Langzeit-Haltbarkeit von biologischen Herzklappen-Prothesen. Da es sich nur um eine rückblickende (retrospektive) Auswertung handelt, lässt sich ein kausaler Zusammenhang zwischen Klappen-Modellen und Langzeitergebnis nicht sichern. Im Einzelfall können z.B. anatomische Besonderheiten des Patienten den Ausschlag für die Auswahl einer bestimmten Herzklappe geben. 


 

Jetzt auch Tricuspidal-Klappe über Katheter

 

Die Tricuspidalklappe liegt im rechten Herzen zwischen Vorhof und Kammer. Sie ist oft relativ (sekundär) undicht durch allgemeine Herzerweiterung, z.B. bei Klappenfehlern des linken Herzens. Die Behandlung gestaltete sich bisher problematisch. Aktuell wird über einen Klappenersatz per Katheter berichtet. Von US-Kardiologen wurde die sog. EVOQUE-Klappe bei 132 Patienten mittels Herzkatheter-Technik implantiert. Das Verfahren war technisch in 96% der Fälle erfolgreich und führte bei allen behandelten Patienten im Verlauf von 6 Monaten zu einer teils deutlichen Besserung der Beschwerde-Symptomatik.

  • Kodali S: TCT-Kongress, 4.–6. November 2021
  • Schlimpert V, Kardiologie.org, 12.11.2021

Kommentar: Damit steht in Zukunft ein weiteres vielversprechendes Konzept für diesen bisher schwer behandelbaren Klappenfehler zur Verfügung. Weitere wertvolle Erkenntnisse werden von einer derzeit laufenden randomisierten Studie erwartet.


 

Vorteile bei früher OP der Aortenstenose

 

Für Patienten mit hochgradiger Verengung der Aortenklappe stellt sich oft die Frage des richtigen OP-Zeitpunktes. In der Regel ist der Zeitpunkt für einen Ersatz der Klappe dann gekommen, wenn Symptome wie zunehmende Luftnot bei Belastung, Ohnmachts-Anfälle oder Brustschmerzen (Angina pectoris) auftreten. Unsicherheit bestand bisher bei Patienten, die trotz hochgradiger Klappen-Verengung noch beschwerdefrei waren. Diese Frage hat nun ein Forscherteam näher untersucht. Insgesamt 157 Patienten wurden randomisiert (zufallsmäßig, wie beim Werfen einer Münze) entweder operiert oder weiter nur beobachtet. Im Verlauf über 32 Monate waren bei den operierten Patienten nur 13 Komplikationen (Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall oder akute Herz-Schwäche) aufgetreten, im Vergleich zu 26 Fällen in der Gruppe ohne Operation.  

  • Banovic M. Circulation,13 Nov 2021 https://doi.org/10.1161/CIRCULATIONAHA.121.057639

Kommentar: Die Ergebnisse sprechen dafür, auch bei noch beschwerdefreien Patienten frühzeitig einen Ersatz der Herzklappe zu planen, wenn die Bedingungen einer hochgradigen Einengung gegeben sind. In der vorliegenden Studie wurde bei allen Patienten ein operativer Klappenersatz vorgenommen. Es wäre zu prüfen, ob auch bei einem Katheter-Eingriff (Trans-Katheter Aortenklappen-Implantation, TAVI) vergleichbare Ergebnisse erzielt werden. 


 

TAVI und OP langfristig gleichauf

 

Bei Verengung der Aortenklappe (Stenose) kann zwischen klassischer Operation oder der Katheter-Therapie (Trans-Katheter Aortenklappen-Implantation, TAVI) entschieden werden. In der SURTAVI-Studie waren mehr als 1700 Patienten einem den beiden Therapie-Verfahren randomisiert (zufallsmäßig, wie beim Werfen einer Münze) zugeteilt worden. In dieser Studie wurde für den Katheter-Eingriff die selbst-expandierende Core-Valve ausgewählt. Das mittlere Alter der Patienten lag bei 80 Jahren. Im Langzeit-Verlauf nach 5 Jahren fand sich kein wesentlicher Unterschied bezüglich der kombinierten Betrachtung von Todesfällen oder Schlaganfällen. Die Klappen-Öffnung war sogar etwas besser nach TAVI. Dafür waren in der OP-Gruppe weniger Undichtigkeiten der Klappe, sowie weniger Zweit-Eingriffe und Schrittmacher-Implantationen notwendig. 

  • Van Mieghem N, SURTAVI-Studie, TCT-Kongress. November 2021
  • Overbeck P,  Kardiologie.org, 9.11.2021 

Kommentar: Bei der Auswahl des geeigneten Behandlungs-Verfahrens sind im Einzelfall vielfältige Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Aktuelle Leitlinien sehen das Alter der Patienten als ein wichtiges Entscheidungs-Merkmal, wobei ein Alter von mehr als 75 Jahren für TAVI spricht. Wie bisher sollte das für den individuellen Patienten best-geeignete Verfahren im sog. "Heart-Team" von Kardiologen, Herz-Chirurgen und anderen Beteiligten gemeinsam ermittelt werden.


 

PFO-Verschluss verhindert Tauch-Unfälle

 

Beim offenen Foramen ovale (patent foramen ovale - PFO) handelt es sich um eine kleine Öffnung in der Herzscheidewand, die im vorgeburtlichen Kreislauf erforderlich ist und sich nach der Geburt meistens verschließt. Bei etwa einem Viertel der Menschen bleibt die kleine Öffnung jedoch, meist unbemerkt, bestehen. Gelegentlich kann über diesen Weg aber ein Gerinnsel in das Gehirn gelangen und so einen Schlaganfall verursachen. Dann wird der Defekt in der Regel über einen Katheter-Eingriff mit einem kleinen „Schirmchen“ verschlossen. Auch bei Tauchern kann der kleine Defekt zu Problemen führen. Im Rahmen der Dekompressions-Krankheit, z.B. bei zu schnellem Auftauchen, können Stickstoff-Blasen über den Defekt in den großen Kreislauf gelangen. In einer aktuellen Untersuchung wurde bei 55 Tauchern mit größerem PFO ein Verschluss durchgeführt, bei 98 Tauchern wurde lediglich ein konservatives, sehr auf Sicherheit bedachtes, Tauch-Verhalten empfohlen. Im Verlauf von rund 7 Jahren trat bei keinem der 55 Patienten mit verschlossenem PFO eine Dekompressions-Krankheit auf, dagegen bei 11 von 98 Patienten ohne Verschluss. 

  • Honek J. J Am Coll Cardiol Img. Aug 18, 2021. Epublished DOI: 10.1016/j.jcmg.2021.06.019 
  • Goshua A. Medscape Medical News, August 18, 2021 

Kommentar: Es ist zu berücksichtigen, dass die o.g. genannten Tauchgruppen jeweils ein größeres PFO aufwiesen und mehrere tausend Tauchgänge absolviert hatten. Für die Mehrzahl der Gelegenheits-Taucher, insbesondere bei nur kleinem PFO, dürfte sich daher weiter ein konservatives, auf Sicherheit bedachtes Tauchverhalten, als Strategie anbieten. Letztlich muss die Entscheidung aber immer individuell in enger Absprache mit dem betreuenden Taucharzt getroffen werden. 


 

Welche Therapie nach TAVI?

 

Nach einer sog. Trans-Katheter-Implantation der Aortenklappe (TAVI) ist eine anti-thrombotische Therapie erforderlich, um die Bildung von Blutgerinnseln an der Klappe zu verhindern. Wegen einer bisher uneinheitlichen Vorgehensweise wurde jetzt ein Konsensus-Papier der europäischen Herzgesellschaft erstellt.

Normalerweise reicht nach TAVI die alleinige Therapie mit ASS (Acetylsalicylsäure). Wenn aber  eine Indikation für Gerinnungshemmer (Marcumar oder direkte orale Antikoagulantien, DOAK) besteht, dann erfogt diese Therapie, anstelle von ASS.

Wenn in den Monaten zuvor ein koronarer Stent implantiert wurde, dann sollen alle Patienten über einen begrenzen Zeitraum von 1-6 Monaten zusätzlich einen Plättchenhemmer (z.B. ASS oder Clopidogrel) erhalten.

  • Ten Berg J et al. European Heart Journal, ehab196, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehab196 

Kommentar: Mit diesem Experten-Konsens wird Unsicherheiten in der wichtigen Nachsorge-Therapie nach TAVI begegnet. Erfahrungsgemäß sind Empfehlungen zur antithrombotischen Therapie einem raschen Wandel unterworfen. 


 

Mit angeborenem Herzfehler zum Kardiologen

 

Patienten mit angeborenen Herzfehlern werden im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter von speziell ausgebildeten Kinder-Kardiologen betreut. Durch vielfältige Fortschritte der Medizin erreichen heute viele dieser Patienten das Erwachsenenalter. Dann bricht die gute kardiologische Betreuung leider noch häufig ab. Eine aktuelle Studie der Universität Münster über einen Zeitraum von 3 Jahren zeigt, dass nur die Hälfte von rund 24.000 Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler (EMAH) auch kardiologisch betreut wurde. Die Sterberate war bei Patienten ohne kardiologische Nachsorge 19% höher. 

  • Diller GP. European Heart Journal, ehab422, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehab422. 16.7.2021

Kommentar: Auch im Erwachsenenalter muss eine kompetente kardiologische Betreuung von Patienten mit angeborenen Herzfehlern gewährleistet sein. Größere Herz-Zentren bieten oft eine Anbindung in Spezial-Ambulanzen für EMAH-Patienten an.  


 

Neue Herzklappe via Herzkatheter

 

Für Patienten mit einer Undichtigkeit (Insuffizienz) der sog. Tricuspidalklappe (Herzklappe zwischen rechtem Vorhof und rechter Kammer des Herzens) besteht bisher die Option, die Klappe operativ zu ersetzen oder zu rekonstruieren. Letzteres kann im Rahmen eines operativen Eingriffs oder durch einen Herzkatheter erfolgen. Für Patienten, die aufgrund ihres schlechten Allgemein-Zustands nicht mehr operabel sind, kann jetzt eine neue biologische Herzklappe auch über einen Herzkatheter von der Leiste aus implantiert werden. In einer weltweiten Studie wurde die Klappe (EVOQUE) bei 25 Patienten (auch in Mainz und München) mit gutem Erfolg eingesetzt. 

  • Fam NP et al. J Am Coll Cardiol Intv 2021; DOI: 10.1016/j.jcin.2020.11.045 
  • Schlimpert V, Kardiologie.org, 12.2.2021

Kommentar: Mit der neuen Katheter-Klappe steht auch für sonst schwer behandelbare Patienten eine neue Therapie-Option zur Verfügung. Die technische Optimierung, aber auch Fragen der medikamentösen Begleit-Therapie, werden Gegenstand der weiteren Forschung sein. 


 

Lange Haltbarkeit bei biologischer Herzklappe

 

Bei operativem Ersatz einer Herzklappe muss entschieden werden, ob eine mechanische Herzklappe oder eine biologische Herzklappe zum Einsatz kommt. Erstere besteht aus High-Tech-Materialien wie Karbon und zeichnet sich durch praktisch unbegrenzte Haltbarkeit aus. Wegen der Gefahr von Gerinnsel-Bildungen auf der Klappen-Oberfläche ist aber eine lebenslange Behandlung mit Gerinnungshemmern wie Marcumar erforderlich. Biologische Klappen werden aus biologischen Geweben, z.B. aus dem Herzbeutel-Gewebe von Rindern (Rinder-Perikard) hergestellt. Zwar ist hier keine Marcumar-Behandlung erforderlich. Leider ist aber die Langzeit-Haltbarkeit eingeschränkt. Nicht selten kommt es nach einigen Jahren zu Verkalkungen und strukturellen Schäden, bis hin zur Funktions-Unfähigkeit der Klappe, sodass in diesen Fällen ein erneuter Eingriff erforderlich wird. Aktuell wird über eine Herzklappe (Inspiris) mit einer neuartigen Beschichtung (Resilia) berichtet. Das Oberflächen-Gewebe der aus Rinder-Perikard bestehenden Herzklappe ist speziell so bearbeitet, dass eine Anlagerung von Verkalkungen verhindert wird. Bei rund 470 Patienten mit operativem Ersatz der Aortenklappe konnte jetzt im Verlauf von 5 Jahren bei keinem Patienten eine Verkalkung nachgewiesen werden.

  • Bavaria J et al.  Society of Thoracic Surgeons 2021
  • Nicole Lou, MedPage Today, February 1, 2021

Kommentar: Die Beobachtung des weiteren Langzeitverlaufs ist geplant. Die vielversprechenden Ergebnisse lassen auch an einen möglichen Einsatz des neuen Konzeptes im Rahmen der Trans-Katheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI) denken. 


 

Stabile Hirnfunktion nach Herzklappen-Ersatz

 

Bei 1000 Patienten war in der sog. PARTNER- Studie der klassische operative Herzklappen-Ersatz mit dem Katheter-gestützten Verfahren (TAVI) verglichen worden.  In einer aktuellen Analyse wurde die neurokognitive Funktion (kurz Hirnfunktion) mit verschiedenen Test-Verfahren vor der Therapie und 1 Jahr nach der Therapie verglichen. Dabei zeigte sich im 1-Jahres Verlauf keine wesentliche Änderung, unabhängig von dem initial gewählten Therapie-Verfahren. Bei einer kleinen Gruppe von Patienten mit bereits vor dem Eingriff eingeschränkter Hirnfunktion war 1 Jahr nach dem Eingriff sogar eine Besserung nachweisbar.    

  • Potluri S et al. J Am Coll Cardiol Cardiovasc Interv. 2020 Nov, 13 (22) 2713–2714

Kommentar: Störungen von Hirnfunktionen waren also im Langzeit-Verlauf bei keinem der beiden Therapie-Verfahren nachweisbar. Im Gegenteil zeichnet sich bei Patienten mit bereits vor dem Eingriff eingeschränkter Funktion (möglicherweise als Folge des Herzklappenfehlers), nach dem Eingriff  eine Verbesserung ab. Siehe auch früheren HERZ-NEWS-Beitrag weiter unter: "Bessere Hirnleistung nach Klappenersatz".


 

Katheter-Klappe hält auch langfristig 

 

Bei der Trans-Katheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI) wird die neue Herzklappe zusammengefaltet durch einen schlanken Katheter zum Herzen vorgebracht. Erste Klappenmodelle waren chirurgisch implantierten Bio-Prothesen im Hinblick auf die Langzeit-Haltbarkeit noch unterlegen. Für die neuere Klappen-Generation SAPIEN-3 zeigen sich jetzt im Vergleich zu ausgewählten Patienten nach OP keine relevanten Unterschiede mehr in der Langzeit-Haltbarkeit über 5 Jahre.

  • Pibarot P et al. JACC, Volume 76, Issue 16, October 2020DOI: 10.1016/j.jacc.2020.08.049 

Kommentar: Bei der Auswahl des geeigneten Behandlungs-Verfahrens sind im Einzelfall vielfältige Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Gerade bei jüngeren Patienten wurde oft mit einer längeren Haltbarkeit der chirurgisch implantierten Klappe argumentiert. Zumindest für die sog. SAPIEN-3-Klappe und für einen Zeitrahmen von 5 Jahren scheint dieser Gesichtspunkt nicht mehr im Vordergrund zu stehen. Allerdings bleibt kritisch einzuschränken, dass es sich bei den obigen Ergebnissen nicht um einen sog. randomisierten Vergleich handelt. Das Kollektiv der OP-Patienten wurde rückblickend aus einer anderen Studie zum Vergleich herangezogen. Auch muss der weitere langfristige Verlauf beobachtet werden. Wie bisher sollte das für den individuellen Patienten am besten geeignete Verfahren im sog. "Heart-Team" von Kardiologen, Herz-Chirurgen und anderen Beteiligten gemeinsam ermittelt werden.   


 

Welcher Klappentyp bei TAVI?

 

Bei der Trans-Katheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI) wird die neue Herzklappe zusammengefaltet durch einen schlanken Katheter zum Herzen vorgebracht. Prinzipiell kommen zwei unterschiedliche Klappen-Typen zum Einsatz, sog. Ballon-expandierbare oder selbst-expandierende Klappen. Im ersten Fall wird das Metallgerüst um einen Ballon gefaltet. Im Herzen angekommen, wird der Ballon und damit auch das Klappengerüst aufgedehnt. Im zweiten Fall    entfaltet sich das Metallgerüst, wenn es im Herzen freigesetzt wird, aufgrund der besonderen Metall-Eigenschaften (Memory-Metall) von allein. In einer aktuellen randomisierten Studie (zufallsmäßige Zuteilung, wie beim Werfen einer Münze) waren die beiden Klappen-Typen bei 447 Patienten miteinander verglichen worden. Nach einem Jahr zeigte sich bei sonst ähnlichen Ergebnissen mit 6,9% eine höhere Rate an Schlaganfällen mit dem Ballon-expandierbaren Klappen-Typ, gegenüber 1,0% bei selbst-expandierender Klappe.  

  • Feistritzer HJ; vorgestellt am 10.09.2020 beim DGK.Online 2020
  • Schlimpert V. Kardiologie.org 15.9.2020

Kommentar: In einer großen retrospektiven Studie war dagegen vor einigen Monaten über eine höhere Sterberate mit dem selbst-expandierenden Klappen-Typ berichtet worden. Allerdings handelte es sich eben nicht um eine randomisierte Studie. Für eine endgültige Stellungnahme sind die bisher relativ kurzen Beobachtungs-Zeiträume nicht ausreichend, um die langfristigen Komplikations-Raten und insbesondere die Haltbarkeit der Klappen-Typen zu beurteilen. 


 

Verengte Herzklappe durch Übergewicht

 

In der UK-Biobank mit mehr als 360.000 Teilnehmern wurde untersucht, wie sich das genetisch vorhersagbare Risiko für Übergewicht auf Erkrankungen des Kreislauf-Systems auswirkt. Bei erblich bedingtem Übergewicht im Sinne eines erhöhten Body-Mass-Index oder des sog. Fettmassen-Index hatten die Betroffenen deutlich höhere Risiken für Herzinfarkt, Herzschwäche, Venenthrombose, Lungenembolie und Schlaganfall. Der auffälligste Zusammenhang zeigte sich dabei aber zwischen Übergewicht und der Entwicklung von Aortenklappen-Stenosen (Verengung der Aortenklappe). 

  • Larsson SC et al. Eur Heart J 2020 Jan 7;41(2):221-226. doi: 10.1093/eurheartj/ehz388.
  • Gerste R , Deutsches Ärzteblatt, Jg 117, Heft 27-28, 6.7.2020

Kommentar: Die Studie ermittelte nur die Risiken des erblich bedingten Anteils von Übergewicht. Gleichwohl überrascht der auffällige Zusammenhang mit dem häufigen Klappenfehler. Dies eröffnet gute Optionen für präventive Maßnahmen. Betroffene sollten dabei unterstützt werden, durch Lebensstil-Interventionen u.a. Maßnahmen das sonst hohe Risiko günstig zu beeinflussen. 


 

Bessere Hirnleistung nach Klappen-Ersatz

 

Bei einer Verengung der Aortenklappe (Aortenklappen-Stenose) wird das Herz daran gehindert, eine ausreichende Menge an Blut in den Kreislauf zu pumpen. Die Folge ist eine mangelnde Versorgung der Organe mit Sauerstoff. Betroffene Patienten leiden an Luftnot, Leistungsschwäche, Schwindel und Ohnmachts-Anfällen. Zur Therapie wird eine künstliche Aortenklappe, meist mittels Katheter-Technik (TAVI), implantiert. In einer aktuellen japanischen Studie wurden 15 ältere Patienten vor und 3 Monate nach TAVI untersucht. Die Forscher beurteilten die kognitiven Leistungen der Patienten mit Gedächtnis-Tests. Zusätzlich wurde auch die Hirndurchblutung mit bestimmten Verfahren der Computer-Tomographie (CT) gemessen. Es zeigte sich nach Klappen-Ersatz eine deutlich verbesserte Hirndurchblutung und parallel auch eine bessere kognitive Leistungsfähigkeit. 

  • Tsuchiya S et al. EuroIntervention 2020 April 3; 15(18):e1580-e1587
  • Kompakt Kardiologie 3/2020 

Kommentar: Die Studie belegt, dass die Behandlung der verengten Herzklappe nicht nur zu einer besseren Blutversorgung des Gehirns, sondern auch zu einer Verbesserung der kognitiven Funktion führt. 


 

Mitralklappen-Prolaps: nicht immer harmlos 

 

Beim Mitralklappen-Prolaps handelt es sich um eine meist angeborene Anomalie der Mitralklappe, die bei 2-3% der Menschen gefunden wird. In den meisten Fällen verursacht diese Anomalie keine Beschwerden, gelegentlich werden aber plötzliche Todesfälle infolge von Herzrhythmus-Störungen beobachtet. In einer aktuellen Übersicht werden Merkmale zusammengestellt, die mit einem erhöhten Risiko für einen plötzlichen Herztod vergesellschaftet sind.

 

Normale Funktion der Mitralklappe

Die Mitralklappe befindet sich zwischen linkem Vorhof und linker Herzkammer. Sie wirkt als Ventil, dass den Blutstrom wie die anderen Herzklappen nur in einer Richtung zulässt. Bei der Kontraktion der linken Herzkammer (Systole), durch die das Blut aus der Kammer in den großen Kreislauf gefördert wird, schließen sich die beiden Segel der Mitralklappe, um ein Zurückfließen von Blut in  den linken Vorhof zu verhindern.

 

Was ist anders bei Mitralklappen-Prolaps?

Durch eine zugrundeliegende Störung des Bindegewebes mit oft vorhandenem überschüssigen Gewebe wölben sich die Klappensegel (eines oder beide) bei Mitralklappen-Prolaps während der Systole in den Vorhof hinein (wie ein geblähtes, "bauchiges" Schiff-Segel). Das Vorliegen einer solchen Anomalie kann im Rahmen einer Herz-Ultraschall-Untersuchung (Herz-Echo) festgestellt werden.

 

Welche Folgen hat ein Mitralklappen-Prolaps?

In den meisten Fällen verläuft die Fehlbildung asymptomatisch. Häufig kann es aber zu einer Undichtigkeit zwischen den beiden Segeln kommen, sodass Blut in den Vorhof zurückfließen kann (Mitralklappen-Insuffizienz). Atemnot und Leistungsschwäche können die Folge sein. Besonders gefürchtet sind aber gelegentliche, überwiegend bei jungen Frauen auftretende, bedrohliche Rhythmus-Störungen, die zum plötzlichen Herztod führen können. 

 

Wer ist gefährdet?

Eine aktuelle Auswertung bisheriger Studien-Ergebnisse ergibt, dass die folgenden Merkmale mit einem höheren Risiko für einen plötzlichen Herzstillstand verbunden sind:

  • Veränderungen im Ruhe-EKG, z.B. sog. T-Negativierungen der Hinterwand
  • Im Langzeit-EkG  komplexe Rhythmus-Störungen
  • Das Vorhandensein eines Prolaps beider Mitralklappen-Segel 
  • Eine Verdickung der Mitralklappen-Segel und andere spezielle Merkmale im Herz-Ultraschall 
  • Deutliche Ausprägung einer Mitralklappen-Insuffizienz 
  • Vernarbungen der Herzmuskulatur im MRT (Magnet-Resonanz-Tomographie)

Welche Diagnostik ist erforderlich?

Bei Patienten mit Mitralklappen-Prolaps sollte sorgfältig auf das Vorliegen von Risiko-Merkmalen geachtet werden. Neben dem Ruhe-EKG kommt dabei dem Langzeit-EKG und der Herz-Ultraschall-Untersuchung eine maßgebliche Rolle zu.  

  • Muthukumar L et al. JAMA Cardiol. 2020; doi:10.1001/jamacardio.2020.14
  • Schlimpert V, Kardiologie.org 4.6.20

Kommentar: Eine Herausforderung besteht darin, aus der großen Zahl von Personen mit harmlosem Prolaps diejenigen zu identifizieren, die von einem plötzlichen Herztod bedroht sein könnten. Besonders auf das Vorliegen von Herzrhythmus-Störungen sollte dabei geachtet werden.  Betroffene Patienten bemerken oft phasenweise einen unregelmäßigen Herzschlag, der als "Herzstolpern" oder "Aussetzer" beschrieben wird. In diesen Fällen, aber auch schon bei beschwerdefreien Patienten, sollte immer ein Langzeit-EKG abgeleitet werden, um Herzrhythmus-Störungen zu erfassen, ggf. auch über mehrere Tage. Eine noch eingehendere Diagnostik ist geboten, wenn kurze Ohnmachts-Anfälle (Synkopen) auftreten. Gegebenenfalls kann mit einer elektrophysiologischen Untersuchung oder der Implantation eines sog. Ereignis-Recorders (Event-Recorder) die Risiko-Einschätzung verbessert werden. Vorbeugend können Betablocker und die Vermeidung von Genussmitteln wie Kaffee, Nikotin oder Alkohol sinnvoll sein. In einzelnen Fällen mit besonders hohem Risiko kann eine sog. Ablation oder Defibrillator-Implantation erwogen werden.  


 

Herzklappen-Verengung medikamentös vermeidbar? 

 

Eine Verengung der sog. Aortenklappe (Aortenklappen-Stenose) erfordert in fortgeschrittenen Stadien einen Klappenersatz durch einen operativen Eingriff oder eine Katheter-Intervention (TAVI). Eine meist mit dem Alter zunehmende Klappen-Verengung konnte bisher nicht durch Medikamente verhindert werden. Aktuell geben neue Auswertungen der FOURIER-Studie Anlass zu Hoffnung. In dieser Studie war der Cholesterin-Senker Evolocumab (Repatha®)  bei mehr als 27.000 Patienten im Vergleich zu Placebo (Schein-Medikament) untersucht worden. Es konnte eine deutliche Reduktion von LDL-Cholesterin und auch dem sog. Lipoprotein-a (Lp-a) erreicht werden. In einer neueren Analyse dieser Studie wurde jetzt das Fortschreiten einer Aortenklappen-Stenose ausgewertet. Während der mehr als  2 Jahre laufenden Studie fanden sich etwa 30% weniger Fälle mit fortschreitender Klappen-Stenose bei Behandlung mit Evolocumab. Insbesondere im 2. Jahr der Studie  wurden nur halb soviel Klappen-Probleme beobachtet.   

Quelle: Bergmark B et al. ACC Abstract 30.3.2020.

Zoler M. Medscape; 21.4.2020

 

Kommentar: Die Ergebnisse überraschen, da in früheren Studien zur Cholesterin-Senkung mit den sog. Statinen kein Einfluss auf das Fortschreiten von Klappenstenosen nachgewiesen werden konnte. Ob die noch wirksamere Cholesterin-Senkung mit Evolocumab für das aktuelle Ergebnis verantwortlich ist oder die zusätzliche Senkung des Lipoprotein-a, bleibt zunächst offen. Anders als mit Statinen kann mit Evolocumab auch das Lp-a deutlich gesenkt werden. Die aktuellen Daten zeigen erstmals eine medikamentöse Option, die Entwicklung einer Aortenklappen-Stenose  zu verhindern oder zumindest zu verlangsamen. Allerdings sollte diese Frage in diesbezüglich randomisierten Studien weiter untersucht werden. 


 

"Klappe-in-Klappe"  bei  defekter Bio-Prothese

 

Häufig wird bei einem operativen Ersatz der Aortenklappe eine sog. Bio-Prothese gewählt. In diesem Fall bleibt dem Patienten die dauerhafte Einnahme von Medikamenten zur Blutgerinnungs-Hemmung (meist Marcumar® ) erspart. Oft ist aber nach einigen Jahren die Bio-Prothese so defekt, dass ein 2. operativer Eingriff mit erneutem Klappenersatz erforderlich wird. Alternativ kann heute über einen Katheter auch eine neue Klappe in die alte Klappe implantiert werden („Valve-in-valve“ oder "Klappe-in-Klappe"-Verfahren). Kanadische Forscher haben rückblickend die beiden Verfahren bei 262 Patienten, die sich paarweise in wesentlichen Parametern ähnelten, verglichen. Dabei zeigte sich eine geringere Sterblichkeit für das "valve in valve" Verfahren im Vergleich zu einem 2. operativen Eingriff.

 

Quelle: Tam D.Y. et al.: J Am Coll Cardiol Intv 2020; 13:765–74

 

Kommentar: Da es sich nur um eine rückblickende Betrachtung handelt, bleibt fraglich, ob die beiden Therapie-Gruppen in den Ausgangs-Bedingungen wirklich vergleichbar waren. Letztlich wird sich die Frage nur in einer sog. prospektiven randomisierten  Studie  klären lassen. Es bleibt auch zu bedenken, dass mit dem Katheter-Verfahren nur wieder eine biologische Prothese implantiert werden kann,  während chirurgisch auch die Option einer mechanischen Herzklappe mit praktisch unbegrenzter Haltbarkeit besteht. Insbesondere bei Patienten mit hohem Operations-Risiko bietet sich aber das Katheter-Verfahren als  sinnvolle Alternative an.  Da im individuellen Fall zahlreiche Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind, sollte die Entscheidung immer im sog. "Heart-Team" unter Einbindung aller beteiligten Fachrichtungen getroffen werden.


 

Weniger Migräne nach PFO-Verschluss

 

Bei allen Menschen ist im vorgeburtlichen Kreislauf eine direkte offene Verbindung in der Herzscheidewand zwischen dem rechten und linken Herz-Vorhof notwendig. Nach der Geburt wird diese Verbindung nicht mehr benötigt, sodass sie sich bei den meisten Menschen verschließt.

 

PFO nur meistens harmlos

Bei etwa jedem Vierten bleibt die Verbindung aber lebenslang bestehen. Sie wird allgemein als „Loch im Herz“, oder mit dem Fachbegriff „offenes Foramen ovale“ bzw. PFO bezeichnet. Während dies in der Regel keine Auswirkungen im weiteren Leben hat, kann es gelegentlich eine Ursache für Schlaganfälle darstellen. In diesen Fällen wird dann das Loch über einen kleinen Katheter-Eingriff mit Hilfe eines sog. Schirmchens verschlossen. Dabei berichteten einige Patienten, die zuvor zusätzlich auch unter Migräne litten, über eine Besserung der Migräne-Symptome nach einem solchen Verschluss des PFO. 

 

In einigen Fällen Besserung der Migräne

Aktuell wurden die Ergebnisse von 2 Studien zusammenfassend ausgewertet. Bei etwa der Hälfte von 337 Migräne-Patienten war das PFO mit einem Schirmchen (Amplatzer Occluder) verschlossen worden, bei der anderen Hälfte nicht. Im folgenden Jahr berichteten 14 Patienten (9%) mit PFO-Verschluss über ein vollständiges Verschwinden ihrer Migräne, dagegen nur 1 Patient (0,7%) bei weiterhin offenem Foramen ovale. Auch traten im Mittel weniger Migräne-Beschwerden bei Patienten mit PFO-Verschluss auf. Dagegen kam es zu einigen Eingriffs-bedingten Komplikationen, die aber keine dauerhaften Schädigungen zur Folge hatten.   

  • Mojadidi M et al JACC. Feb, 77 (6) 667–676 

Kommentar: Es wird vermutet, dass durch die weiter bestehende Verbindung chemische Substanzen wie z.B. Serotonin in den großen Kreislauf gelangen und eine entsprechende Reaktion des Gehirns auslösen können. Diese Thematik ist weiter Gegenstand aktueller Forschung. Die o.g. vielversprechenden Daten rechtfertigen noch keine generelle Indikation zum Verschluss des PFO bei Migräne-Patienten. Hierzu müssen die Ergebnisse weiterer noch laufender Studien abgewartet werden. Dabei sind insbesondere die möglichen Risiken des Eingriffs gegenüber den möglichen Vorteilen abzuwägen. Auch muss besser herausgearbeitet werden, bei welchen Patienten eine Besserung der Migräne-Symptome nach einem PFO-Verschluss zu erwarten ist.  


 

Jetzt auch Tricuspidal-Klappe mit “Clip” behandelbar

 

Während die Mitral-Klappe (Klappe zwischen  linkem Herz-Vorhof und linker Herz-Kammer) schon seit längerem erfolgreich über einem Katheter behandelt werden kann, konnte  die Tricuspidal-Klappe (Klappe zwischen rechtem Herz-Vorhof und rechter Herzkammer) in der Regel nur  im Rahmen einer offenen Herz-Operation behandelt werden. Meist kommt es  zu einer Undichtigkeit (Insuffizienz) der Tricuspidal-Klappe bei einer Herz-Vergrößerung, wie sie z.B. im Rahmen einer Herzschwäche auftritt.  In der aktuellen “TRILUMINATE”-Studie wurden jetzt 85 Patienten mit undichter Tricuspidal-Klappe über einen Herz-Katheter behandelt. Dabei wurden mit Hilfe von sog. “Clips” (ähnlich wie Heft-Klammern) die Klappensegel zusammengeführt. Dadurch konnte das Ausmaß der Undichtigkeit bei 91% der Patienten verringert werden. Dies führte bei 86% der Patienten auch noch nach 6 Monaten zu einer Besserung der  Luftnot-Beschwerden.

 

Quelle: Nickenig G et al. Lancet 2019. Online 7. November 2019. Doi: 10.106/S0140-6736(19)32600-5

 

Kommentar:  Wie der Leiter der Studie, Prof. G. Nickenig aus Bonn,  mitteilt,  können insbesondere  schwerkranke, nicht mehr operable Patienten  neue Hoffnung schöpfen. Für die ersten Patienten zeigt sich nach mündlicher Auskunft der Studienärzte auch nach 12 Monaten ein anhaltend gutes Ergebnis. Ob das neue Verfahren die offene Herz-Operation auch bei anderen Patienten ersetzen kann,  muss  noch  in direkten Vergleichs-Studien geklärt werden.  


Neue Therapie bei wiederholter Herzbeutel-Entzündung

 

Entzündungen des Herzbeutels sind oft hartnäckig und können trotz der üblichen Behandlungen  wiederkehren (Rezidiv). Aktuell wurden die Ergebnisse von 224 Patienten mit wiederkehrender Herzbeutel-Entzündung zusammengestellt, die auf die übliche Standard-Therapie mit Steroiden (Cortison) und Colchicin nicht anhaltend ansprachen. Diese Patienten wurden mit dem Interkeukin-1-Rezeptor-Antagonist Anakinra über (im Mittel) 6 Monate behandelt. Es kam darunter zu einer erheblichen Besserung mit Abnahme von Rezidiven, Krankenhaus-Behandlungen und Komplikationen. Ernsthafte Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet.

  • Imazio M et al. Eur J Prev Cardiol 2020 Jun 15; 27(9):956-964.
  • Phend C, Medpage Today, 1.7.2020

Kommentar: Interleukin-1 ist ein sog. Botenstoff, der Entzündungen fördert. Er ist bei rheumatischen oder Autoimmun-Erkrankungen erhöht. Das hier eingesetzte Medikament Anakinra richtet sich gegen diesen Botenstoff. Die Therapie wird bisher z.B. bei Patienten mit rheumatoider Arthritis eingesetzt. 


 

Frühzeitiger Klappenersatz bei hochgradiger Aortenklappen-Stenose sinnvoll

 

Bei Patienten mit hochgradiger Einengung der sog. Aortenklappe (Aortenklappen-Stenose) kann ein Ersatz der Herzklappe je nach individuellen Kriterien entweder im Rahmen einer offenen Herz-Operation oder mit Hilfe von Katheter-Techniken erfolgen. Oft stellt sich die Frage des optimalen Zeitpunktes für einen Klappenersatz. Generell sprechen Symptome, wie z.B. Luftnot oder Brustenge bei Belastung,  für einen zeitnahen Klappen-Ersatz.  Bei Patienten, die trotz hochgradiger Einengung der Aortenklappe noch keine Beschwerden angeben, wird das Vorgehen kontrovers diskutiert. Im Fall einer frühzeitigen OP/Katheter-Intervention sind u.U. Komplikationen durch den Eingriff zu befürchten, die sonst vielleicht erst einige Jahre später aufgetreten wären. Bei zunächst konservativ medikamentöser Therapie wird insbesondere das Risiko plötzlicher, nicht selten tödlicher, Herzrhythmus-Störungen gefürchtet. In einer aktuellen koreanischen Studie wurden nun 145  Patienten mit sehr schwergradiger Stenose randomisiert (zufallsmäßig, wie beim Werfen einer Münze) 2 Behandlungs-Gruppen zugeteilt. In der einen Gruppe erfolgte der Klappen-Ersatz möglichst rasch innerhalb der nächsten Wochen, in der anderen Gruppe sollte zunächst weiter konservativ behandelt werden und nur bei Auftreten von Beschwerden ein Eingriff erfolgen.  Nach einer Nachbeobachtungs-Phase  von etwa  6 Jahren waren 5 Patienten in der Gruppe mit frühzeitigem Eingriff und 15 Patienten bei zunächst medikamentöser Therapie verstorben. Auch war bei 74% der Patienten  in der zunächst konservativen Gruppe zwischenzeitlich ein Eingriff wegen auftretender Beschwerden (im Median nach etwa 2 Jahren) erforderlich geworden. 

 

Quelle: Duk-Hyun K et al.: N Engl J Med. 2019, online 16. November 2019. DOI: 10.1056/NEJMoa1912846

 

Kommentar: Die Studie verdeutlicht das hohe Risiko bei Vorliegen einer hochgradigen Stenose der Aortenklappe. Unabhängig von Beschwerden kann die Prognose der Patienten offensichtlich durch einen frühzeitigen Klappenersatz verbessert werden. Ohnehin war auch bei einem zunächst konservativen Therapie-Versuch in den meisten Fällen ein Klappen-Ersatz im Verlauf nötig gewesen. Auch bleibt zu bedenken, dass Patienten mit hochgradiger Stenose stärkere körperliche Belastungen meiden sollten, um nicht das Auftreten bedrohlicher Herzrhythmus-Störungen zu provozieren. Der frühzeitige Klappen-Ersatz kann also auch die Lebens-Qualität durch bessere Belastbarkeit und  ein geringeres  Risiko für gefährliche Rhythmus-Störungen verbessern.


 

TAVI auch bei Patienten mit geringem OP-Risiko erfolgreich

 

Der Aortenklappen-Ersatz mittels TAVI (Trans-Katheter-Aortenklappen-Implantation) war als Alternative zum offen-chirurgischen Herzklappen-Ersatz  zunächst für Patienten mit hohem Operations-Risiko etabliert.  In der vorliegenden Studie wurden die beiden Ver- fahren nun bei 1000 Patienten mit nur geringem OP-Risiko  in einer randomisierten Studie (zufallsmäßige Verteilung, wie beim Werfen einer Münze) verglichen. Es zeigte sich, dass der TAVI-Eingriff bei dieser Patienten-Gruppe dem offen-chirurgischen Eingriff überlegen war. Insgesamt traten innerhalb eines Jahres in der TAVI-Gruppe weniger Todesfälle und Schlaganfälle auf. Auch waren weniger Krankenhaus-Behandlungen erforderlich. Es kam deutlich seltener zum Auftreten von Vorhofflimmern.  Kein Unterschied fand sich für den Bedarf einer Schrittmacher-Implantation.  Auch Undichtigkeiten neben der Herzklappe (paravalvuläre Insuffizienz) waren etwa gleich häufig in beiden Behandlungs-Gruppen.                       Quelle: Mack MJ et al. NEJM 2019;308(18):1695-1705

 

Kommentar:  Inzwischen konnten  in einer weiteren Studie mit anderem TAVI-Klappentyp die guten Ergebnisse mit TAVI bei Patienten mit geringem OP-Risiko weitgehend bestätigt werden. Die oberste US- Gesundheits-Behörde FDA hat den interventionellen Ersatz von Herzklappen (TAVI) nun auch  für Patienten mit geringem OP-Risiko genehmigt.  Die Auswahl des Therapie-Verfahrens ist im Einzelfall aber weiterhin komplex, da sehr viele Faktoren dabei berücksichtigt werden müssen. Das  individuell am besten geeignete  Therapie-Verfahren  wird in der Regel in einer sog. "Heart-Team"-Besprechung  erörtert, bei der Chirurgen, Kardiologen, Anästhesisten und oft auch betreuende Hausärzte ihre Expertise einbringen, um dann  gemeinsam mit dem Patienten eine Entscheidung treffen zu können.    


 

 Kleines Loch im Herz - große Wirkung 

 

Bei etwa jedem 4. Menschen findet man ein kleines Loch in der Scheidewand zwischen den Herzvorhöfen. Dieser Rest des vorgeburtlichen Kreislaufs wird als  offenes Foramen ovale (PFO) bezeichnet. Bei den meisten Menschen verschließt sich dieses kleine Loch nach der Geburt. Bei etwa jedem 4. bleibt aber ein kleines offenes Foramen ovale bestehen. Damit besteht  eine direkte Verbindung zwischen dem venösen Gefäß-System und den Arterien des  großen Kreislaufs. In der Regel entstehen dadurch keine Probleme. Gelegentlich kann aber durch dieses Loch  ein  Gerinnsel aus den Beinvenen in den großen Kreislauf gelangen und hier einen Schlaganfall  verursachen. Nach einem solchen Ereignis wird  das kleine Loch meist mit einem Schirmchen, das über einen Katheter eingebracht wird, verschlossen.

Eine neue Untersuchung zeigt nun,  dass das Vorliegen eines solchen offenen Foramen ovale (PFO) bei größeren Operationen mit  einem deutlichen Risiko verbunden ist. Ärzte der Harvard Medical School untersuchten bei über 144.000 Patienten, die sich einer OP mit Vollnarkose unterzogen, den postoperativen Verlauf über 2 Jahre.  In diesem Zeitraum trat bei 6,6% der Patienten mit einem offenen Foramen ovale ein Schlaganfall auf, dagegen nur bei  1.6 % der Patienten ohne PFO.  Patienten mit PFO sind also für einen längeren Zeitraum nach OP besonders anfällig für die Entwicklung eines Schlaganfalls. Das PFO-bedingte Risiko war bei intensiver Behandlung mit Gerinnungs-hemmenden Medikamenten (Kombinations-Therapie)  deutlich geringer.   

                                                                                                                                                                      Quelle: Friedrich S et al. Eur Heart J 2019; 40(11):914-924  

  

Kommentar: Größere Operationen sind immer mit dem Risiko der Entwicklung einer Beinvenen-Thrombose verbunden. Kleinere Gerinnsel-Bildungen können klinisch oft unbemerkt bleiben. Wenn diese mit dem Blutstrom verschleppt werden, gelangen sie in der Regel in die Lunge (Lungenembolie). Kleinere Embolien können auch hier klinisch unbemerkt bleiben. Wenn ein Gerinnsel, auch ein kleines, aber durch das offene Foramen ovale in den großen Kreislauf gelangt, können gravierende Schäden wie ein Schlaganfall auftreten. Die Ergebnisse der Untersuchung überraschen durch die Häufigkeit der Schlaganfälle und auch durch den langen Zeitraum, in dem die Patienten nach  OP immer noch gefährdet sind. Als Konsequenz ist eine sehr sorgfältige Thrombose-Prophylaxe bei allen Eingriffen, insbesondere bei Vorliegen eines PFO zu empfehlen.  Ob eine längerfristige, ggf. auch intensive,  antithrombotische Therapie nach größerer OP bei Patienten mit PFO sinnvoll ist,  muss weiteren Studien vorbehalten bleiben.


 

Endokarditis-Risiko nach Herzklappenersatz

 

Eine erkrankte Aortenklappe kann sowohl offen-chirurgisch als auch mit Hilfe von Katheter-Verfahren ersetzt werden (TAVI / Trans-Katheter-Aortenklappen-Implantation). Eine gefürchtete Komplikation nach einem Klappenersatz (entweder mechanische oder biologische Prothese) ist eine Infektion der Klappen-Prothese  (Endokarditis). In einem dänischen Register mit  mehr als 6400 Patienten wurde  untersucht, wie häufig eine Endokarditis bei den beiden Therapie-Verfahren auftritt. Über einen Zeitraum von im Mittel 3,6 Jahren wurde mit 5,8 % in der TAVI-Gruppe und 5.1% in der Chirurgischen Gruppe kein relevanter Unterschied zwischen beiden Behandlungen  festgestellt.                                         Butt JH et al. J Am Coll Cardiol 2019;73(13):1646-1655

 

Kommentar: Bei der Klappen-Endokarditis handelt es sich um ein ernstes,  nur schwer behandelbares Krankheitsbild. Unabhängig vom Therapie-Verfahren ist im Verlauf von wenigen Jahren bei ca.  5% der Patienten mit dieser gefürchteten Komplikation zu rechnen. Besondere Bedeutung kommt daher vorbeugenden Maßnahmen im Sinne einer sog. Endokarditis-Prophylaxe zu.  Zu diesem Zweck sollte immer ein Endokarditis-Ausweis getragen werden. Fast immer ist die Gabe eines Antibiotikums 30-60 Minuten vor Zahn-Behandlungen erforderlich. Vor allen Eingriffen und bei Infektionen ist immer die individuelle Absprache mit dem behandelnden Arzt erforderlich.