Welt-Herztag 2024: Thema Warnzeichen
Anlässlich des Welt-Herztages am 29.September macht die Herzstiftung auf Warnzeichen schwerwiegender Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufmerksam.
"Beim akuten Herzinfarkt sind typische Beschwerden:
"Die wichtigsten Warnzeichen eines Schlaganfalls können mit dem Akronym FAST (englisch für "schnell") zusammengefasst werden. Sie lassen sich leicht überprüfen:
"Eine Bluthochdruckkrise (oder hypertensive Krise) ist ein ernsthafter medizinischer Zustand, bei dem der Blutdruck extrem hoch wird (über 180/100 mmHg). Wenn keine ernsthaften Symptome vorliegen, kann man sich kurz hinlegen und nach etwa 15 bis 30 Minuten den Blutdruck erneut messen. Ist er dann nicht merklich gesunken oder sind Beschwerden vorhanden, drohen akut lebensbedrohliche Komplikationen. Es sollte daher immer der Notarzt unter 112 gerufen werden, wenn zu dem plötzlichen hohen Bluthochdruck mindestens eines der genannten Symptome auftritt:
Herzschwäche: "Bei folgenden Anzeichen sollten Betroffene unbedingt einen Arzt aufsuchen:
"Weitere Symptome, die auf Herzerkrankungen hinweisen können, sind:
Kommentar: Insbesondere bei Verdacht auf Herzinfarkt oder Schlaganfall ist unverzüglich unter 112 notärztliche Hilfe anzufordern. Jede Minute zählt. Die oben genannten und weitere ausführliche Informationen sind bei der Deutschen Herzstiftung unter www.herzstiftung.de/weltherztag erhältlich.
Arterien-Verkalkung schon bei Mumien
Aktuell wurden 237 Mumien aus unterschiedlichen Kulturen untersucht. Darunter Mumien aus dem alten Ägypten, Peru, Bolivien und andere. Die ältesten Mumien waren mehr als 4000 Jahre alt. Das geschätzte mittlere Alter der Verstorbenen betrug etwa 40 Jahre. Trotz des nicht so hohen Alters konnten die Forscher bei mehr als einem Drittel der mittels CT (Computer-Tomographie) untersuchten Mumien Zeichen der Atherosklerose (Gefäß-Verkalkungen), und zwar in allen Kulturen, feststellen. Besonders betroffen waren die Aorta (Hauptschlagader), Beinarterien, Halsarterien und Herzarterien.
Kommentar: Allgemein wird das häufige Auftreten von Arterien-Verkalkungen und ihren Folge-Erscheinungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall dem modernen Lebensstil mit mangelhafter Bewegung, ungesunder Ernährung und Rauchen etc. zugeschrieben. Die Ergebnisse zeigen, dass die Erkrankung auch in früheren Kulturen schon weit verbreitet war. Möglicherweise haben auch früher schon ähnliche Risiko-Faktoren bei einem Teil der Bevölkerung zur Entstehung von Arterien-Verkalkungen beigetragen.
RSV-Infektion greift Herz und Kreislauf an
In einer aktuellen Untersuchung aus den USA wird über mehr als 6000 Personen (Alter über 50 Jahre) berichtet, die wegen einer RSV-Infektion (Respiratory syncytial virus) in den letzten Jahren im Krankenhaus behandelt wurden. Bei etwa jedem 5. Patienten traten Komplikationen des Herz-Kreislauf-Systems (z.B. Herzschwäche etc.) im Verlauf der Krankenhaus-Behandlung auf. Bei Patienten mit bereits bekannter Herz-Kreislauf-Erkrankung kam es sogar bei jedem Dritten zu einer Herz-Kreislauf-Komplikation. Während des Krankenhaus-Aufenthaltes verstarben 4 % der Patienten ohne und 8% der Patienten mit einer Herz-Kreislauf-Komplikation.
Kommentar: Die RSV-Infektion ist als Atemwegs-Erkrankung besonders bei Säuglingen, Kleinkindern sowie älteren Erwachsenen weit verbreitert, kann aber in jedem Alter auftreten. Die Erkrankung geht typischerweise mit Grippe-artigen Symptomen einher. Wie bei COVID-19 oder Grippe-Infektionen zeigt sich auch bei dieser Infektions-Krankheit ein hohes kardiovaskuläres Risiko. Seit 2023 sind Impfstoffe für Personen ab einem Alter von 60 Jahren zugelassen. Empfehlungen der Ständigen Impf-Kommission (STIKO) werden in diesem Jahr erwartet.
EKG mit AI-Hilfe lebensrettend
Ein EKG (Elektro-Kardiogramm) gehört zur Routine-Diagnostik bei Patienten, die stationär behandelt werden. In einer aktuellen Untersuchung wurden bei fast 16.000 Krankenhaus-Patienten in Taiwan die EKGs zusätzlich auch mit Hilfe einer (zuvor trainierten) künstlichen Intelligenz (AI—artificial intelligence) beurteilt. In der Hälfte der Fälle versandte die AI bei bedrohlichen Befunden einen Warn-Hinweis an die behandelnden Ärzte. Die Warnung der AI hatte oft eine genauere Beobachtung der betroffenen Patienten, zum Teil auf der Intensivstation, zur Folge. Insgesamt verstarben 3,6% der Patienten mit und 4,3% ohne Benachrichtigung der Ärzte durch die AI. Von den rund 1400 Patienten mit einem Risiko-Befund im EKG verstarben 0,2% mit und 2,4% ohne AI-Warnung an einem Herztod.
Kommentar: Mit Hilfe von AI konnten im EKG Risiko-Patienten besser identifiziert werden. Wie so oft bei Anwendungen von künstlicher Intelligenz konnte bisher nicht herausgearbeitet werden, anhand welcher Merkmale im EKG künstliche Intelligenz das erhöhte Risiko von Patienten voraussagen konnte. AI wird zukünftig Ärzte dabei unterstützen können, Risiko-Patienten frühzeitig zu erkennen, um geeignete Schutz-Maßnahmen in die Wege zu leiten.
Kardiovaskuläre Risiken bei Syphilis
Weltweit wird wieder über eine Zunahme von Syphilis-Fällen berichtet. In einer aktuellen Untersuchung wurden jeweils rund 20.000 Personen mit oder ohne Syphilis-Erkrankung miteinander verglichen. Patienten mit Syphilis erlitten im Verlauf von 5 Jahren wesentlich mehr kardiovaskuläre Komplikationen, u.a. mehr Herzinfarkte (+ 38%), Schlaganfälle (+68%), Herzklappenfehler (+81%), Herzschwäche (+88%) und Todesfälle (+196%).
Kommentar: Als typische Folgeschäden einer Syphilis-Erkrankung sind Erweiterungen der Aorta (Aorten-Aneurysma) bekannt. Diese entwickeln sich aber meist erst 10-20 Jahre nach der akuten Infektion. Die aktuellen Untersuchungs-Ergebnisse zeigen, dass die Patienten schon wesentlich früher durch ein breites Spektrum an Herz-Kreislauf-Komplikationen bedroht sind. Entsprechend früh sollten präventive Maßnahmen ergriffen werden.
Herzinfarkt und Schlaganfall durch Mikroplastik
Für die aktuelle Untersuchung wurden Patienten ausgewählt, bei denen wegen starker Atherosklerose (Verkalkung) eine Operation an den Halsschlagadern (Arteria carotis) durchgeführt wurde. Im Rahmen dieser Operation wird der innenliegende erkrankte Teil der Arterie herausgeschält. Dieses Material wurde dann auf das Vorliegen von Mikro- und Nanoplastik-Partikeln untersucht. Mikroplastik (<5 Mikrometer) und Nanoplastik (< 1 Nanometer) konnte bei 58% der Patienten nachgewiesen werden. Dabei handelte es sich um verschiedene Plastik-Arten, im Wesentlichen aber wurden Polyethylen (PE), teilweise aber auch Polyvinylchlorid (PVC) u.a. in den atherosklerotischen Plaques der Halsschlagadern nachgewiesen. Rund 250 Patienten konnten im Mittel fast 3 Jahre weiter beobachtet werden. In diesem Zeitraum trat ein kardiovaskuläres Ereignis (Tod, Schlaganfall, Herzinfarkt) bei 7,5% der Patienten ohne Plastik-Nachweis und bei 20% der Patienten mit nachgewiesenen Plastik-Partikeln auf.
Kommentar: Erst kürzlich konnte Mikro-Plastik in verschiedenen Herz-Geweben nachgewiesen werden (siehe HERZ-NEWS weiter unten in dieser Rubrik). Mikroplastik-Teilchen sind weltweit in der Umwelt verbreitet. Sie werden sowohl industriell verarbeitet (z.B. in der Kosmetik-Industrie), entstehen aber auch durch Abbau-Prozesse von Plastik-Produkten. Teilweise konnten Partikel schon in Trinkwasser, Meerestieren aber auch in menschlichen Geweben (Lunge, Leber, Herz und Placenta) und in Darm-Ausscheidungen nachgewiesen werden. Die Partikel können über die Nahrung, die Haut oder die Atemwege in den Körper gelangen. In Tierversuchen konnte gezeigt werden, dass durch Mikroplastik-Teilchen Entzündungs-Prozesse gefördert werden. Letztere spielen u.a. eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Gefäß-Verkalkungen (Atherosklerose). Das Auftreten von Herzinfarkten in der aktuellen Untersuchung dürfte sich dadurch erklären, dass bei Nachweis von Mikro-/Nano-Plastik in den Halsschlagadern, davon ausgegangen werden kann, dass entsprechende Ablagerungen auch in anderen Körper-Regionen wie z.B. den Herz-Arterien (Koronar-Arterien) vorliegen. Wenn es sich bei der o.g. Untersuchung auch nicht um eine randomisierte Studie handelt und damit ein zweifelsfrei kausaler Zusammenhang noch nicht belegt ist, sind die Ergebnisse doch äußerst beunruhigend und geben Anlass, den Gebrauch von Plastik-Artikeln möglichst einzuschränken. Es bleibt auch für die Forscher die Frage, warum nur bei einem Teil der Patienten Mikro-/Nano-Plastik in den Arterien nachweisbar war.
Lungen-Kranke oft auch Herz-krank
Die COPD (chronisch obstruktive Lungen-Erkrankung) geht mit einer Behinderung des Atemflusses und damit oft Beschwerden wie Atemnot einher. Die Erkrankung gilt als häufigste chronische Erkrankung der Atem-Organe und zählt zu den führenden Todes-Ursachen weltweit.
In einer aktuellen Studie mit mehr als 11.000 erwachsenen Teilnehmern wurden COPD-Patienten mit Personen ohne COPD verglichen. Dabei wurde insbesondere die Häufigkeit einer gleichzeitig vorliegenden Herzerkrankung wie koronare Herzkrankheit (KHK) oder Herzschwäche ermittelt. Patienten mit COPD hatten ein rund fünfmal höheres Risiko für das Vorliegen einer KHK oder auch Herzschwäche als Personen ohne COPD.
Kommentar: Die COPD geht meist auch mit chronischen Entzündungs-Prozessen einher. Es ist bekannt, dass Entzündungs-Prozesse auch eine bedeutsame Rolle bei der Entstehung der koronaren Herzkrankheit und der Herzschwäche spielen. So könnte sich das oft gemeinsame Auftreten von Lungen- und Herz-Erkrankungen zumindest teilweise erklären. Die Ergebnisse legen nahe, bei Patienten mit COPD besonders auf das Vorliegen kardialer Begleit-Erkrankungen zu achten, um rechtzeitig geeignete präventive oder therapeutische Maßnahmen ergreifen zu können.
Mikro-Plastik im Herz nachgewiesen
In einer aktuellen Untersuchung wurden die Herzen von 15 Patienten im Rahmen einer Herz-Operation mit Hilfe der Elektronen-Mikroskopie untersucht. Dabei konnten erstmals Teilchen von Mikro-Plastik in fünf verschiedenen Geweben des Herzens und auch in Blutproben nachgewiesen werden. Insgesamt waren neun unterschiedliche Arten von Plastikteilchen identifiziert worden, u.a. Polymethylmethacrylat, hier auch unter der Bezeichnung "Plexiglas" bekannt.
Kommentar: Plastik-Partikel mit einer Größe im Bereich von 1 Mikrometer bis zu 5 mm werden als Mikroplastik bezeichnet. Mikroplastik-Teilchen sind weltweit in der Umwelt verbreitet. Sie werden sowohl industriell verarbeitet (z.B. in der Kosmetik-Industrie), entstehen aber auch durch Abbau-Prozesse von Plastik-Produkten. Teilweise konnten Partikel schon in Meerestieren aber auch in menschlichen Geweben (Lunge, Placenta) und in Darm-Ausscheidungen nachgewiesen werden.
In Tierversuchen konnte gezeigt werden, dass durch Mikroplastik-Teilchen Entzündungs-Prozesse gefördert werden. Letztere spielen u.a. eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Gefäß-Verkalkungen (Atherosklerose).
Atherosklerose bedroht Gehör
Bei rund 3600 Teilnehmern mittleren Alters (ca. 60 Jahre) wurde das Ausmaß der Atherosklerose mittels Ultraschall an den Hals-Arterien (Carotiden) gemessen. Je ausgeprägter die Zeichen der Atherosklerose waren, umso größer war das Risiko für ein nachlassendes Hör-Vermögen im späteren Leben.
Kommentar: Bei erkennbaren Zeichen der Atherosklerose sollten auch aus diesem Grund präventive Maßnahmen ergriffen werden, um dem Fortschreiten der Atherosklerose entgegenzuwirken.
Wenns 'funkt', schlagen Herzen im Gleichtakt
Was bestimmt die Attraktivität einer Person für ein Gegenüber? Dieser bisher wissenschaftlich nicht geklärten Frage gingen Forscher in einer aktuellen Studie nach. Sie wählten 70 Frauen (mittleres Alter 23 J.) und 70 Männer (mittleres Alter 26 J.) aus und setzten die Teilnehmer jeweils paarweise gegenüber an einen Tisch. Während eines kurzen (2 Minuten) „Blind Date" wurden die Teilnehmer genau beobachtet (Augenbewegungen, Blickkontakt, Mimik, Lächeln, Stimme, Körperhaltung etc.). Die Herzstromkurve (EKG) wurde fortlaufend registriert, ebenso der Hautwiderstand (Messung der Schweißbildung an den Handinnenflächen). Die Teilnehmer bewerteten die Attraktivität ihres Gegenübers anhand einer Skala und wurden am Ende befragt, ob Interesse an einem 2. Treffen besteht. Je ähnlicher sich die unbewussten Merkmale von Herzfrequenz und Hautwiderstand waren, umso mehr fühlten sich Partner zueinander hingezogen.
Kommentar: Die Untersuchung liefert einen wissenschaftlicher Beleg für die Erkenntnis von Antoine de Saint-Exupéry: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Etwas weniger romantisch wird auch auf den Stellenwert von Schweißhänden in diesem Zusammenhang hingewiesen.
Verkalkungen der Hals-Arterien durch Asthma
Bei mehr als 5000 Personen wurden die Hals-Arterien (Carotiden) mit Hilfe von Ultraschall untersucht. Bei den Teilnehmern, die dauerhaft unter Asthma litten, waren deutlich häufiger Verkalkungen, sog. atherosklerotische Plaques, in den Arterien nachweisbar. Auch das Ausmaß der Verkalkungen war größer als bei Personen ohne Asthma. Im Blut fanden die Forscher darüber hinaus häufiger erhöhte Entzündungswerte. Bei Teilnehmern mit nur gelegentlichen Asthma-Episoden bestand kein erhöhtes Atherosklerose-Risiko.
Kommentar: Chronische Entzündungs-Prozesse begünstigen die Entwicklung von Verkalkungen (Atherosklerose) der Arterien. Typische Folgen solcher Ablagerungen in den Hals-Arterien sind Schlaganfälle. Durch vermehrte Ablagerungen in anderen Arterien, wie z.B. den Koronar-Arterien, ist auch ein höheres Risiko für Herzinfarkte zu erwarten.
Medizin-Nobelpreis für Evolutions-Forscher
Der Medizin-Nobelpreis 2022 geht an den schwedischen Forscher Svante Pääbo für seine bahnbrechenden Forschungen zur menschlichen Evolution. S. Pääbo ist aktuell Direktor des Max-Planck-Instituts für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Als erster hatte er das Erbgut (DNA) des Neandertalers entschlüsselt. Die DNA des Neandertalers unterscheidet sich deutlich von der heutiger Menschen. Entgegen früheren Annahmen waren die Neandertaler keine direkten Vorfahren des heutigen Menschen. Homo sapiens hatte aber Kontakte mit den Neandertalern, aus denen auch Kinder hervorgingen. Daher tragen auch die heutigen Menschen „ein bis zwei Prozent vom Neandertaler in sich", so S. Pääbo. Er entdeckte zudem eine weitere Urmenschen-Gruppe, den sogenannten Denisova-Menschen, der entfernt mit den Neandertalern verwandt war.
Die Erbgut-Spuren unserer ausgestorbenen Verwandten beeinflussen z.B. bis heute die Immunantwort bei verschiedenen Infektionen, so das Nobelkomitee.
Kommentar: Weitere Forschungen hatten ergeben, dass auch das Risiko für andere Erkrankungen zum Teil von der Neandertal-DNA beeinflusst wird. So verfügte der Neandertaler über eine stärkere Gerinnungs-Fähigkeit des Blutes, für den Neandertaler ein sinnvolles Merkmal. Für den heutigen Menschen überwiegen aber oft die nachteiligen Auswirkungen und können zu einem höheren Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall, Thrombosen und Lungenembolien beitragen
Thrombosen durch Kombi-"Pille“ und Übergewicht
Sowohl Übergewicht als auch kombinierte Ovulations-Hemmer, die neben Gestagenen auch Östrogene enthalten, erhöhen unabhängig voneinander das Risiko für Venen-Thrombosen und Lungenembolien. Trifft beides zusammen, so erhöht sich nach einer aktuellen Analyse das Risiko massiv. Übergewichtige Frauen, die ein solches Kombinations-Präparat einnahmen, hatten ein bis zu 24-fach höheres Risiko für Thrombosen der Beinvenen und/oder Lungenembolien. Als Vergleichsgruppe dienten normalgewichtige Frauen ohne Einnahme von Kombi-Präparaten. Die Autoren verweisen u.a. auf rein Gestagen-haltige Präparate als bessere Alternative für Frauen mit Übergewicht.
Kommentar: In jedem Fall sollten bei vorliegendem Übergewicht zusätzliche kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Rauchen, Diabetes, Bluthochdruck, Bewegungs-Mangel, Fettstoffwechsel-Störungen konsequent vermieden bzw. behandelt werden.
Corona-Impfung hilft trotz Impf-Durchbruch
Aktuell wurde die Häufigkeit thrombotischer Komplikationen (Thrombose der Beinvenen und/oder Lungenembolie) in den ersten 30 Tagen einer Corona-Infektion ermittelt. Im Vergleich zu gesunden Personen war das Thrombose-Risiko bei Corona-Patienten um das 21-fache erhöht. Waren die Patienten trotz vollständiger Impfung an Corona erkrankt (Impf-Durchbruch) war das Risiko nur noch etwa 6-mal so hoch.
Kommentar: Mit den neuen Corona-Varianten erkranken zunehmend auch vollständig Geimpfte an COVID-19 (Impf-Durchbruch). Wenn auch die Impfung nicht immer das Auftreten einer Infektion verhindern kann, so zeigt sich aber ein erheblich geringeres Risiko für die gefürchteten thrombotischen Komplikationen.
"Helikopter-Ärzte" behandeln Schlaganfall
Ein Schlaganfall entsteht meist durch den akuten Verschluss einer Hirnarterie infolge eines Blut-Gerinnsels. Das betreffende Hirnareal stirbt in der Folge ab.
Lyse als Standard-Therapie
Als Therapie-Standard hat sich die sog. Lyse-Therapie durchgesetzt, durch die sich Blut-Gerinnsel medikamentös auflösen lassen. Wird die Durchblutung wiederhergestellt, so kann ein Teil des Hirngewebes gerettet werden. Diese Therapie ist aber nur in den ersten Stunden erfolgreich. Jede Minute zählt ("Time is brain").
Mechanische Verfahren überlegen
Seit einigen Jahren werden auch Verfahren angewendet, bei denen das jeweilige Gerinnsel mechanisch über einen Katheter entfernt wird. Dieses Verfahren scheint noch effektiver und sicherer als die Lyse-Therapie zu sein. Bisher kann eine solche Therapie aber nur in wenigen spezialisierten Zentren angeboten werden. Bis Patienten in diese Zentren verlegt werden, vergeht oft wertvolle Zeit.
Helikopter-Strategie spart Zeit
In einem Modell-Versuch wurden aktuell 2 Strategien bei insgesamt 157 Patienten in Bayern miteinander verglichen. Im wöchentlichen Wechsel wurden Patienten entweder in ein Münchener Spezial-Zentrum verlegt oder verblieben im lokalen Krankenhaus. Per Helikopter wurde für diese Patienten ein Spezialisten-Team eingeflogen, das die Patienten vor Ort behandelte. Insgesamt konnte mit der Helikopter-Strategie ein mittlerer Zeitgewinn von 90 Minuten erreicht werden. Der zeitliche Vorteil ist wohl darauf zurückzuführen, dass Patienten im lokalen Krankenhaus während des Anflugs der Spezialisten schon optimal für die Behandlung vorbereitet werden können und das Team dann sofort mit dem Eingriff beginnen kann.
Kommentar: Insbesondere in ländlichen Regionen mit langen Anfahrwegen bis zum nächsten spezialisierten Zentrum könnte ein solches Konzept zu einer
optimaleren Schlaganfall-Behandlung beitragen. Neben dem erreichbaren Zeitgewinn bleibt so den kritisch kranken Patienten auch ein beschwerlicher Transport erspart.
Schützt Grippe-Impfung vor Schlaganfall?
Das erhöhte Herzinfarkt-Risiko nach fieberhaften Infekten ist bekannt. In der aktuellen "Interstroke-Studie" mit rund 27.000 Teilnehmern zeigte sich auch ein deutlich erhöhtes Risiko für das Auftreten von Schlaganfällen innerhalb von 4 Wochen nach einem fieberhaften Infekt. Teilnehmer mit einer Grippe-Impfung im vorhergehenden Jahr hatten dabei ein rund 50% geringeres Risiko für die Entwicklung eines Schlaganfalls.
Kommentar: Im Rahmen von fieberhaften Infekten besteht offensichtlich nicht nur ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte, sondern auch für Schlaganfälle. Ein kausaler Zusammenhang zwischen früherer Grippe-Impfung und geringerem Schlaganfall-Risiko bei fieberhaften Infekten lässt sich aus den vorliegenden Befunden nicht sicher herleiten. Es wäre denkbar, dass Geimpfte auch insgesamt einen Gesundheits-bewussteren Lebensstil pflegen (z.B. mehr Sport, weniger Nikotin-Konsum, gesündere Ernährung). Eine Bestätigung der Ergebnisse in randomisierten Studien wäre daher wünschenswert.
Diabetes nach Corona-Infektion
Mehr als 180.000 Patienten, die eine SARS-CoV-2-Infekton durchgemacht hatten, wurden über 12 Monate weiter begleitet. Im Vergleich zu anderen Patienten-Gruppen hatten die Corona-Patienten in diesem Zeitraum ein rund 40% höheres Risiko für die Neu-Entdeckung eines Diabetes mellitus.
Kommentar: Nach überstandener SARS-CoV-2-Infektion sollte daher auf die mögliche Entwicklung eines Diabetes mellitus geachtet werden.
Kaum Demenz am Amazonas
Bei 623 Mitgliedern der indigenen Bevölkerung (Tsimane und Moseten) im bolivianischen Amazonas-Gebiet wurden neurologische Untersuchungen, kultur-spezifische kognitive Tests sowie CT-Untersuchungen des Gehirns durchgeführt. Eine Demenz konnte nur bei rund 1% der untersuchten Teilnehmer (Alter über 60 Jahre) festgestellt werden.
Kommentar: Das sehr seltene Auftreten einer Demenz bei diesen indigenen Völkern der Amazonas-Region steht in Kontrast zu dem wesentlich häufigeren Auftreten in den westlichen Industrie-Nationen. Bei früheren Untersuchungen hatten sich auch deutlich weniger atherosklerotische Veränderungen (Verkalkungen) der Koronar-Arterien (Herzkranz-Gefäße) nachweisen lassen. Als Erklärung wird von den Autoren auf den Lebensstil mit gesunder Ernährung und körperlicher Aktivität (Jagen, Fischen, Feldarbeit) bis ins höhere Alter hingewiesen.
Mammographie erkennt Gefäß-Risiko
Bei mehr als 5000 Frauen (Alter über 60 Jahre) wurde eine Mammographie durchgeführt. Neben dem üblichen Tumor-Screening ermittelten die Forscher auch das Vorhandensein von Verkalkungen in den Arterien des Brustgewebes. Frauen mit nachweisbaren Verkalkungen der Brust-Arterien hatten in den folgenden 6 Jahren ein rund 50% höheres Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen (Herzinfarkt, Schlaganfall u.a.)
Kommentar: Der Nachweis von Verkalkungen in den Brustarterien hat für die betroffenen Frauen offensichtlich eine erhebliche prognostische Bedeutung. Dies eröffnet die Chance, rechtzeitig präventive Maßnahmen einzuleiten.
Langes Fernsehen begünstigt Thrombosen
In einer aktuellen Studie wurden Informationen zur Dauer des täglichen Fernseh-Konsums von mehr als 130.000 Teilnehmern zusammenfassend analysiert. Im Verlauf von rund 5-20 Jahren trat bei 964 Teilnehmern eine Venenthrombose und/oder Lungenembolie auf. Personen mit hohem Fernseh-Konsum (mindestens 4 Stunden täglich) hatten im Verlauf ein 35% höheres Risiko, eine Venenthrombose und /oder Lungenembolie zu erleiden.
Kommentar: Nach Meinung der Autoren könnten u.a. Bewegungs-Mangel, Übergewicht und mangelnder Blutfluss in den Venen (venöse Stase) für das erhöhte Risiko verantwortlich sein. Es wird empfohlen, längeren TV-Konsum regelmäßig durch Phasen mit körperlicher Aktivität/Bewegung zu unterbrechen.
Kann Erkältung vor COVID-19 schützen?
Corona-Viren sind weit verbreitet und können neben SARS-CoV-2 auch einfache Erkältungs-Krankheiten verursachen. In einer kleinen aktuellen Studie wurden 52 Teilnehmer beobachtet, deren Familien-Mitglieder sich mit COVID-19 infiziert hatten. Während es bei einigen Teilnehmern der Studie zu einer Ansteckung kam, blieben die anderen Teilnehmer von einer Infektion verschont. Die Londoner Forscher fanden heraus, dass die Teilnehmer ohne Ansteckung im Durchschnitt bereits über eine bessere Immunabwehr gegen COVID-19 verfügten. Es fanden sich in ihrem Blut mehr Gedächtnis-Zellen des Immun-Systems (T-Zellen) von früheren Erkältungen mit Corona-Viren.
Kommentar: Die Daten lassen vermuten, dass frühere Infektionen mit Corona-Erkältungs-Viren möglicherweise zu einem gewissen Schutz vor einer SARS-CoV-2-Infektion beitragen können. Basis für einen verlässlichen Schutz vor COVID-19 bleibt die sachgerechte Impfung. Die neuen Erkenntnisse können aber dazu beitragen, die Impfstoff-Entwicklung weiter zu optimieren.
Spätfolgen auch bei leichter Corona-Infektion
Hamburger Forscher untersuchten 443 Patienten, die eine Corona-Infektion mit nur leichten bis mäßigen Beschwerden durchgemacht hatten. Als Vergleichsgruppe dienten Teilnehmer einer Hamburger Gesundheitsstudie, die in wesentlichen Merkmalen mit den Corona-Patienten übereinstimmten. Bei den Corona-Patienten fanden sich nach einer Verlaufs-Beobachtung von 10 Monaten (Mittelwert) mehr als doppelt so viele Thrombosen der Beinvenen, auch zeigte sich tendenziell eine schlechtere Funktion von Herz, Lunge und Nieren.
Kommentar: Auch nach einer überstandenen Corona-Infektion mit nur leichten Beschwerden muss im langfristigen Verlauf die Möglichkeit von Schädigungen unterschiedlicher Organe bedacht werden.
„Trigger“ für Schlaganfall?
In einer aktuellen Untersuchung wurde nach auslösenden Faktoren für einen Schlaganfall gesucht. Dabei wurden mehr als 13.000 Patienten, die einen Schlaganfall erlitten hatten, nach starken emotionalen oder körperlichen Belastungen in der Stunde vor dem Schlaganfall befragt. Zum Vergleich wurde der gleiche Zeitraum am Vortag herangezogen. Am Tag des Schlaganfalls waren in 15% der Fälle starke emotionale oder ungewöhnliche körperliche Belastungen vorausgegangen. Die genannten Auslöse-Situationen waren insbesondere mit einem deutlich erhöhten Risiko für Hirnblutungen verbunden.
Kommentar: Schlaganfällen liegt in der Regel eine verminderte Durchblutung in einem bestimmten Hirnareal zugrunde. Ursächlich liegt meist ein akuter Gefäß-Verschluss (z.B. durch eine Gerinnselbildung) oder aber eine Hirnblutung (meist durch Reißen eines Blutgefäßes) zugrunde. Das überwiegende Auftreten von Hirnblutungen im Zusammenhang mit den genannten Stressoren spricht für einen Blutdruck-Anstieg als Haupt-Ursache in diesen Fällen. Bemerkenswert ist aber auch, dass die meisten Schlaganfälle unvermittelt, ohne erkennbare Auslöser, auftraten.
Smart-Watch erkennt Corona-Infektion
Bei mehr als 3300 Trägern einer Smart-Watch kam es in 84 Fällen zu einer SARS-CoV-2-Infektion. Mit Hilfe der Smart-Watch-Daten (Herzfrequenz, Schrittzahl, Schlafmodus) konnte in 80% der Fälle die Infektion im Mittel 3 Tage vor Symptombeginn festgestellt werden. Selbst bei denjenigen, die keine Symptome entwickelten, ergaben sich in den meisten Fällen Hinweise auf die Infektion. Allerdings gab es auch "Fehlalarme" bei anderen Atemwegs-Infektionen oder besonderen Stress-Situationen.
Kommentar: Die möglichst frühe Diagnose erlaubt die Einleitung rechtzeitiger präventiver und therapeutischer Maßnahmen, z.B. Schutz der Umgebung durch frühe Selbst-Isolierung. Erst kürzlich waren vergleichbar positive Ergebnisse zur Frühdiagnose einer Grippe-Infektion durch Wearables berichtet worden (siehe früheren HERZ-NEWS-Beitrag in dieser Rubrik).
Kaffee gegen Hirn-Abbau-Prozesse?
Rund 220 Teilnehmer ohne kognitive Beeinträchtigung wurden über 10.5 Jahre begleitet und der Kaffee-Konsum registriert. Bei den Teilnehmern erfolgten umfangreiche neuropsychologische Testverfahren. Auch wurde die Ablagerung von Beta-Amyloid im Gehirn gemessen. Im Verlauf zeigte sich bei Teilnehmern mit höherem Kaffee-Konsum eine geringere Beeinträchtigung kognitiver Fähigkeiten und auch eine geringere Ablagerung von Beta-Amyloid.
Kommentar: Die Alzheimer-Erkrankung geht mit der verstärkten Ablagerung von Beta-Amyloid im Gehirn einher. Die Untersuchung unterstützt die Hypothese, dass Kaffee-Konsum kognitiven Abbau-Prozessen wie der Alzheimer-Erkrankung durch verminderte Ablagerung von Beta-Amyloid entgegenwirkt. Zur Bestätigung der Hypothese wären weitere Untersuchungen, insbesondere mit größeren Teilnehmer-Zahlen und möglichst im Rahmen einer randomisierten Studie wünschenswert.
Was der Blick ins Auge verrät
Der Zustand der mikroskopisch kleinen Blutgefäße kann sehr gut an den Adern der Netzhaut (Retina) des Augen-Hintergrundes beurteilt werden.
Aktuell wurden fast 98.000 Bilder des Augenhintergrundes von rund 55.000 Teilnehmern der UK-Biobank mit Hilfe künstlicher Intelligenz untersucht. Die Teilnehmer wurden im Verlauf über 10 Jahre begleitet. Aufgrund dieser Untersuchungen konnte das spätere Auftreten nicht nur zahlreicher Augen-Erkrankungen, sondern auch von Herzschwäche, Nierenversagen, Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Schlafapnoe und Sterblichkeit besser vorhergesagt werden.
Kommentar: Mit Hilfe künstlicher Intelligenz bewährt sich die Untersuchung der Netzhaut als prognostischer Biomarker für zukünftige Erkrankungen des Auges und des Herz-Kreislauf-Systems.
Stent mit Mikronetz gegen Schlaganfälle
Bei Stent-Implantationen im Bereich der Halsarterien (Carotiden) besteht das Risiko einer Ablösung von Teilen der verkalkten Gefäßwand. Diese Teile können in das Gehirn verschleppt werden (embolisieren) und einen Schlaganfall verursachen. Aktuell wurde ein neuer Stent entwickelt, der zusätzlich mit einem Mikronetz ausgestattet ist (MicroNet-covered stent; CGuard, InspireMD). In einer randomisierten Studie (zufallsmäßige Zuteilung, wie beim Werfen einer Münze) erhielten 100 Patienten entweder den neu entwickelten Stent oder einen herkömmlichen Stent. Mittels MRT-Untersuchung des Gehirns konnte innerhalb von 30 Tagen bei 6 Patienten mit konventionellem Stent, dagegen bei keinem Patienten mit Netz-Stent eine neue Schädigung im Gehirn nachgewiesen werden.
Kommentar: Der neue Stent mit Mikronetz wirkt offensichtlich wie ein Filter und kann dazu beitragen, die Problematik von Schlaganfällen im Rahmen einer Stent-Implantation in den Hals-Arterien zu vermindern. Hierdurch ergeben sich auch neue Perspektiven für zukünftige Vergleichs-Studien mit den klassischen Verfahren der Carotis-Chirurgie. Bisher waren die Ergebnisse zwischen chirurgischen Verfahren und Stent-Implantation im Langzeitverlauf nicht wesentlich unterschiedlich. Die neue Stent-Technologie könnte zukünftige Therapie-Entscheidungen zugunsten der Stent-Implantation beeinflussen. Hierzu müssen aber weitere Studien abgewartet werden.
Warum Übergewicht bei COVID-19 schadet
In zahlreichen Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass Übergewicht im Falle einer Corona-Infektion mit einem deutlich höheren Risiko für einen schweren Verlauf der Erkrankung und auch einer höheren Sterblichkeit einhergeht. Forscher konnten aktuell nachweisen, dass Corona-Viren Fettzellen infizieren und insbesondere bei großer Fett-Menge zu einer schweren Entzündungs-Reaktion beitragen.
Kommentar: Die Ergebnisse könnten zumindest teilweise die schweren Krankheits-Verläufe der Corona-Infektion bei übergewichtigen Patienten erklären. Es ist aber auch bekannt, dass Übergewicht die Durchführung einer Beatmungs-Therapie erschwert.
Früherkennung von Infekten durch „Wearable“
In der vorliegenden Untersuchung waren 31 Personen freiwillig mit Grippe-Viren und 18 mit Erkältungs-Viren (durch Tropfen in die Nase) infiziert worden. Die Studien-Teilnehmer trugen ein sog. E4-Armband ("Wearable"), das Bio-Signale wie Haut-Temperatur, Herzfrequenz, elektrischen Hautwiderstand und Bewegung aufzeichnete. Mit Hilfe dieser Daten konnte das Auftreten und auch die Schwere der Infektion in rund 90% der Fälle bereits 24 Stunden vor dem Auftreten erster Symptome vorhergesagt werden.
Kommentar: Diese Technologie eröffnet Möglichkeiten, einerseits die Umgebung durch Selbst-Isolierung zu schützen. Auch können frühzeitige Therapie-Maßnahmen z.B. mit anti-viralen Substanzen, den Verlauf der Erkrankung mildern oder den Ausbruch einer Infektion bei Familien-Mitgliedern verhindern. Besondere Bedeutung könnte das Verfahren zukünftig für die frühzeitige Erkennung anderer Infektions-Erkrankungen wie z.B. COVID-19 erlangen.
"Herden-Immunität" in der Familie
In einer aktuellen Untersuchung mit mehr als 1,7 Millionen Teilnehmern aus Schweden wurde die Schutz-Wirkung von "Herden-Immunität" im Familien-Kreis untersucht. Familien-Mitglieder ohne Immunität gegen COVID-19 hatten ein 45-97% geringeres Risiko für eine Infektion mit COVID-19, je mehr Mitglieder der Familie bereits immun (durch Impfung oder Infektion) waren.
Kommentar: Herden-Immunität beginnt wirksam bereits in der Familie. Die Impfung kann als Schlüssel-Strategie angesehen werden, um Übertragungen innerhalb der Familie zu vermeiden.
Medizin-Nobelpreis 2021 für Temperatur- und Druck-Sensoren
Die beiden Forscher Julius David (San Francisco, USA) und Ardem Patapoutian (La Jolla, USA) wurden für die Entschlüsselung der Rezeptoren geehrt, die sowohl die Wahrnehmung von Temperatur, aber auch Berührung, Druck und Schmerz vermitteln. Bei Aktivierung der jeweiligen Rezeptoren werden elektrische Signale über Nerven an das Gehirn geleitet. Dort führen die Signale zu entsprechenden Reaktionen, wie z.B. Wegziehen der Hand über einer heißen Herdplatte.
Druck- oder sog. Baro-Rezeptoren sind auch an der Kreislauf-Regulation beteiligt. Sie befinden sich unter anderem bevorzugt in bestimmten Bereichen der Hauptkörper-Schlagader (Aorta) und der Halsarterien (Carotiden). Sie dienen insbesondere der Aufrechterhaltung eines stabilen Blutdrucks.
Kommt es z.B. beim Hinstellen zur Verlagerung von Blut in die Beine, so nimmt der Druck auf die Baro-Rezeptoren ab. Um den Blutdruck und damit eine ausreichende Durchblutung des Gehirns zu gewährleisten, kommt es im Rahmen einer Gegenregulation zu einem Anstieg der Herzfrequenz und Verengung anderer Blutgefäße wie den Venen.
Druck-/Dehnungs-Rezeptoren spielen auch eine Rolle in anderen Organen, wie beim sprichwörtlichem „Druck auf der Blase“. Dehnungsreize im Magen-Darmtrakt durch Nahrungs-Bestandteile stimulieren die Ausschüttung von Verdauungs-Enzymen und Hormonen. Auch in der Lunge ist die Wahrnehmung von Dehnung wichtig, um eine Überdehnung der Lunge bei tiefer Atmung zu verhindern.
Kommentar: Diese wichtigen Ergebnisse der Grundlagen-Forschung eröffnen vielfältige neue Optionen für therapeutische Ansätze z.B. zur Beeinflussung von Schmerzen, Störungen der Kreislauf-Regulation oder anderer Organe.
Hyperbarer Sauerstoff bei Demenz
Nach sehr vielversprechenden Tierversuchen wurde in einer aktuellen Untersuchung die Wirkung von sog. hyperbarem Sauerstoff bei 6 Demenz-Patienten untersucht. Bei der hyperbaren Sauerstoff-Therapie wird 100%iger Sauerstoff bei höherem Umgebungsdruck in einer Druck-Kammer geatmet. Nach insgesamt 60 Sitzungen über 3 Monate verteilt, konnte bei den Patienten eine Verbesserung der Hirn-Durchblutung festgestellt werden. Auch das kognitive Leistungsvermögen in Bezug auf Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Informations-Verarbeitung konnte verbessert werden. Im Tierversuch (Mäuse) war auch eine Rückbildung der für die Alzheimer-Erkrankung typischen pathologischen Ablagerungen von Beta-Amyloid erreicht worden.
Kommentar: Die hyperbare Sauerstoff-Therapie wird z.B. bei Vergiftungen mit Kohlenmonoxid, Tauchunfällen oder manchen schlecht heilenden Gewebe-Infektionen eingesetzt. In einigen Studien waren auch ermutigende Ergebnisse für die hyperbare Sauerstoff-Therapie bei Patienten mit Hirnverletzungen oder bei Schlaganfall berichtet worden. Weitere Forschungen sind erforderlich, um den möglichen Stellenwert dieses Therapie-Verfahrens für Demenz-Kranke einordnen zu können.
Darm-Rettung durch Statin ?
Bei der Colitis ulcerosa handelt es sich um eine schwer behandelbare entzündliche Erkrankung des Dickdarms. Häufige Beschwerden sind blutig-schleimige Durchfälle, Bauchkrämpfe bis hin zu lebensbedrohlichen Komplikationen. Entzündungs-hemmende Medikamente können zeitweise die Beschwerden lindern. Nicht selten muss der ganze Dickdarm operativ entfernt werden. Dadurch kann in der Regel eine Heilung erreicht werden, allerdings mit den Folgen des Dickdarm-Verlustes.
Forscher der Stanford-Universität haben zunächst genetische Merkmale der Erkrankung identifiziert, die mit Entzündungs-Prozessen und Immun-Prozessen verbunden waren. Dann suchten sie aus einer Reihe von schon bekannten Medikamenten diejenigen aus, die am besten mit diesen Merkmalen bei rund 8500 Patienten interagierten. Es zeigte sich, dass bei Behandlung mit Atorvastatin (Statin - Cholesterinsenker) der Bedarf an Entzündungs-hemmenden Medikamenten, insbesondere Cortison, geringer war und 50% weniger Entfernungen des Dickdarms durchgeführt wurden.
Kommentar: Neben der Cholesterin-senkenden Wirkung sind die anti-entzündlichen Eigenschaften von Statinen gut bekannt. Hierdurch könnte sich der günstige Effekt bei Patienten mit Colitis ulcerosa erklären lassen. Zukünftig muss das Konzept in prospektiven Untersuchungen bestätigt werden. Auch sind weitere Untersuchungen der Wirkung anderer Statine in diesem Kontext erforderlich.
Mammographie zur Herz-Diagnostik
Kleine Verkalkungs-Herde (Mikro-Kalzifikationen) und die Dichte des Brustgewebes sind wichtige Parameter bei der Mammographie. In einer aktuellen Untersuchung mit mehr als 107.000 Frauen im Rahmen eines Mammographie-Screenings war der Nachweis von Mikro-Kalzifikationen auch mit einer höheren Rate von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nieren-Erkrankungen und Diabetes verbunden. Auch bestand ein höheres Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen im Verlauf. Bei dichtem Brustgewebe war dagegen ein geringeres Risiko gegeben.
Kommentar: Die Autoren sehen für die Zukunft das Potential, "zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen." Die Befunde des Mammographie-Screening können wertvolle Hinweise auf kardiovaskuläre Erkrankungen oder das Vorliegen eines Diabetes oder einer Nierenschwäche geben.
Grippe-Impfungen gegen Demenz
Rund 67.000 US-Veteranen mit und 57.000 ohne regelmäßige Grippe-Impfungen (mittleres Alter 75 Jahre) wurden über rund 6,5 Jahre begleitet. In diesem Zeitraum wurde bei knapp 16.000 Teilnehmern erstmals die Diagnose einer Demenz gestellt. Bei Teilnehmern mit regelmäßiger Grippe-Impfung (mehr als 6 Jahre) war das Demenz-Risiko 12% geringer.
Kommentar: Ähnliche Befunde wurden bereits aus Taiwan berichtet. Eine Erklärung könnte sein, dass die Immunzellen des Gehirns durch die wiederholten Impfungen gestärkt werden. So kann Beta-Amyloid, dass sich bei Alzheimer-Kranken vermehrt um die Nervenzellen herum ablagert, wieder abgebaut werden. Allerdings ist ein kausaler Zusammenhang mit dieser Beobachtungstudie nicht zu beweisen.
Künstliche Klappen für Bein-Venen
In den USA sind künstliche Venenklappen von der amerikanischen Gesundheits-Behörde (FDA) als technologischer Durchbruch zur weiteren Erforschung zugelassen worden.
Rolle der Venen-Klappen
Der Rückfluss des Blutes aus den Beinen erfolgt über tiefe Beinvenen. Die sind in regelmäßigen Abständen mit Venen-Klappen ausgestattet, die ein Zurückfließen des Blutes verhindern. Leider können diese empfindlichen Strukturen leicht zerstört werden, z.B.im Rahmen einer Thrombose der Beinvenen. Die Klappen schließen dann nicht mehr. Blut fließt durch die undichten Klappen zurück, es entsteht ein hoher Druck im Venensystem. Dadurch kommt es zu Stauung (Ödem), rot-braunen bis bläulichen Haut-Verfärbungen, im späten Stadium zum typischen Geschwür (Ulcus cruris venosum), oft auch als "offenes Bein" bezeichnet, typischerweise oberhalb des Innenknöchels.
"Veno-Valve" für weitere Studien in USA zugelassen
In den USA ist eine bioprothetische Venenklappe (aus Schweine-Material) für weitere Studien zugelassen worden. Die "VenoValve" wird chirurgisch bei der sog. chronisch venösen Insuffizienz implantiert. In ersten Einsätzen konnte der Rückfluss des Blutes in den Beinvenen um mehr als 50% reduziert werden. Auch Krankheits-Symptome, insbesondere Schmerzen, nahmen um mehr als 50% ab.
Kommentar: Wenn auch die jetzt geplanten weiteren Studien erfolgreich verlaufen, kann sich eine neue Therapie-Option für dieses häufige, langwierige und nur schwer behandelbare Leiden abzeichnen. Bisher waren Kompressions-Therapien mit Verbänden oder Stützstrümpfen, sowie das Meiden von längerem Sitzen oder Stehen etablierte Therapie-Konzepte.
Aorten-Aneurysma häufig bei HIV-Infektion
Erweiterungen der Aorta (Hauptschlagader des Körpers) werden als Aneurysma bezeichnet. Sie gehen mit einem erhöhten Risiko für schwere Komplikationen, wie einer Ruptur oder einem Einreißen der Aortenwand (Dissektion) einher. Dänische Forscher verglichen aktuell die mittels CT festgestellten Häufigkeiten von Aneurysmen der Aorta bei rund 600 Personen mit positivem HIV-Status und einer Gruppe von Personen ohne Infektion. Dabei fanden sie in der HIV-Gruppe rund viermal so häufig ein Aorten-Aneurysma. Dies betraf sowohl die oberen als auch die unteren Abschnitte der Aorta.
Kommentar: Es ist von anderen entzündlichen Erkrankungen bekannt, dass sie zu einer Schwächung der Wand von Körperarterien und einer Aneurysma-Bildung führen können. Bei Personen mit positivem HIV-Status sollte das mögliche Risiko eines Aorten-Aneurysmas, und zwar im gesamten Verlauf der Aorta, bedacht werden. Größere prospektive Untersuchungen zu diesem Thema wären wünschenswert.
Laufen bis zur Schmerzgrenze
Bei Patienten mit Durchblutungs-Störungen der Beine, meist im Rahmen der Atherosklerose (pAVK oder periphere arterielle Verschlusskrankheit) besteht oft eine Einschränkung der Gehstrecke. Typischerweise treten nach einer gewissen Gehstrecke Schmerzen in den Beinen auf, die die Patienten zum Stehenbleiben veranlassen. Das Krankheitsbild ist auch unter dem Begriff „Schaufenster-Krankheit“ bekannt. Ein wesentliches Therapie-Prinzip ist regelmäßiges Gehtraining, um die Gehstrecke zu verbessern. In einer aktuellen Studie wurde untersucht, ob es erforderlich ist, dass Patienten jeweils bis zur Schmerzgrenze belasten oder ob auch ein leichteres Training Erfolg verspricht. Rund 300 Personen wurden in 3 Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe führte ein intensives Gehtraining mit einer Geschwindigkeit, die Schmerzen hervorrief, aus. Eine Gruppe mit leicher Trainings-Intensität lief mit einer Geschwindigkeit, die keine Schmerzen hervorrief und eine dritte Gruppe führte überhaupt kein standardisiertes Gehtraining durch. Die beiden Trainingsgruppen übten ein Jahr lang, 5-mal die Woche, jeweils bis zu 50 Minuten. Nur in der Gruppe mit hoch-intensivem Gehtraining war nach einem Jahr auch eine deutliche Zunahme der schmerzfreien Gehstrecke nachweisbar.
Kommentar: Durch regelmäßiges Gehtraining soll das Wachstum von neuen Blutgefäßen (Kollateralen) angeregt und letztlich die Gehstrecke verbessert werden.
Ehepartner von Herzkranken leben gefährlich
In einer japanischen Studie wurde untersucht, wie sich die kardiovaskuläre Vor-Erkrankung eines Ehepartners auf das Erkrankungs-Risiko des gesunden Partners auswirkt. Dazu wurden Ehepaare ohne Vorerkrankungen mit Ehepaaren verglichen, bei denen ein Partner an einer kardiovaskulären Erkrankung litt. Es wurden rund 70.000 Personen über 8 Jahre begleitet. Ehemals gesunde Partner von vor-erkrankten Ehepartnern hatten im Verlauf ein 48% höheres Risiko, auch eine kardiovaskuläre Erkrankung zu erleiden. Mit einem 68% höheren Risiko gegenüber 22% waren Ehemänner im Vergleich zu Ehefrauen von erkrankten Partnern besonders betroffen.
Kommentar:
Über die Gründe für das erhöhte Risiko kann nur spekuliert werden. Ggf. sind ähnliche Lebensgewohnheiten in Bezug auf Ernährung, Sport, Nikotin-Konsum etc. für das erhöhte Risiko verantwortlich.
Kardiologen besorgt über 4. Welle
Aufgrund wieder zunehmender Infektionszahlen, neuer Virus-Varianten, beschlossener Lockerungen im Alltag und einer hohen Zahl an Impf-Unwilligen befürchtet die DGK (Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung) eine vierte Corona-Welle etwa ab Oktober. Diese würde besonders Patienten mit Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems treffen. Schwere und tödliche Verläufe werden bei dieser Patienten-Gruppe wesentlich häufiger beobachtet. Auch bereits geimpfte Herz-Patienten müssten wieder vermehrt im Krankenhaus behandelt werden.
Laut DGK-Präsident Prof. Stephan Baldus „hätte eine Impfquote von über 80 Prozent einen entscheidenden Effekt auf...……..die Prognose herz- und kreislauferkrankter Patient*innen“. Intensive Aufklärung, das Schaffen von positiven Anreizen und optionale Einschränkungen für Nichtgeimpfte könnten dazu beitragen, die Impfquote zu erhöhen.
Nur wenn Deutschland seine Partnerländer mit der Lieferung von Impfstoff unterstütze, sei das globale Pandemiegeschehen besser einzudämmen, und unsere Patienten besser zu schützen, so Prof. Michael Böhm, Pressesprecher der DGK.
In diesem Zusammenhang nimmt die DGK auch Stellung zu den seltenen Fällen von Herzmuskel- und Herzbeutel-Entzündungen bei jüngeren Männern, besonders in den ersten 14 Tagen nach einer zweiten Impfung mit den Vakzinen von BioNTech (Comirnaty®) und Moderna (Spikevax®). Im Verhältnis zu den verabreichten Impfdosen seien bisher nur wenige Fälle berichtet, betont Prof. Holger Thiele, zukünftiger Präsident der DGK. Der Nutzen der Impfung überwiege die Risiken bei weitem. Dennoch sollten „sowohl die Patient*innen als auch Ärztinnen und Ärzte .... auf die entsprechenden Symptome achten."
Statine punkten erneut bei COVID-19
Über vorteilhafte Wirkungen einer bestehenden Statin-Therapie im Falle einer Corona-Infektion war bereits in kleineren Studien berichtet worden (siehe auch früheren HERZ-NEWS-Beitrag). Aktuell werden Daten aus einem großen Register der US-Herz-Gesellschaft (American Heart Association) präsentiert. Bei rund 10.500 Corona-Patienten zeigte sich erneut ein günstiger Einfluss bei Vorbehandlung mit Statinen im Vergleich zu Patienten ohne Statin-Behandlung. Bei Patienten mit auch nachgewiesener Atherosklerose fiel die Sterblichkeit bei Statin-Therapie 32% geringer aus. Wenn Statine nur wegen erhöhter Risikofaktoren (z.B. hohes Cholesterin) eingenommen wurden, war die Sterberate 16% geringer.
Kommentar: Die von den Statinen bekannten anti-entzündlichen Wirkungen könnten den Verlauf einer Corona-Infektion vorteilhaft beeinflussen. Allerdings muss einschränkend bedacht werden, dass es sich nicht um eine randomisierte Studie handelt und damit ein kausaler Zusammenhang nicht bewiesen werden kann. Insbesondere Patienten, bei denen eine Indikation zu einer Therapie mit Statinen besteht, wie bei nachgewiesener Atherosklerose, sollten Statine erhalten.
Risikofaktoren für Aorten-Erweiterung
Erweiterungen der Aorta (Hauptschlagader des Körpers) werden als Ektasie oder Aneurysma bezeichnet. Sie gehen mit einem erhöhten Risiko für Komplikationen wie einem Einreißen der Aortenwand (Dissektion) einher. Aktuell wurde bei rund 15.000 Personen (mittleres Alter 68 J.) im Rahmen umfangreicher Untersuchungen nach Faktoren gesucht, die das Vorliegen einer Erweiterung der Aorta vorhersagen. Die beste Vorhersagekraft hatte der Nachweis einer Erweiterung an einer weiteren Stelle der Aorta. Daneben hatten u.a. Erweiterungen der Becken-Arterien, hoher Blutdruck oder bekannte Erweiterungen der Aorta von leiblichen Angehörigen die beste Vorhersage-Kraft.
Kommentar: Die Ergebnisse unterstützen bestehende Leitlinien-Empfehlungen. Bei Nachweis einer Erweiterung in einem Abschnitt der Aorta, sollte die Aorta im gesamten Verlauf untersucht werden. Präventiv steht die strikte Blutdruck-Einstellung im Vordergrund, um ein Fortschreiten aufzuhalten. Werden bestimmte Schwellenwerte des Aorten-Durchmessers überschritten, ist oft eine operative Behandlung oder auch Katheter-Behandlung sinnvoll, um schweren Komplikationen vorzubeugen.
Computer erkennt COVID-19 am EKG
In einer aktuellen Untersuchung der Mayo-Klinik (Rochester, USA) konnte mit Hilfe künstlicher Intelligenz eine COVID-19 Infektion mit großer Zuverlässigkeit am EKG erkannt bzw. ausgeschlossen werden. In mehr als 99% der Fälle war ein schneller Ausschluss einer Infektion mit dem EKG möglich.
Kommentar: Ein weiteres Beispiel, wie künstliche Intelligenz die Diagnostik bereichern kann. Bisher konnte nicht ermittelt werden, welche EKG-Merkmale das neuronale Netzwerk zur Entscheidungs-Findung heranzieht.
Hirn-Aneurysma und Magnesium-Spiegel
Als Aneurysma wird eine pathologische Erweiterung (Aussackung) von Arterien bezeichnet. Die Gefäßwand eines Aneurysmas kann unstabil werden und einreißen/platzen (Ruptur). Dies geht mit schwerwiegenden Blutungen einher. Besonders gefürchtet sind Aneurysmen der Arterien im Gehirn. Blutungen haben hier oft schwere Hirnschäden zur Folge. Aktuell wurde im Rahmen von genetischen Untersuchungen die Veranlagung zu einem höheren Magnesium-Spiegel mit einem geringeren Risiko für Hirn-Aneurysmen in Verbindung gebracht. Dies galt sowohl für intakte, als auch bereits geplatzte (rupturierte) Aneurysmen.Teilweise war der günstige Effekt höherer Magnesium-Spiegel auf eine Blutdrucksenkung zurückzuführen.
Kommentar: Neben dem Blutdruck-senkenden Effekt von Magnesium werden andere Einflüsse z.B. auf das Endothel (Innenwand von Blutgefäßen) oder anti-oxidative Wirkungen vermutet. Zukünftig müsste der Stellenwert von Magnesium zur Vorbeugung von Hirn-Aneurysmen in klinischen Studien belegt werden.
Behandlung der Schlafapnoe schützt vor Infarkt und Schlaganfall
Beim obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) kommt es im Schlaf wiederholt zu einer teilweisen Verlegung der Atemwege mit daraus folgendem Sauerstoff-Mangel. Häufig geht das OSAS mit Schnarchen und Tages-Müdigkeit einher. Durch nächtliches Tragen einer Atemmaske und Atmung mit leichtem Überdruck bleiben die Atemwege offen. In einer aktuellen Untersuchung wurden rund 35.000 Kreislauf-gesunde Teilnehmer mit OSAS über rund 9 Monate begleitet. In diesem Zeitraum zeigte sich bei Teilnehmern ohne Behandlung des Schlafapnoe-Syndrom im Vergleich zu solchen mit Behandlung ein 40% höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Komplikationen (z.B. Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzschwäche u.a.).
Kommentar: Im Zusammenhang mit einem unbehandelten Schlafapnoe-Syndrom sind vielfältige Gesundheits-Störungen beobachtet worden wie hoher Blutdruck, Herzrhythmus-Störungen, Diabetes mellitus, Hörsturz und Tinnitus. Die Beatmungstherapie führt zu einem besseren Schlaf, Reduktion der Tagesmüdigkeit, Zunahme der Lebens-Qualität und häufig auch zu einer besseren Blutdruck-Einstellung. Die jetzt gezeigten Daten mit Fokus auf das Risiko für Herz-Kreislauf-Komplikationen bestätigen nochmals die Vorteile einer konsequenten Behandlung. Erst kürzlich wurde auch über ein geringeres Risiko für die Entwicklung einer Demenz bei Behandlung der Schlafapnoe berichtet (siehe HERZ-NEWS-Beitrag weiter unten)
Operationen nach Corona-Infektion aufschieben
In einer internationalen Studie wurde untersucht, wie sich eine vorhergehende COVID19-Infektion bei nachfolgenden operativen Eingriffen auswirkt. Dazu wurde die Sterblichkeit innerhalb von 30 Tagen nach einer OP bei mehr als 140.000 Patienten mit oder ohne vorhergehende Corona-Infektion untersucht. Bei Patienten, die in den 6 Wochen vor dem operativen Eingriff COVID-19 durchgemacht hatten, war die Sterblichkeit rund 3-4mal höher als bei Personen ohne vorhergehenden Corona-Infekt in diesem Zeitraum. Erst wenn der Infekt zum OP-Zeitpunkt mehr als 7 Wochen zurücklag, zeigte sich auch kein erhöhtes Risiko mehr. Allerdings nur bei den Patienten, die auch frei von Symptomen des Corona-Infektes waren. In einer Stellungnahme von Fachgesellschaften für Anästhesie und Chirurgie in UK wird daher empfohlen, nicht dringliche operative Eingriffe frühestens 7 Wochen nach einer Corona-Infektion durchzuführen. Bei Personen, die noch unter Symptomen von COVID-19 leiden, sollte noch länger, bis zum Abklingen der Symptome, gewartet werden.
Kommentar: Natürlich kann in Notfällen und bei dringenden OP-Indikationen eine derartige Wartezeit nicht eingehalten werden. Bei nicht dringlichen Eingriffen sollte die Problematik aber im Einzelfall mit behandelnden Ärzten, Anästhesisten und Chirurgen besprochen werden.
Hohes Alter durch Reparatur-Gene
Italienische Forscher haben in 2 Studien mehr als 400 hoch-betagte Einwohner mit einem Alter von mindestens 105 Jahren ausgewählt. Es wurde die genetische Ausstattung (Genom) dieser Teilnehmer untersucht und mit dem Genom einer Gruppe jüngeren Alters verglichen. Als besonderes Merkmal der hoch-betagten Teilnehmer fanden die Forscher eine bessere Fähigkeit zur Reparatur von Schäden der DNA (Erbsubstanz). Dadurch hatten sie u.a. einen besseren Schutz vor Herz-Kreislauf-Komplikationen (Herzinfarkt, Schlaganfall u.a.).
Kommentar: Gen-Schäden entstehen ständig z.B. durch UV-Strahlung, Röntgen-Strahlung, Rauchen und eine Vielzahl chemischer Substanzen. Meist werden sie durch körper-eigene Reparatur-Mechanismen korrigiert.
Behandlung von Schlafapnoe verhindert Demenz
Bei der sog. obstruktiven Schlafapnoe (Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom /OSAS) kommt es im Schlaf wiederholt zu einer teilweisen Verlegung der Atemwege mit daraus folgendem Sauerstoff-Mangel. Häufig geht das OSAS mit Schnarchen und Tages-Müdigkeit einher. Das nächtliche Tragen einer Atemmaske und Atmung mit leichtem Überdruck führt dazu, dass die Atemwege offenbleiben. In einer aktuellen Untersuchung von rund 53.000 Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe und einem Alter über 65J. wurde der Einfluss einer Atem-Therapie mit leichtem Überdruck auf das spätere Demenz-Risiko untersucht. Es zeigte sich, dass bei Behandlung das Risiko für eine Demenz vom Alzheimer-Typ um 22% und für andere Demenz-Formen um 31% geringer war.
Kommentar: Im Zusammenhang mit einem unbehandelten Schlafapnoe-Syndrom sind vielfältige Gesundheits-Störungen beobachtet worden wie hoher Blutdruck, Herzrhythmus-Störungen, Diabetes mellitus, Hörsturz und Tinnitus. Die jetzt gezeigten Daten mit Fokus auf das Demenz-Risiko betonen nochmals die Notwendigkeit einer konsequenten, fachgerechten Behandlung.
Gefahr für die Aorta durch Antibiotika
Sog. Gyrase-Hemmer oder auch Chinolone (z.B. Ciprofloxacin) sind Antibiotika, die gegen bakterielle Infektionen eingesetzt werden. Nach Behandlung mit diesen Substanzen ist über Erkrankungen der Haupt-Schlagader des Körpers (Aorta), wie z.B. Aorten-Aneurysmen (Erweiterung der Aorta), berichtet worden. Aktuell wurde der Verlauf von mehr als 30.000 Patienten mit bereits bekannter Aorten-Erkrankung untersucht, wenn sie mit den o.g. Antibiotika behandelt wurden. Nach Behandlung mit Gyrase-Hemmern zeigte sich eine um rund 30% höhere Sterberate. Dagegen war die Therapie mit Amoxicillin (Penicillin-Präparat) nicht mit einem erhöhten Risiko verbunden.
Kommentar: Die Autoren empfehlen, bei den genannten Risiko-Patienten auf den Einsatz von Gyrase-Hemmern zu verzichten, sofern andere Therapie-Optionen zur Verfügung stehen.
COVID-19: Kann Asthma-Spray helfen?
Schon früh war aufgefallen, dass Patienten mit chronischen Lungen-Erkrankungen nicht in dem erwarteten Ausmaß von schweren Verläufen im Rahmen einer Corona-Infektion betroffen waren. Es war vermutet worden, dass die von diesen Patienten häufig benutzten Kortison-Sprays sich in dieser Situation vorteilhaft auswirken. Jetzt ging eine Forscher-Gruppe aus Oxford dieser Hypothese in einer Studie mit 146 Patienten und einer milde verlaufenden Corona-Infektion in der Frühphase nach. Die Patienten erhielten randomisiert (zufallsmäßige Zuteilung der Therapie, wie beim Werfen einer Münze) entweder ein Kortison-haltiges Asthma-Spray (Budenosid) zweimal täglich, oder nur die sonst übliche Therapie. In der Gruppe mit Asthma-Spray mussten im weiteren Verlauf nur 2 Pateinten notfallmäßig (inclusive Krankenhaus) behandelt werden, gegenüber 11 Patienten in der Gruppe ohne Asthma-Spray.
Kommentar: Die vielversprechenden Ergebnisse dieser Studie könnten auf die antientzündliche Wirkung der Kortison-Sprays in der Lunge zurückzuführen sein. Eine Bestätigung dieser Ergebnisse in einer weiteren Untersuchung wäre wünschenswert.
Keine Depression durch Beta-Blocker
Beta-Blocker (BB) gehören zu den meist-verordneten Medikamenten in der Herz-Kreislauf-Medizin und kommen häufig bei Patienten mit Herzschwäche, früherem Herzinfarkt, Rhythmus-Störungen oder hohem Blutdruck zur Anwendung. Als mögliche Nebenwirkung galt das Auftreten oder die Verstärkung depressiver Störungen unter einer BB-Therapie. Entsprechend wurden gefährdete Personen oft nicht mit Beta-Blockern behandelt. In einer zusammenfassenden Analyse früherer Studien mit mehr als 50.000 Teilnehmern konnte aktuell kein höheres Risiko für das Auftreten einer Depression bei Patienten mit BB im Vergleich zu Placebo oder anderen aktiven Medikamenten nachgewiesen werden. Auch für andere psychische Erkrankungen ergab sich kein erhöhtes Risiko. Während eine Tendenz zur Besserung bei Angst-Störungen nachweisbar war, zeigte sich ein möglicher Trend zu vermehrten Schlaf-Störungen unter BB-Behandlung.
Kommentar: Es besteht also kein Grund, auf den sinnvollen Einsatz von BB aus Angst vor Auftreten oder Verstärkung einer Depression zu verzichten. Auch das oft geübte Absetzen einer bestehenden BB-Therapie bei Auftreten von depressiven Störungen muss hinterfragt werden.
Herzrasen durch Post-COVID-Syndrom
Bisher wurden unterschiedlichste Gesundheits-Störungen nach überstandener Corona-Infektion dokumentiert und unter dem Begriff Post-COVID-Syndrom oder auch Long-COVID-Syndrom zusammengefasst. Aktuell wird über Fälle von Patienten mit einem sog. posturalen orthostatischen Tachykardie-Syndrom (Abkürzung POTS) berichtet. Dabei handelt es sich um den unangemessen starken Anstieg der Herzfrequenz (Puls) nach dem Wechsel der Körperposition aus sitzender oder liegender Stellung hin zum Stehen. Die Beschwerden im Sinne von Herzrasen waren erst Monate nach einer Corona-Infektion aufgetreten.
Kommentar:
Zum besseren Verständnis sollen die folgenden Ausführungen dienen:
Kreislauf-Reaktion beim Aufstehen
Normalerweise würde ein größerer Teil des Blutes beim Aufstehen, der Schwerkraft folgend, in die unteren Körperpartien z.B. in die Beine verlagert. Um einen stabilen Blutdruck und weiterhin eine ausreichende Durchblutung des Gehirns zu gewährleisten, reagiert das vegetative Nervensystem mit einer Verengung der Beinvenen, auch kommt es zu einem leichten Pulsanstieg. Dadurch kann in der Regel ein stabiler Blutdruck aufrechterhalten werden.
Pathologische Reaktion
Gelegentlich kommt es zu einer Störung dieser Gegenregulation. Dann kann es bei den Betroffenen zu einem starken Abfall des Blutdrucks kommen. Dabei fällt insbesondere der systolische Blutdruck beim Wechsel vom Sitzen oder Liegen zum Stehen um mehr als 20mmHg ab. Die Folge ist eine verminderte Durchblutung des Gehirns. Die Betroffenen verspüren Schwindel, Leistungs-Schwäche, Benommenheit, Sehstörungen bis hin zu kurzen Ohnmachtsanfällen mit Sturz (Synkope). Fast Jeder hat die ersten Anzeichen schon einmal nach sehr raschem Aufstehen bemerkt, mit kurzzeitigem „Schwarzwerden vor den Augen“. Allgemein werden die Beschwerden unter dem Begriff „Orthostatische Dysregulation“ zusammengefasst. Typischerweise bessern sich die Beschwerden rasch nach erneutem Hinlegen. Meist sind ältere Personen betroffen. Zur Behandlung kommen unterschiedliche Ansätze wie salzreiche Ernährung, Ausdauersport, das Tragen von Kompressions-Strümpfen, gelegentlich auch medikamentöse Maßnahmen in Frage. Wichtig ist die Prävention. Gefährdete Personen sollten rasches Aufstehen vermeiden, vor dem Aufstehen zunächst die Bein-Muskulatur aktivieren. Bei ersten Anzeichen (z.B. "Schwarzwerden vor den Augen") kann sofortiges Hinhocken oder Hinlegen einem sonst drohendem Ohnmachts-bedingten Sturz mit möglichen Verletzungen vorbeugen.
POTS
Bei einer Sonderform dieser gestörten Stehreaktion kommt es weniger zu einem Blutdruckabfall. Stattdessen aber zu einem deutlichen Anstieg der Herzfrequenz (Puls) um mehr als 30 Herzschläge pro Minute im Verlauf von 10-minütigem Stehen. Dies kann ähnliche Beschwerden auslösen. Im Vordergrund steht aber oft das Gefühl von Herzrasen. Anders als bei der oben beschriebenen Orthostase-Störung sind vorwiegend jüngere Frauen betroffen. Schon in der Vergangenheit wurde beobachtet, dass dieses Syndrom häufig nach Infekten auftritt. Aktuell konnte dies nun, wie oben erwähnt, auch bei Patienten nach COVID-19-Infektion beobachtet werden. Ursächlich werden als Folge der Infektion Autoimmun-Reaktionen vermutet, die das vegetative Nervensystem betreffen. Häufig kommt es zu einer spontanen Besserung im Verlauf von Monaten/Jahren.
Neues Grippe-Mittel verhindert Ansteckung
Herz-Kreislauf-Patienten sind im Rahmen einer Grippe-Infektion besonders gefährdet. Grippe-Medikamente wie z.B. Oseltamivir (Tamiflu®) oder Bolaxavir (war bisher nur in USA und Japan zugelassen) können den Krankheitsverlauf etwa um einen Tag verkürzen. Für Bolaxavir konnte gezeigt werden, dass in Familien 85% weniger Ansteckungen auftraten, wenn die Familien-Mitglieder eines Erkrankten das Medikament einnahmen. Das Medikament ist jetzt EU-weit zugelassen und unter dem Namen Xofluza® erhältlich. Der Wirkstoff verhindert die Vervielfältigung von Influenza A- und Influenza-B-Viren. Das Medikament ist zur Behandlung der Influenza zugelassen, wenn es innerhalb von 48 Stunden nach Beginn der ersten Symptome eingenommen wird. Darüber hinaus kann das Präparat zur sog. Postexpositions-Prophylaxe, d.h. zur prophylaktischen Einnahme nach Kontakt mit einem Grippe-Kranken eingenommen werden. Die Zulassung gilt für Personen ab 12 Jahren. Die Dosierung beträgt einmalig 40mg, bzw. 80mg ab einem Körpergewicht von 80 kg. Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden nicht berichtet. An möglichen Nebenwirkungen traten u.a. allergische Reaktionen, Kopfschmerz, Durchfall und Übelkeit auf.
Kommentar: Während die verkürzte Erkrankungs-Dauer nicht sonderlich beeindruckt, imponiert die gute Wirkung zur Verhinderung von Infektionen bei Kontakt-Personen. Zu den Studien-Ergebnissen von Bolaxavir siehe auch den früheren HERZ-NEWS-Beitrag ("Medikament verhindert Grippe-Infektion") weiter unten. Unabhängig von den obigen Ergebnissen besteht weiterhin die Empfehlung zur Schutz-Impfung von gefährdeten Personen (siehe früherer HERZ-NEWS-Beitrag "Aktuelle Empfehlungen zur Grippe-Impfung" in diesem Abschnitt).
Vorboten des Schlaganfalls ernst nehmen
Neurologische Symptome wie Lähmungen, Sprachstörungen oder Sehstörungen sollten immer ernst genommen werden, auch wenn sie sich innerhalb von Minuten oder wenigen Stunden wieder zurückbilden. Diese sog. transitorisch ischämischen Attacken (TIA) sind oft Vorboten eines vollständigen Schlaganfalls, der schon wenige Tage, aber auch noch Monate oder Jahre nach einer TIA auftreten kann. In einer langfristigen Untersuchung der Framingham-Studie war es in 30% der Fälle im Verlauf von rund 9 Jahren nach einer TIA zu einem kompletten Schlaganfall gekommen.
Kommentar: Auch bei raschem Abklingen neurologischer Symptome sollten Patienten sich nicht in falscher Sicherheit wiegen. Durch unverzügliche Ursachen-Suche und Therapie kann heute häufig das Fortschreiten zu einem kompletten Schlaganfall verhindert werden. Neben der Einstellung von Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes und Cholesterin-Erhöhung sind oft auch Maßnahmen zur Durchblutungs-Verbesserung (ASS, Stent, Operation) erforderlich. Bei Vorhofflimmern ist die rasche Gabe von Gerinnungshemmern geboten.
Mit Lakritz gegen Corona-Viren
Auf der Suche nach einer Behandlung gegen COVID-19 werden weltweit vielfältige Ansätze verfolgt. Ein Forscher-Team um A. Krawczyk (Universität Essen) berichtet aktuell über die Wirkung von Lakritz auf Corona-Viren (SARS-CoV-2). Lakritz enthält den eingedickten Saft aus der getrockneten Süßholzwurzel, deren Extrakt für den charakteristischen Geschmack und eine enorme Süßkraft verantwortlich ist. Als wesentlicher Bestandteil gilt das sog. Glycyrrhizin. Die Forscher konnten in Zellkulturen zeigen, dass Glycyrrhizin Coronaviren neutralisiert. Auch konnte der zugrunde liegende Mechanismus der antiviralen Wirkung identifiziert werden. Ein bestimmtes Eiweiß, dass für die Virus-Vermehrung von Bedeutung ist, wird nämlich durch Glycyrrhizin gehemmt.
Kommentar: Der Wirkstoff Glycyrrhizin ist neben zahlreichen Lakritz-Produkten auch in Süßholz-Tees enthalten. Bereits in früheren Untersuchungen hatten sich Hinweise auf antivirale Wirkungen, z.B. gegen Herpes-Viren, Hepatitis-Viren und andere Corona-Viren gezeigt. Die ermutigenden Labor-Ergebnisse bedürfen jetzt einer Überprüfung in klinischen Studien. Es ist zu berücksichtigen, dass Lakritz in größeren Mengen durchaus schädliche Nebenwirkungen, wie z.B. einen Blutdruck-Anstieg, Wasser-Einlagerungen oder Rhythmus-Störungen, entfalten kann. Der unkritische Verzehr größerer Mengen sollte insbesondere von Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, hohem Blutdruck, Diabetes oder Gerinnungshemmer-Therapie vermieden werden. Allgemein wird empfohlen, eine tägliche Verzehrmenge von 100 g (nur 50 g bei Stark-Lakritz) nicht zu überschreiten. Die oben berichteten Ergebnisse sind insofern unter Vorbehalt zu betrachten, als eine Überprüfung durch unabhängige wissenschaftliche Gutachter (Peer Review) noch nicht erfolgt ist.
E-Zigaretten punkten gegen konventionelle Zigaretten
Die schädlichen Auswirkungen des Rauchens beruhen unter anderem auf der Förderung von Entzündungsprozessen und sogenanntem oxidativen Stress. Beides wurde jetzt anhand von Laborwerten bei vier Gruppen von Teilnehmern gemessen: Bei Rauchern, Nicht-Rauchern, Konsumenten von E-Zigaretten und einer Gruppe, die sowohl konventionelle Zigaretten als auch E-Zigaretten konsumierten. Während Raucher mit und ohne begleitenden Konsum von E-Zigaretten deutlich pathologische Werte aufwiesen, war dies bei Nicht-Rauchern und auch denjenigen, die nur E-Zigaretten konsumierten, nicht der Fall.
Kommentar: Zumindest für die im Labor gemessenen Parameter der Entzündung und des oxidativen Stresses unterschieden sich Raucher und Konsumenten von E-Zigaretten deutlich. Zwar ist über sonstige langfristige Wirkungen des Konsums von E-Zigaretten wenig bekannt, sodass der Konsum allgemein nicht empfohlen wird. Im direkten Vergleich mehren sich aber Befunde, die zumindest für eingefleischte Raucher die Umstellung auf E-Zigaretten nahelegen.
Herztod durch nächtlichen Fluglärm?
Häufig gehen kardiovaskulären Ereignissen wie einem Herzinfarkt bestimmte Auslöser ("Trigger") voraus. In der Vergangenheit waren ungewohnte schwere körperliche Belastungen (z.B. Schneeschaufeln), sehr negative oder auch positive emotionale Ereignisse, Übermüdung, schwere Mahlzeiten oder sexuelle Aktivität als mögliche "Trigger" eines Herzinfarktes identifiziert worden. In der aktuellen Studie wurde der Zusammenhang von akuten Belastungen durch nächtlichen Fluglärm und dem Auftreten kardiovaskulärer Todesfälle (Tod durch Herzinfarkt, Herzschwäche, Rhythmus-Störung u.a.) untersucht. Die Forscher werteten hierzu die Daten von nahezu 25.000 Bewohnern der Umgebung des Züricher Flughafens aus, die über einen Zeitraum von 15 Jahren an Herz-Kreislauf-Erkrankungen verstorben waren. In 3% der Fälle fand sich ein Zusammenhang mit einer akuten Fluglärm-Exposition innerhalb von 2 Stunden vor dem tödlichen Ereignis.
Kommentar: Über die negativen Auswirkungen chronischen Lärms auf das Herz-Kreislauf-System war bereits in der Vergangenheit berichtet worden. Die aktuelle Studie legt auch einen Zusammenhang zwischen akuter Lärm-Exposition und dem Auftreten kardiovaskulärer Todesfälle innerhalb von 2 Stunden nahe. Akute Lärm-Ereignisse sollten daher wie die anderen oben genannten Trigger als potentielle Auslöser akuter Herz-Kreislauf-Ereignisse in Betracht gezogen werden. Trotz des intelligenten Studien-Designs kann ein kausaler Zusammenhang aber nicht als gesichert gelten.
Medizin-Nobelpreis 2020: Für Leber ......und Herz
Der diesjährige Nobelpreis für Medizin wurde 3 Forschern (H. Alter, M. Houghton, C. Rice) für die Entdeckung des Hepatitis C-Virus verliehen. Dieser wissenschaftliche Durchbruch ebnete den Weg für die mögliche Heilung dieser Erkrankung, die bei chronischem Verlauf oft zu einer Leber-Zirrhose und bösartigen Leber-Tumoren führt. Weniger bekannt ist, dass die chronische Leberentzündung auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall erhöht. Auch andere Herz-Beteiligungen wie Herzmuskel-Schäden, Rhythmus-Störungen und Veränderungen von Herzklappen werden mit der chronischen Entzündung in Verbindung gebracht. Durch die heute mögliche Behandlung der Leber-Erkrankung können auch die Folgen für das Herz-Kreislauf-System verhindert werden.
Herz-Kreislauf-Komplikationen bei Grippe
In den USA wurde bei fast 12% von rund 80.000 Patienten, die wegen Grippe stationär behandelt wurden, eine Herz-Kreislauf-Komplikation festgestellt. In etwa der Hälfte der Fälle handelte es sich um eine Herzschwäche, bei der anderen Hälfte um akute Durchblutungs-Störungen des Herzens (meist Herzinfarkt). Das Risiko für Herz-Kreislauf-Probleme war besonders hoch bei älteren Patienten, Rauchern, Diabetikern und Patienten mit bereits bekannten Herz-Kreislauf- oder Nieren-Erkrankungen.
Kommentar: Die Daten bestätigen noch einmal die Leitlinien-Empfehlungen zur Grippe-Schutzimpfung, besonders bei gefährdeten Personen, auch um Herz-Kreislauf-Komplikationen zu vermeiden. Siehe hierzu auch den Herz-News-Beitrag weiter unten: "Aktuelle Empfehlungen zur Grippe-Impfung".
Schützt Grippe-/Pneumokokken-Impfung vor Alzheimer?
Bei Herz-Kreislauf-Patienten wird häufig eine Impfung gegen Grippe und/oder Pneumokokken empfohlen. Auf einer internationalen Alzheimer-Konferenz (AAIC 2020) wurde aktuell berichtet, dass eine Pneumokokken-Schutzimpfung im Alter von 65-75 Jahren mit einem bis zu 38% geringeren Risiko für eine spätere Alzheimer-Erkrankung einherging. In einer anderen Untersuchung war eine mindestens einmalige Grippe-Impfung ab einem Alter von 60 Jahren mit einem 17% geringeren Alzheimer-Risiko verbunden.
Kommentar: In der Vergangenheit wurden verschiedenste Erreger mit der Entstehung der Alzheimer-Erkrankung in Verbindung gebracht. Es ist bekannt, dass durch Impfungen unspezifische Immun-Effekte unabhängig von dem spezifischen Erreger, gegen den die Impfung sich richtet, erreicht werden können (siehe auch den Beitrag weiter unten: "Schützt Polio-Impfung vor Corona?"). Beweisend sind die o.g. Befunde aber nicht. Es ist durchaus denkbar, dass der Lebensstil von denen, die sich impfen ließen, im Vergleich zu Personen ohne Impfung unterschiedlich war, sodass auch andere Faktoren (z.B. Ernährung, Sport u.a.) für den beobachteten Effekt verantwortlich sein könnten.
Tablette schützt vor Grippe-Infektion
Herz-Kreislauf-Patienten sind im Rahmen einer Grippe-Infektion besonders gefährdet. Grippe-Medikamente wie z.B. Oseltamivir (Tamiflu®) oder Bolaxavir (bisher nur in USA und Japan zugelassen) können den Krankheitsverlauf verkürzen. In Japan wurde jetzt untersucht, ob sich Grippe-Infektionen durch Bolaxavir auch verhindern lassen. Dazu erhielten Haushalts-Angehörige von 545 Grippe-Kranken einmalig entweder Bolaxavir oder ein Schein-Medikament (Placebo). Während nach Bolaxavir-Gabe nur 1,9% der Teilnehmer eine Grippe entwickelten, waren dies 13,6% in der Placebo-Gruppe.
Kommentar: Nach diesen Ergebnissen zeichnet sich eine neue Option zur Vermeidung einer Grippe-Infektion ab. In der Studie war die Medikamenten-Gabe in der Regel sehr früh, d.h. innerhalb von 24 Stunden nach Beginn der Symptome des erkrankten Familien-Mitglieds, erfolgt. Es bleibt zu klären, ob auch bei späterem Therapie-Beginn vergleichbar gute Resultate erzielt werden können. Weiterhin besteht die Empfehlung zur Schutz-Impfung von gefährdeten Personen (siehe früherer HERZ-NEWS-Beitrag "Aktuelle Empfehlungen zur Grippe-Impfung" in diesem Abschnitt).
Schlaganfall-Risiko bei COVID-19 höher als bei Grippe
In New York wurde bei 1,6% der Patienten mit SARS-CoV-2-Infektion ein Schlaganfall festgestellt, dagegen nur bei 0,2 % der Patienten mit Grippe. Insgesamt waren etwa 3500 Patienten für diese Studie untersucht worden.
Kommentar: Das etwa 8-fach höhere Risiko für einen Schlaganfall im Rahmen der Corona-Infektion im Vergleich zur Grippe-Erkrankung deutet einmal mehr auf die grundlegend unterschiedlichen Risiko-Kategorien der beiden Infektions-Krankheiten. Über andere noch häufigere Gefäß-Komplikationen wie Thrombosen, Lungenembolien und Herzinfarkte war bereits früher berichtet worden.
Bei Schlaganfall zählt jede Minute
Den meisten Schlaganfällen liegt der akute Verschluss einer Gehirnarterie durch ein Blutgerinnsel zugrunde. Durch Medikamente, die Blutgerinnsel rasch auflösen (Thrombolyse), kann die Durchblutung der verschlossenen Arterie wiederhergestellt werden. Dies muss möglichst rasch geschehen, da Gehirnzellen nur kurze Zeit ohne Sauerstoff überleben können. Allerdings sind einige Untersuchungen wie eine neurologische Diagnostik und eine Computer-Tomographie (CT) des Gehirns vor der Therapie erforderlich. In Schweden wurde bei mehr als 14.000 Patienten dafür eine Zeitspanne von im Mittel 47 Minuten benötigt. Mit jeder Minute Zeit-Verzögerung bis zur Einleitung der Therapie nahm das Sterbe-Risiko um 0,6% zu. Auch das Risiko für bleibende Behinderungen erhöhte sich mit zunehmendem Zeit-Bedarf.
Kommentar: Die Wiederherstellung der Durchblutung muss bei einem Schlaganfall so schnell wie möglich angestrebt werden. Entsprechend sind die Teams in den Kliniken kontinuierlich darum bemüht, alle Abläufe zu optimieren, um möglichst schnell die Thrombolyse-Therapie durchzuführen. Leider geht im Vorfeld oft wertvolle Zeit verloren, weil betroffene Patienten zu lange zögern, den Notruf 112 zu wählen.
Schützt Polio-Impfung vor Corona?
Im angesehenen Wissenschafts-Magazin "Science" wird von R. Gallo (Mit-Entdecker des AIDS-Virus) erörtert, dass eine Impfung gegen Kinderlähmung (Polio) vor einer Corona-Infektion schützen könnte. Im Rahmen der Polio-Impfungen mit abgeschwächten, aber noch lebenden, Viren wurde beobachtet, dass auch andere Virus-Erkrankungen wie Grippe, Herpes Simplex (Genital-Herpes) u.a. deutlich seltener auftraten. Sogar gegen einige bakterielle Erkrankungen war ein protektiver Effekt nachweisbar. Mit anderen sog. Lebend-Impfstoffen wie bei Masern- oder Windpocken-Impfung, aber auch mit der Impfung gegen die bakterielle Tuberkulose (BCG-Impfstoff), konnten ebenfalls unspezifische Erfolge beobachtet werden. Dies könnte auf einen generellen Effekt der Impfungen gegen Infektions-Erkrankungen hinweisen. So wird allgemein das Immunsystem gegen eine Vielzahl von Erregern aktiviert. Dieser unspezifische Schutz könnte auch dann noch wirksam sein, wenn Corona-Viren sich verändern (mutieren) und zukünftig entwickelte Corona-Impfstoffe ggf. schon ihre Wirksamkeit verloren haben. Impfungen mit abgetöteten Viren scheinen dagegen nicht zu einer ähnlich breiten Immunabwehr zu führen.
Kommentar: Aktuelle Studien zu dieser Thematik müssen abgewartet werden, um die noch vielen offenen Fragen zu klären.
Schwere der Corona-Infektion hängt auch von Blutgruppe ab
Aktuelle Daten zeigen, dass die Schwere des Krankheitsverlaufs bei einer Corona-Infektion auch von der Blutgruppe der Patienten abhängt.
Es wurden mehr als 1600 Patienten aus spanischen und italienischen Kliniken erfasst, die wegen Atemversagen bei COVID-19 eine Sauerstoff-Gabe bzw. eine Behandlung mit einem Beatmungsgerät benötigten. Bei diesen Patienten und 2200 gesunden Blutspendern wurde die DNA ( Desoxyribonukleinsäure, Träger der Erb-Information) untersucht. Patienten mit Blutgruppe A hatten ein etwa 45% höheres Risiko für einen schweren Verlauf mit Atemversagen, Patienten mit Blutgruppe 0 dagegen ein 35% geringeres Risiko. Die Patienten mit den Blutgruppen B und AB lagen dazwischen.
Kommentar: Aus früheren Untersuchungen ist bekannt, dass bei Personen mit Blutgruppe 0 eine geringere Aktivität einiger Gerinnungs-Faktoren vorliegt. Dadurch kann die Fähigkeit zur Blutgerinnung beeinträchtigt sein. Im Falle von Verletzungen kann sich dies ungünstig auswirken. Im Falle einer Corona-Infektion besteht aber eine erhöhte Gerinnungs-Neigung des Blutes. Die Patienten sind daher durch Gerinnsel-Bildungen in verschiedenen Organen bedroht. In dieser Situation kann sich die etwas geringere Neigung zur Blutgerinnung bei Patienten der Blutgruppe 0 günstig auswirken, während die stärkere Gerinnungs-Neigung des Blutes bei Blutgruppe A die Situation zusätzlich verschlechtert.Vergleichbare Forschungs-Ergebnisse wurden bereits im März aus China berichtet.
Plötzlicher Herz-Stillstand doppelt so häufig während Pandemie
In Paris wurden Rettungs-Einsätze während der Corona-Pandemie-Wochen untersucht und mit den entsprechenden Zeiträumen der vorhergehenden Jahre verglichen. In den Wochen 13 und 14 fiel aktuell eine Verdoppelung von Fällen mit plötzlichem Herzstillstand außerhalb einer Klinik von 13,4 auf 26,6 pro eine Million Einwohner auf. Auch nahm die Erfolgsrate der Wiederbelebungen in diesem Zeitraum ab. Danach normalisierte sich die Zahl der plötzlichen Herztode wieder. Nur für einen Teil der Pariser Fälle wird ein direkter Zusammenhang mit einer akuten Corona-Infektion vermutet. Auch indirekte Faktoren, wie z.B. die Vermeidung von Operationen oder Arztbesuchen im Rahmen des "Lockdowns" könnten zu diesem Befund beigetragen haben. Die Normalisierung in den folgenden Wochen wird mit einer Reorganisation der Notfall-Systeme erklärt, die einen besseren Zugang für Patienten zu medizinischer Beratung und Versorgung gewährleisten. Auch in Italien (Lombardei) war ein Anstieg von Fällen mit plötzlichem Herzstillstand außerhalb der Klinik beobachtet worden.
Kommentar: In diesem Kontext soll noch einmal daran erinnert werden, dass die Risiken eines Herzinfarktes mit drohendem Herzstillstand oder anderer ernster Erkrankungen ungleich schwerer wiegen als die Risiken einer Corona-Infektion. Bei unklaren Beschwerden sollte rechtzeitig ärztlicher Rat eingeholt werden. Siehe hierzu auch der Beitrag "Selbstmord aus Angst vor Corona" im Abschnitt "Herzinfarkt/KHK".
Gerinnsel in entzündeten Blutgefäßen typisch bei COVID-19
Die Untersuchung der Lunge von 7 an SARS-CoV-2 verstorbenen Patienten zeigte deutliche Zerstörungen und Entzündungs-Prozesse der sog. Endothelzellen (Innenhaut von Blutgefäßen) sowie die Anwesenheit von Viren in den zerstörten Endothelzellen. Darüber hinaus fanden sich ausgedehnte Gerinnsel (Thromben), die für den Verschluss von Blut-Gefäßen verantwortlich waren. Ein Vergleich mit an Grippe Verstorbenen zeigte, dass bei COVID-19 etwa 9 x mehr Thromben-Bildungen vorhanden waren.
Kommentar: Ähnliche Befunde waren bereits von Züricher und Hamburger Forschern auch in anderen Organen beschrieben worden (siehe Beitrag weiter unten). Die Viren befallen offensichtlich bevorzugt die Endothelzellen der Blutgefäße. Die dann folgende Entzündungsreaktion führt neben der Zell-Zerstörung zu auch ausgedehnten Gerinnseln als Folge einer Aktivierung der Blutgerinnung. Da der Befall des Endothels sich in mehreren Organen mit ähnlichen Folgen abspielt, erklärt sich das oft beobachtete Multiorgan-Versagen bei den Patienten. Therapeutisch stehen Medikamente gegen den Entzündungsprozess, die Viren selbst sowie Blutgerinnungs-Hemmer im Focus der Forschung.
Entzündung und Gerinnung bestimmen die Prognose
Von 1150 Corona-Patienten aus 2 New Yorker Krankenhäusern mussten 257 (22%) intensiv-medizinisch behandelt werden. Von diesen Schwer-Kranken verstarben 39% im Krankenhaus. Patienten mit früheren Herz- oder Lungen-Erkrankungen, sowie generell Ältere waren dabei besonders gefährdet. Die Forscher fanden aber auch ein besonders hohes Risiko, wenn Blut-Laborwerte eine hohe Entzündungs-Aktivität (Interleukin-6) oder Gerinnungs-Aktivität (D-Dimer) anzeigten. Je mehr diese Laborwerte erhöht waren, umso größer war das Risiko, im Krankenhaus zu versterben.
Kommentar: Die Ergebnisse untermauern den besonderen Stellenwert von Entzündungs-Prozessen, die bei Corona-Infektionen auch die Blutgefäße betreffen. Als Folge dieser Entzündungs-Aktivität kommt es zu einer gesteigerten Gerinnbarkeit des Blutes mit den möglichen Folgen von Thrombosen, Lungenembolien, Herzinfarkten, Schlaganfällen und Komplikationen in anderen Organen.
Häufige Lungenembolien bei Corona-Patienten
In Lille (Frankreich) fanden Ärzte bei 22 von 107 Corona-Patienten (20,6%), die intensiv-medizinisch behandelt wurden, eine Lungen-Embolie. Alle Patienten hatten eine sachgerechte medikamentöse Thrombose-Prophylaxe erhalten. Während eines vergleichbaren Zeitraums im vorhergehenden Jahr (vor Corona-Ära) war nur bei 6,1 % der Patienten eine Lungenembolie beobachtet worden.
Poissy J et al. Circulation 2020. 10.1161/CIRCULATIONAHA.120.047430
Kommentar: Wie die letzten Beiträge zeigt auch diese Untersuchung die auffällige Neigung zur Bildung von Blutgerinnseln bei Corona-Patienten. Ob die bisher üblichen medikamentösen Maßnahmen zur Verhinderung von Thrombosen und Lungenembolien in diesen Fällen ausreichend sind, ist aktueller Gegenstand der Forschung.
Schlaganfälle drohen auch jungen Corona-Patienten
New Yorker Ärzte des Mount Sinai Hospitals behandelten innerhalb von 2 Wochen 5 Corona-Patienten im Alter unter 50 Jahren mit größeren Schlaganfällen. Die Patienten hatten sonst nur geringe Symptome von Seiten der Corona-Infektion gezeigt. Die Schlaganfälle waren aufgrund von Gerinnsel-Bildungen in großen Arterien aufgetreten, mit entsprechend gravierenden Folgen für die Betroffenen. Schlaganfälle dieser Art würden bei jungen Patienten sonst nur sehr selten beobachtet.
Quelle: Oxley T et al. N Engl J Med. Scheduled for publication online April 29, 2020.
McNamara D, Medscape Medical News 24.4.2020
Kommentar: Auch bei jungen Patienten mit wenig Beschwerden kann die im Verborgenen ablaufende Entzündung der inneren Gefäßwände (Endothel) die Bildung von Blutgerinnseln in Gang setzen und die Durchblutung in den betroffenen Organen gefährden. Schlaganfälle, Herzinfarkte, Lungenembolien oder andere Organ-Schäden können die Folge sein.
Häufig thrombotische Komplikationen bei COVID-19
In einer aktuellen Studie aus den Niederlanden wird über 184 SARS-CoV-2-Patienten berichtet, die intensiv-medizinisch betreut wurden. In 31% der Fälle wurden thrombotische Komplikationen beobachtet, trotz routinemäßiger Behandlung mit gerinnungs-hemmenden Substanzen zur sog. Thrombose-Prophylaxe. Überwiegend handelte es sich um Beinvenen-Thrombosen und Lungen-Embolien (27%), aber auch arterielle Komplikationen wie Herzinfarkt und Schlaganfall (4 %).
Quelle: F.A. Klok, et al., Thrombosis Research, https://doi.org/10.1016/j.thromres.2020.04.013.
McNamara D, Medscape Medical News 24.4.2020
Kommentar: Ursächlich dürfte, wie früher berichtet, die offensichtlich generalisierte Entzündungs-Reaktion der Gefäß-Innenhaut (Endothel) dafür verantwortlich sein, dass sich ausgedehnte Thrombosen im Gefäßsystem entwickeln. Die üblichen Maßnahmen und Dosierungen von Gerinnungs-Hemmern zur Vorbeugung scheinen in dieser Situation nicht ausreichend zu schützen. Die Autoren raten zu einer sorgfältigen Prophylaxe mit Gerinnungs-Hemmern im oberen Dosierungs-Bereich.
SARS-CoV-2 verursacht Gefäß-Entzündung
Es ist bekannt, dass bei COVID-19-Patienten neben ausgedehnten Lungen-Entzündungen oft auch schwere Schäden in anderen Organen, z.B. im Herz (siehe Beitrag weiter unten) auftreten. Bisher war unklar, wie es dazu kommt. Aktuelle Untersuchungen der Universität Zürich zeigen, dass durch SARS-CoV-2 die Innenhaut (Endothel) von Blutgefäßen entzündlich verändert wird (Endotheliitis). Die Viren konnten zusammen mit Zell-Schädigungen mit Hilfe eines Elektronen-Mikroskops direkt im Endothel mehrerer Organe nachgewiesen werden. Als Folge der Entzündungen kann die Durchblutung in den betroffenen Organen, z.B. durch die Bildung von Blutgerinnseln, beeinträchtigt werden. Da bei Patienten mit bekannten Herz-Kreislauf-Erkrankungen bereits ein geschädigtes Endothel vorliegt, erklärt sich, dass diese Patienten besonders gefährdet sind.
Quelle: Varga Z, Flammer AJ et al. Lancet April 2020.
DOI:https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)30937-5
DocCheck News 21.4.2020
Kommentar: Die Autoren betonen, dass das Gefäßsystem besonders bei Herz-Kreislauf Patienten aber auch schon bei Vorliegen von Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes oder Übergewicht geschützt werden sollte. Hierzu werden bekannte Medikamenten-Gruppen wie ACE-Hemmer, Statine und bestimmte antientzündliche Strategien vorgeschlagen. Auch das gehäufte Auftreten von Venen-Thrombosen und Lungenembolien könnte auf die beobachtete Schädigung des Endothels zurückzuführen sein. US-Ärzte hatten erst kürzlich Empfehlungen für eine sorgfältige Thrombose-Prophylaxe bei COVID-19-Patienten zusammengestellt. Patienten, die bereits Medikamente zur Beeinflussung der Blutgerinnung einnehmen (z.B. ASS, Aspirin, Clopidogrel, Plavix, Brilique, Efient, Marcumar, Pradaxa, Eliquis, Xarelto, Lixiana u.a.) sollten die Medikamente nicht ohne triftigen Grund und ärztliche Absprache absetzen.
Kombination von ASS und Xarelto® bei pAVK
Für Patienten mit Verkalkungen der Arterien (Arteriosklerose) wird zur Verbesserung der Fließ-Eigenschaften des Blutes und um Gefäß-Verschlüssen vorzubeugen meist eine Behandlung mit sog. Blutplättchen-Hemmern durchgeführt. In der Regel kommt dabei Acetylsalicylsäure (ASS , Aspirin®) zum Einsatz. Zunehmend wird in Studien auch die Kombination mit Hemmern der Blutgerinnung wie z.B. Rivaroxaban (Xarelto®) erprobt. Dieses Konzept war in einer großen Studie bei Patienten mit koronarer Herz-Krankheit (COMPASS) bereits erfolgversprechend.
In der aktuellen VOYAGER-PAD-Studie wurden jetzt 6564 Patienten mit Beschwerden wegen einer pAVK (periphere arterielle Verschluss-Krankheit, Arteriosklerose der peripheren Arterien, auch bekannt als "Schaufenster-Krankheit") ausgewählt. Alle Patienten hatten kurz zuvor einen operativen Eingriff oder einen Katheter-Eingriff, um die Durchblutung der Extremitäten-Arterien zu verbessern. Bei allen Patienten bestand eine Standard-Therapie mit ASS. Die Patienten erhielten dann randomisiert (zufallsmäßig, wie beim Werfen einer Münze) entweder Xarelto® in einer geringen Dosierung von 2 x 2,5 mg täglich oder ein Placebo-Präparat (Schein-Medikament).
Während einer 28 Monate dauernden Beobachtungs-Phase wurde das Auftreten der folgenden Ereignisse erfasst: Akute Durchblutungsstörung, Amputation, kardiovaskulärer Tod, Herzinfarkt, ischämischer Schlaganfall. Insgesamt trat mindestens eines der genannten Ereignisse bei 17,3% der Patienten unter Xarelto-Behandlung und bei 19.9% der Patienten in der Placebo-Gruppe auf, entsprechend einer 15%igen relativen Risiko-Reduktion. Erwartungsgemäß war die Kombination von ASS und Xarelto® mit einem mäßig höheren Risiko für schwerwiegende Blutungen (2,7 gegenüber 1,9%) verbunden. Hirnblutungen oder tödliche Blutungen waren in beiden Gruppen aber nicht unterschiedlich.
Quelle. „Late-Breaking Clinical Trials 1“ ACC-Kongress 2020 (ACC2020/WCC Virtual Experience)
Bonaca P.M. et al. N Engl J Med 2020, online 28. März
Overbeck P; Kardiologie.org
Kommentar: Aus der geringeren Rate an kardiovaskulären Komplikationen bei nur mäßig erhöhtem Blutungs-Risiko ergibt sich insgesamt ein günstiges Nutzen/Risiko-Verhältnis für die Kombinations-Therapie in der aktuellen Untersuchung. Zusammen mit den schon bestehenden Leitlinien-Empfehlungen in Bezug auf die frühere COMPASS-Studie scheinen bei Vorliegen einer pAVK besonders zwei Patienten-Gruppen von der Kombinations-Therapie zu profitieren:
1) Patienten mit symptomatischer pAVK und kurz zurückliegendem Gefäß-Eingriff
2) Patienten mit pAVK bei gleichzeitigem Vorliegen einer fortgeschrittenen KHK (Koronare Herzkrankheit).
Wie bei allen antithrombotischen Medikamenten muss das Nutzen/Risiko-Verhältnis aber immer im individuellen Fall evaluiert werden. Bei Patienten mit ohnehin hohem Blutungs-Risiko (z.B. schlecht eingestellter hoher Blutdruck) ist eine zusätzliche Erhöhung des Blutungs-Risikos zu vermeiden.
Ergänzend wird auf die schon bestehenden Leitlinien-Empfehlungen bezüglich der COMPASS-Studie verwiesen (siehe folgender Beitrag im Abschnitt "Gerinnungshemmer":
ASS allein oder in Kombination mit niedrig-dosiertem Xarelto® bei KHK: Aktuelle Leitlinien-Empfehlung).
Hohes Risiko bei Corona-Infektion mit Herzschaden
Auch geringste Schädigungen des Herzmuskels können durch Messen des sog. Troponins im Blut festgestellt werden. Dieses Eiweiß kommt sonst praktisch nur im Herzmuskel vor und wird bei einem Herzinfarkt oder anderen Schädigungen des Herzens in das Blut freigesetzt. In Wuhan (China) haben Ärzte nun bei 416 Patienten mit Corona-Infektion das Troponin gemessen. Etwa bei 20% der Patienten konnte so eine Schädigung des Herzens festgestellt werden. Diese Patienten hatten auch häufiger bereits Vorerkrankungen des Herzens, wiesen vermehrt hohe Entzündungs-Werte im Blut auf, mussten häufiger künstlich beatmet werden und hatten letztlich ein etwa 4 mal höheres Sterberisiko als Patienten ohne Herzschädigung. Als Ursache wird ein durch die Viren ausgelöster Entzündungsprozess, entweder direkt im Herzmuskel oder in den Herzarterien, vermutet.
Quelle: Shi et al. JAMA Cardiol. Publ.online March 25,2020 doi:10.1001/jamacardio.2020.0950
Schlimpert V., 26.3.20; Kardiologie.org
Kommentar: Aus den frühen Erfahrungen der chinesischen Ärzte lassen sich folgende Schlussfolgerungen herleiten:
1) Für Patienten mit bekannten kardialen Vorerkrankungen ist die Vermeidung einer Corona-Infektion vordringlich.
2) Im Falle einer Corona-Infektion kann durch Messen des Troponins offensichtlich eine Gruppe von Patienten mit besonders hohem Risiko identifiziert werden.
3) Dies erlaubt die frühzeitige Einleitung weiterer diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen, um dem sonst drohenden deletären Verlauf zu begegnen.
Wegen Corona-Pandemie: Pneumokokken-Schutzimpfung für chronisch Herzkranke besonders empfohlen
Da Patienten mit kardiovaskulären Vorerkrankungen im Rahmen der aktuellen Corona-Pandemie besonders gefährdet sind, raten US-Kardiologen des "American College of Cardiology" neben der Grippeschutzimpfung auch zur Pneumokokken-Impfung bei kardial vorerkrankten Patienten, um bakterielle Sekundär-Infektionen zu vermeiden.
Quelle: JACC, ACC Bulletin vom 13.2. und 9.3.2020
Kommentar: Dies wird auch von den Impf-Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert Koch Instituts abgedeckt. Danach wird die Impfung u.a. empfohlen:
---Generell ab einem Alter von 60 Jahren
---Ab einem Alter von 16 Jahren bei Vorliegen chronischer Erkrankungen von Herz, Lunge, Diabetes mellitus oder bei Patienten mit geschwächter Immunabwehr ( z.B. frühere Milz-Entfernung, HIV, Organtransplantation). Bezüglich der Empfehlungen für Kinder siehe STIKO-Empfehlungen. In der Regel wird Pneumovax® als Impfstoff verwendet. Insbesondere bei geschwächter Immunabwehr kann zunächst ein anderer Impfstoff im Rahmen einer sog. sequentiellen Impfung erforderlich sein. Im Einzelfall muss dies der betreuende Arzt entscheiden. Wie bei anderen Impfungen auch, sollte die Impfung nicht während eines akuten Infektes erfolgen. Auch Gesundheitsminister J. Spahn hat anlässlich der Corona-Pandemie die Pneumokokken-Schutzimpfung ab einem Alter von 60 Jahren, sowie für Patienten mit chronischen Vorerkrankungen empfohlen.
Aktuelle Informationen zur Grippe-Impfung
Wer sollte sich impfen lassen?
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung gegen Grippe insbesondere allen Personen, bei denen im Fall einer Grippe-Infektion ein schwerer Verlauf, z.B. durch Lungenentzündung, zu befürchten ist. Zu den Risikogruppen zählen:
- Personen ab einem Alter von 60 Jahren
- Patienten mit chronischen Erkrankungen
(Krankheiten der Atmungsorgane, Herz / Kreislauf-Krankheiten , Leber- oder Nierenkrankheiten, Diabetes oder andere Stoffwechselkrankheiten, chronische neurologische Krankheiten) sowie Menschen mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten oder HIV-Infektion
- Schwangere
- Medizinisches Personal und Personal in Pflegeeinrichtungen (auch Bewohner)
- Personal in Einrichtungen mit viel Publikumsverkehr (z. B. Busfahrer, Lehrkräfte etc.)
- Angehörige bzw. enge Kontaktpersonen von Menschen mit chronischen Erkrankungen
- Personen mit Kontakt zu Geflügel oder Wildvögeln
Wann sollte die Impfung erfolgen?
Vom Robert-Koch-Institut (RKI) wird die Impfung im Oktober/November empfohlen. Bis zur vollen Wirksamkeit benötigt die Grippe-Impfung einen Vorlauf von 10-14 Tagen. Die Schutzwirkung kann 6-12 Monate andauern, nimmt im Lauf der Zeit aber ab. In den vergangenen Jahren begann die Grippe nach Aussagen des RKI meist um die Jahreswende und dauerte bis Ende März. Bei einer zu frühen Impfung lässt der Impfschutz dann, wenn er benötigt wird, möglicherweise schon wieder nach. Wenn man den optimalen Zeitraum verpasst hat, kann eine Impfung auch während einer laufenden Grippe-Welle noch sinnvoll sein. Es kann nie genau vorhergesagt werden, wie lange eine Influenza-Welle andauern wird. Auch wurde gelegentlich eine zweite Grippe-Welle mit einem anderen Virenstamm beobachtet.
Wie groß ist die Schutzwirkung der Impfung?
Die Impfung kann im Mittel etwa 60% der Erkrankungen verhindern, bei Jüngeren bis zu 80%, bei Älteren etwa 50%. Aber selbst wenn der Ausbruch der Erkrankung nicht verhindert werden kann, zeigt sich bei den geimpften Personen zumindest ein meist milderer Verlauf.
Verträglichkeit der Impfung
Die Grippe-Impfung ist allgemein gut verträglich. Gelegentlich können Rötungen mit schmerzhafter Schwellung an der Einstichstelle auftreten. In den ersten drei Tagen können vorübergehende Allgemein-Symptome wie Muskelschmerzen, Frösteln, Müdigkeit oder Übelkeit auftreten. Schwere Nebenwirkungen wie allergische Reaktionen sind sehr selten. Da es sich bei der Grippe-Impfung um einen Tot-Impfstoff handelt, kann die Impfung keine Grippe-Infektion verursachen. Eine Impfung mit abgeschwächten Viren in Form eines Nasen-Sprays ist nur für Kinder zugelassen.
Wer darf nicht geimpft werden?
Personen mit einer schweren Infektion oder einer fieberhaften Erkrankung (Fieber > 38,5 ) sollen nicht während des Infektes geimpft werden. Bei einer bekannten Allergie gegen Hühner-Eiweiß dürfen die herkömmlichen Grippe-Impfstoffe nicht verwendet werden. In diesen Fällen kann die Impfung mit einem Zellkultur-basierten Grippe-Impfstoff erfolgen.
Welche Impfstoffe stehen zur Verfügung?
Viren von Grippekranken werden isoliert, entweder in bebrüteten Hühnereiern oder Säugetier-Zellkulturen angereichert und inaktiviert. Die Impfstoffe werden aus Antigenen (fremde Stoffe, die im Körper die Produktion von Antikörpern gegen diese Fremdstoffe anregen) weltweit zirkulierender Virenstämme zusammengestellt. In diesem Jahr werden von der STIKO standardmäßig sog. tetravalente Impfstoffe empfohlen, die jeweils 2 Komponenten von Influenza A- und B-Viren enthalten, z.B. A/H1N, A/H3N2, B/ Yamagata und B/ Victoria. Unter anderem sind folgende Impfstoffe verfügbar:
- Vaxigrip Tetra® (Sanofi-Pasteur)
- Influsplit Tetra® (GSK)
- Influvac Tetra® (Mylan)
- Flucelvax Tetra® (Seqirus)
Bei Flucelvax Tetra® handelt es sich um den einzigen in Europa verfügbaren Impfstoff, der in Säugetier-Zellkulturen hergestellt wird und daher auch bei Personen mit Allergie gegen Hühner-Eiweiß eingesetzt werden kann. Ob dieser Impfstoff auch besser vor den zirkulierenden Grippeviren schützt, ist umstritten.
Quelle:https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Impfen/Influenza/faq_ges.htm
Medizin-Nobelpreis 2019: Wie Sauerstoff in Zellen reguliert wird
In diesem Jahr werden die beiden US-Forscher Gregg Semenza und William Kaelin sowie der britische Forscher Sir Peter Ratcliffe für ihre Arbeiten über die zelluläre Sauerstoff-Regulation mit dem Nobel-Preis für Medizin ausgezeichnet. Alle Organe sind auf eine ständige ausreichende Sauerstoff-Zufuhr angewiesen, um den Stoffwechsel und die Energie-Gewinnung aufrecht zu erhalten. In vielen Situationen kann die ausreichende Versorgung mit Sauerstoff aber gefährdet sein, z.B. bei Lungen-Erkrankungen, Kreislauf-Störungen oder Blutverlust. In großer Höhe steht dem Körper aufgrund des geringeren Luftdrucks nicht genügend Sauerstoff zur Verfügung. Der Sauerstoffmangel kann in einzelnen Organen phasenweise auch unterschiedlich ausgeprägt sein. So kann bei körperlicher Belastung eine Sauerstoff-Mangelversorgung besonders in der Muskulatur auftreten. In Situationen mit Sauerstoffmangel kommt es kompensatorisch zu einer verstärkten Produktion von Erythropoetin (EPO). Dieses Hormon, das überwiegend in den Nieren gebildet wird, bewirkt eine vermehrte Bildung von roten Blutkörperchen, die für den Transport von Sauerstoff zuständig sind und damit eine bessere Versorgung mit Sauerstoff gewährleisten. Bei Patienten mit Blutarmut, wie z.B. bei chronischen Nieren-Krankheiten, wird EPO häufig als Medikament zur Besserung der Blutarmut eingesetzt. Bekannt ist das Hormon aber seit Jahren auch als Dopingmittel im Leistungssport.
Die molekularen Mechanismen auf Zellebene, die dafür verantwortlich sind, dass Körperzellen den Grad der Sauerstoff-Versorgung erkennen und die EPO-Produktion entsprechend regulieren, konnten von den diesjährigen Laureaten im Detail beschrieben werden. Die Forscher konnten einen Protein-Komplex (Hypoxia inducible factor, HIF) identifizieren, der bei Sauerstoffmangel vermehrt an das EPO-Gen bindet und so, wie beim Umlegen eines Schalters, zu einer verstärkten Bildung von EPO führt. Wenn wiederum auseichend Sauerstoff zur Verfügung steht, lagert sich Sauerstoff in Form von sog. Hydroxyl-Gruppen (OH) an den Proteinkomplex an. Dies erlaubt dann die Bindung eines weiteren Proteins, VHL genannt, das den Abbau von HIF einleitet. Dadurch wird der Schalter wieder in Richtung verminderter Spiegel von EPO umgelegt. Der „Schalter“ erlaubt es, in verschiedenen Geweben und zu unterschiedlichen Bedingungen, wie ein selbstregulierender Thermostat, die jeweils richtige Sauerstoffmenge zur Verfügung zu stellen. Die Forscher haben fundamentale physiologische Anpassungs-Mechanismen von Menschen und Tieren entschlüsselt, wie das Nobelkomitee in seiner Würdigung festhält.
Damit ehrt das Nobelkomitee auch in diesem Jahr Grundlagenforscher, deren Erkenntnisse weit über das reine Verständnis zellulärer Mechanismen hinausreichen. So sind Anwendungen im Zusammenhang mit dem HIF-Protein in vielen Bereichen der Medizin, insbesondere der Gefäß- als auch der Tumor-Medizin bereits Realität. Von chinesischen Forschern wurden kürzlich erste Ergebnisse eines Medikamentes berichtet, das durch Stabilisierung von HIF die EPO-Produktion bei Nierenkranken erhöht und die Blutarmut bessert. Das Medikament kann anders als bisherige EPO-Präparate auch oral eingenommen werden.
Wie lange behandeln nach Lungenembolie? Neue Leitlinien
Nach einer Lungenembolie erfolgt in der Regel eine längerfristige Behandlung mit sogenannten Antikoagulantien (Medikamente, die die Blutgerinnung hemmen). Hierfür stehen die Vitamin-K-Antagonisten wie z.B. Marcumar®, aber auch die neueren direkten Antikoagulantien (Xarelto®, Lixiana®, Eliquis® und Pradaxa®) zur Verfügung. Wer eine solche Behandlung wie lange erhalten soll, darüber herrscht aber oft Unklarheit. Eine aktuelle Leitlinie der europäischen Herz-Gesellschaft gibt hier eine Hilfestellung.
Die folgenden Empfehlungen gelten für Patienten nach Lungenembolie mit Ausnahme von Tumor-Patienten.
Welche Patienten und wie lange?
- Bei einer ersten Lungenembolie, die infolge eines größeren vorübergehenden Risiko-Faktors aufgetreten ist, reicht eine Therapie-Dauer von 3 Monaten.
(Als größerer vorübergehender Risikofaktor gilt z.B. ein operativer Eingriff mit einer Narkose-Dauer von mehr als 30 Minuten, ein Unfall mit Knochenbruch oder ein Krankenhaus-Aufenthalt mit mindestens 3-tägiger Bettruhe.)
- Wenn in der Vergangenheit bereits eine Thrombose oder Lungenembolie abgelaufen ist (Rezidiv) und wenn kein solcher Risikofaktor wie oben ausgeführt vorliegt, dann sollte die gerinnungshemmende Therapie auf Dauer erfolgen.
- Auch bei Patienten mit sog. Antiphospholipid –Syndrom (Autoimmun-Erkrankung mit hohem Risiko für Thrombosen) sollte die Therapie auf Dauer erfolgen.
- Bei den übrigen Patienten kann nach erstmaliger Lungenembolie eine verlängerte Therapie (länger als 3 Monate) erwogen werden. Bezüglich der Therapie-Dauer werden keine definierten Zeiträume angegeben. Es sollte auch immer das Blutungs-Risiko berücksichtigt werden.
Dosierung der Antikoagulantien
Für alle Medikamente sollte die voll-therapeutische Dosierung gewählt werden. Im Falle von Eliquis® oder Xarelto® kann nach 6 Monaten Therapie-Dauer in voller Dosis, eine Dosis-Reduktion erfolgen ( 2 x 2,5 mg Eliquis® oder 1 x 10 mg Xarelto® tgl.).
Quelle: Konstantinides S et al. Eur Heart J (2019) 00, 161, doi:10.1093/eurheartj/ehz405
Kommentar: Für einen Teil der Patienten liegen damit klare Empfehlungen für die Therapie-Dauer vor. In vielen Fällen muss aber weiterhin in sorgfältiger Abwägung des möglichen Nutzens gegenüber dem erhöhten Blutungs-Risiko die Therapie-Dauer individuell festgelegt werden.