Thema der Herzwochen 2024: Herzschwäche
Wie in jedem Jahr widmet sich die Deutsche Herzstiftung im November gezielt einem Schwerpunkt-Thema aus der Herz-Kreislauf-Medizin. Aktuell steht wieder das Thema „Herzschwäche“ im Focus.
Aus diesem Anlass stellt HERZ-NEWS die wichtigsten Fakten zu dieser Thematik in einer kurzen Übersicht zusammen.
Bedeutung
Die Bedeutung des Themas wird offensichtlich, wenn man bedenkt, dass schätzungsweise etwa 4 Millionen Bundesbürger davon betroffen sind. Herzschwäche gilt mit rund 450.000 Fällen jährlich als häufigste Ursache von Krankenhaus-Behandlungen im Erwachsenen-Alter. Etwa 40.000 Patienten versterben jedes Jahr infolge einer Herzschwäche (Herz-Insuffizienz).
Beschwerden / Symptome
Der Beginn von Beschwerden und Symptomen verläuft oft schleichend. Im Vordergrund steht eine verminderte Leistungs-Fähigkeit, verstärkte Atemnot oder Kurzatmigkeit bei körperlichen Anstrengungen wie z. B. Treppensteigen. Häufig entwickeln sich auch Schwellungen (Wasser-Einlagerungen/Ödeme) im Knöchel/Unterschenkel-Bereich. Nächtlicher Hustenreiz und Atemnot sowie ein verstärkter nächtlicher Harndrang können wegweisend sein. Neben der schleichenden Entwicklung berichten viele Patienten aber auch über einen raschen Leistungsabfall bzw. Leistungsknick. Nicht selten deuten Betroffene die Veränderungen fälschlicherweise als "normalen Alterungs-Prozess", sodass oft wertvolle Zeit bis zur Einleitung diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen vergeht.
Ursachen
Bei einer Herzschwäche kann das Herz nicht mehr die erforderliche Menge von 5-6 Litern Blut pro Minute durch den Körper pumpen, um alle Organe ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Dieser Leistungsschwäche des Herzens können verschiedene Ursachen zugrunde liegen:
Diagnostische Maßnahmen
Aufmerksames Zuhören und sorgfältiges Abhören durch den behandelnden Arzt stehen am Anfang der Diagnostik. Neben einer gründlichen körperlichen Untersuchung sind Labor-Untersuchungen, EKG, Herz-Ultraschall (Echo), Langzeit-EKG, häufig auch Belastungs-Untersuchungen und eine Röntgen-Aufnahme des Brustkorbs erforderlich. Danach muss über die Notwendigkeit weiterer diagnostischer Maßnahmen entschieden werden, wie z.B. CT, MRT oder Herzkatheter.
Therapie
Die diagnostische Klärung erlaubt in vielen Fällen, die zugrundeliegende Ursache kausal zu behandeln.
Bei chronischer Herzmuskel-Schwäche sind folgende Medikamente als Behandlungs-Strategie etabliert: Betablocker, ACE-Hemmer (alternativ sog. Sartane), Aldosteron-Antagonisten, Entresto, Ivabradin, Diuretika und sog. SGLT2-Hemmer. Ggf. kann auch die kardiale Resynchronisations-Therapie hilfreich sein. Dabei werden die genannten Therapie-Optionen je nach individueller Situation und Schwere des Krankheitsbildes im Sinne einer Stufen-Therapie ausgewählt. Nicht selten ist die Implantation eines Defibrillators (ICD) zum Schutz vor den Folgen bedrohlicher Herzrhythmusstörungen angezeigt. Die Überprüfung des Eisen-Stoffwechsels und ggf. Auffüllung der Eisenspeicher kann erforderlich sein.
Allgemein-Maßnahmen:
Kontrollierte Flüssigkeits-Zufuhr (in der Regel nicht mehr als 2 l pro Tag), regelmäßige Gewicht-Kontrolle, Vermeidung von übermäßigem Konsum von Kochsalz und Genussgiften wie Alkohol oder Nikotin, angemessene körperliche Aktivität, gesunde Ernährung und das Vermeiden von starkem Übergewicht tragen zu einem stabilen Verlauf bei. Insbesondere durch regelmäßige Gewichts-Kontrollen (Achtung bei Zunahme des Körpergewichts um mehr als 2 kg in 3 Tagen!) soll eine zunehmende Einlagerung von Flüssigkeit und Verschlechterung des oft labilen Gleichgewichts frühzeitig erkannt werden. Durch entsprechende Anpassung der Medikation kann dann eine sonst drohende Krankenhaus-Behandlung vielfach vermieden werden. Eine Grippe- und Pneumokokken-Schutzimpfung wird routinemäßig empfohlen. Auch eine Impfung gegen Corona- und RSV-Viren ist in vielen Fällen angezeigt.
Fazit
Insgesamt kann durch frühe Diagnose und rechtzeitige Therapie die Lebens-Qualität und auch Prognose betroffener Patienten wesentlich verbessert werden.
Weitere Informationen zum Thema Herzschwäche finden Sie bei der Deutschen Herzstiftung. In zahlreichen Städten finden zu diesem Thema im November Patienten-Seminare statt, die von lokalen Experten in Zusammenarbeit mit der Deutschen Herzstiftung gestaltet werden.
Innovatives Titan-Herz implantiert
Für Patienten mit Herzschwäche im Endstadium ist die Transplantation eines gesunden Spender-Herzens lebensrettend. Bis ein geeignetes Spenderherz zur Verfügung steht, werden Patienten oft vorübergehend durch Einsatz eines Kunst-Herzens am Leben gehalten (Bridge to transplant). Aktuell wurde in Houston (Texas) ein neuartiges Titan-Herz (BiVACOR) implantiert. Das Kunst-Herz übernahm die Kreislauf-Funktion des Patienten, bis nach 8 Tagen die Transplantation eines Spender-Herzens möglich war. Während bisherige künstliche Herzen oft auch unter Einsatz von Kunststoff-Membranen arbeiten, besteht das jetzt implantierte Herz aus Verschleiß-armem Titan. Mit nur einer magnetisch schwebenden Scheibe in einem Titan-Gehäuse wird die Funktion beider Herz-Kammern übernommen. Die Energie wir über ein Kabel von außen zugeführt, auch können technische Parameter, wie z.B. die Pump-Leistung, so gesteuert werden.
Texas Medical Center, 25. Juli, 2024
FOCUS Online 3.8.2024
Kommentar: Kunstherzen werden zunehmend nicht nur zur kurzfristigen Überbrückung bis zur Transplantation, sondern auch als längerfristige Lösung eingesetzt, sodass Verbesserungen auch im Hinblick auf eine Langzeit-Haltbarkeit an Bedeutung gewinnen. Weitere technische Verbesserungen sind erforderlich. Nachteilig ist wie bei anderen Systemen die Verbindung über ein Kabel nach außen, das zur Steuerung und Energie-Zufuhr benötigt wird. Die Transplantation eines gesunden Spender-Herzens gilt aber weiter als beste Therapie-Maßnahme für Patienten mit einer Herzschwäche im Endstadium. Leider besteht nach wie vor ein gravierender Mangel an Spender-Organen. Betroffene Patienten hoffen daher vor allem auf eine größere Bereitschaft zur Organ-Spende in der Bevölkerung. Nur so könnten die langen Wartezeiten bis zur Transplantation von mehreren Monaten bis zu Jahren verringert werden.
Synchrone Herzen schlagen länger
Bei Patienten mit Herzschwäche schlagen rechte und linke Herzkammer oft etwas Zeit-versetzt. Bei einem CRT-System (Cardiale Re-Synchronisations-Therapie) handelt es sich um einen speziellen Schrittmacher, der dafür sorgt, dass beide Kammern wieder synchron aktiviert werden. In früheren Untersuchungen hatte sich die CRT-Therapie zumindest im kurz- und mittelfristigen Verlauf bewährt. Aktuell wird über Ergebnisse einer Langzeit-Nachbeobachtung von rund 1000 Patienten berichtet. Etwa die Hälfte der Patienten hatte ein CRT-System erhalten, die andere Hälfte der Patienten nicht. Nach einer Beobachtungs-Dauer von knapp 14 Jahren (Median) zeigte sich eine um 20% höhere Überlebens-Rate bei Patienten mit CRT-System.
Kommentar: Normalerweise schlagen rechte und linke Kammer des Herzens etwa gleichzeitig. Dabei pumpt die rechte Herzkammer Blut in den Lungen-Kreislauf, während die linke Herzkammer das Blut in den großen Kreislauf zur Versorgung der Körper-Organe pumpt. Bei Patienten mit Herzschwäche kommt es oft infolge einer Störung der elektrischen Leitung (sog. Links-Schenkelblock) zu einem Verlust der Synchronität, d.h. die beiden Kammern schlagen etwas Zeit-versetzt. Dies wirkt sich weiter ungünstig auf die Herzleistung aus. Die Wiederherstellung einer Synchronität beider Herzkammern durch ein CRT-System kann zu einer deutlichen Besserung von Symptomen der Herzschwäche, einer besseren Leistungsfähigkeit und geringeren Sterblichkeit von Patienten beitragen. Die o.g. Ergebnisse zeigen, dass der Überlebens-Vorteil auch über lange Zeiträume bestehen bleibt.
Herz-Entzündung bei Long-COVID
Zahlreiche Patienten berichten auch Monate nach einer Corona-Infektion über anhaltende Symptome wie abnorme Kurzatmigkeit bei Belastungen und Miss-Empfindungen/Schmerzen im Brust-Bereich (Long COVID oder Post COVID-Syndrom). Aktuell wurden 346 Personen nach überstandener milder Corona-Infektion ausgewählt und über 11 Monate begleitet. Bei den Patienten, die nach fast einem Jahr weiter über o.g. Symptome berichteten, fanden sich mit Hilfe von MRT-Untersuchungen häufig Zeichen einer Herz-Entzündung. Die Frankfurter Forscher vermuten, dass anhaltende Entzündungs-Prozesse im Herzen zumindest teilweise für die Herzbeschwerden der Patienten verantwortlich sind.
Kommentar: Es ist nicht geklärt, welche gesundheitlichen Folgen sich aus den beobachteten chronischen Entzündungs-Vorgängen langfristig ergeben. Neben den Herz-bezogenen Symptomen berichten Long COVID-Patienten häufig auch über Bewusstseinstrübungen, abnorme Müdigkeit und Erschöpfungs-Gefühle.
Herz-Verjüngung durch Sport?
Das Herz erwachsener Säugetiere besitzt nur eine geringe Fähigkeit zur Neubildung von Herzmuskelzellen. Diese Fähigkeit nimmt mit dem Alter noch weiter ab. Da andererseits ein Teil der Herzmuskelzellen durch Alterungs-Prozesse verloren geht, kommt es in der Bilanz zu einem Schwund von Herzmuskelzellen und es entwickeln sich oft im höheren Alter Zeichen der Herzmuskelschwäche.
In einer aktuellen Studie wurde untersucht, wie körperliche Aktivität sich auf das Zellwachstum bei Mäusen auswirkt. Dazu wurde einer Gruppe von älteren Mäusen ein Laufrad angeboten, das von den Tieren freiwillig benutzt wurde. Einer anderen Gruppe von Mäusen wurde kein Laufrad angeboten, die Tiere bewegten sich entsprechend weniger. Nach 8 Wochen zeigte sich nur bei den aktiven Mäusen eine Zunahme von neuen Herzmuskelzellen (etwa 2,3 % auf ein Jahr hochgerechnet).
Kommentar: In einer früheren Untersuchung war der Einfluss von körperlicher Aktivität bei jüngeren Mäusen untersucht worden. Hier war eine fast 5-fach höhere Rate an neugebildeten Herzmuskelzellen bei den Laufrad-Mäusen festgestellt worden. Die errechnete jährliche Rate neuer Herzmuskelzellen erreichte 7,5% bei den aktiven Tieren im Vergleich zu 1,6 % in der Bewegungs-armen Vergleichs-Gruppe. Die aktuellen Ergebnisse zeigen, dass Körperliche Aktivität sich auch bei älteren Mäusen positiv auf die Neubildung von Herzmuskelzellen auswirkt, wenngleich die Effekte bei jüngeren Tieren ausgeprägter sind. „Weitere Untersuchungen sollen nun zeigen, ob sich aus den Erkenntnissen Möglichkeiten zur Prävention und Therapie von Herzerkrankungen beim Menschen ableiten lassen", so die Forschungs-Leiterin C. Lerchenmüller.
Warum sterben Männer früher?
Nach aktuellen Untersuchungen könnte es am altersbedingten Verlust des Y-Chromosoms in Blutzellen liegen. Biologisch ist das Y-Chromosom mit der Ausprägung des männlichen Geschlechts verbunden.
Y-Chromosom geht oft im Alter verloren
Bei Zellteilungen treten gelegentlich Kopierfehler auf. Besonders hoch ist das Risiko bei Zellen, die sich häufig teilen, wie z.B. den weißen Blutkörperchen. Mit zunehmendem Alter und damit zunehmender Zahl der Zellteilungen nimmt auch das Risiko solcher Kopierfehler zu. Häufig geht dabei das Y-Chromosom in den weißen Blutkörperchen verloren. Bei 40% der Männer im Alter über 70 Jahre lässt sich ein Verlust des Y-Chromosoms in einem Teil der Blutzellen nachweisen.
Mechanismus bei Mäusen entschlüsselt
Welche Folgen dies möglicherweise hat, dieser Frage gingen Forscher in der aktuellen Untersuchung nach. Zunächst züchteten sie Mäuse, bei denen das Y-Chromosom in den Blutzellen weitgehend fehlte. In der Folge kam es zu einer verstärkten Bildung von Bindegewebe im Herzen (wie Vernarbung) mit nachlassender Herzkraft. Die Mäuse entwickelten Zeichen der Herzschwäche und verstarben auch früher. Weitere Untersuchungen ergaben, dass die Zellen ohne Y-Chromosom einen Faktor freisetzten, der das Wachstum von Bindegewebe anregt. Wenn die Forscher diesen Wachstums-Faktor durch Antikörper blockierten, waren auch die ungünstigen Effekte nicht mehr nachweisbar.
Gravierende Folgen für das menschliche Herz
In einem weiteren Schritt untersuchten die Forscher bei mehr als 220.000 Teilnehmern der UK-Biobank die Auswirkungen eines fehlenden Y-Chromosoms in den Blutzellen. Auch hier zeigte sich bei stark betroffenen Teilnehmern ein höheres Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und eine deutlich höhere Sterblichkeit an Herzschwäche.
Hoffnung für Männer
In zukünftigen Studien muss geklärt werden, ob die bei Mäusen so erfolgreiche Antikörper-Therapie auch Männer-Herzen wieder neuen Schwung verleihen kann.
Kommentar: Die durchschnittliche Lebenserwartung für Frauen beträgt laut Statistischem Bundesamt 83,4 Jahre, gegenüber nur 78,5 J. für Männer. Die o.g. Vorgänge könnten für einen wesentlichen Teil der unterschiedlichen Lebensspanne verantwortlich sein. Es wird spekuliert, dass der Verlust des Y-Chromosoms auch in Zusammenhang mit anderen Krankheiten wie z.B. Tumor-Erkrankungen stehen könnte.
Beta-Blocker nach Stress-Kardiomyopathie
Bei der sog. Stress-Kardiomyopathie, auch unter dem Namen Takotsubo-Kardiomyopathie oder "Broken-Heart-Syndrom" bekannt, handelt es sich um ein Herzinfarkt-ähnliches Krankheitsbild, das mit einer akuten Herzschwäche einhergeht. Aktuell wurde bei 825 Patienten, die stationär wegen einer Stress-Kardiomyopathie behandelt worden waren, der langfristige Einfluss einer Beta-Blocker-Therapie untersucht. Rund 60% der Patienten erhielten zum Zeitpunkt der Entlassung eine Beta-Blocker-Behandlung, die anderen Patienten nicht. Im Langzeit-Verlauf über rund 2 Jahre zeigte sich eine 44% geringere Sterblichkeit bei Patienten mit Beta-Blocker-Behandlung. Auch waren etwa 40% weniger Rezidive in der Beta-Blocker-Gruppe aufgetreten.
Kommentar: Die Entstehungs-Mechanismen dieses Krankheitsbildes sind noch nicht im Detail geklärt. Einer vermehrten Freisetzung von Stress-Hormonen (Katecholamine) scheint aber eine dominante Rolle zuzukommen. Insofern ist das Ergebnis der obigen Studie schlüssig, da Beta-Blocker dem Stress durch Katecholamine entgegenwirken. Gleichwohl handelt es sich hier nur um eine Beobachtungs-Studie. Eine Bestätigung in randomisierten Studien wäre wünschenswert.
Trinken erhält die Herzkraft
Natrium gehört zu den Mineralstoffen (Elektrolyten) und spiegelt den Flüssigkeits-Haushalt des Körpers. Bei mangelhafter Flüssigkeits-Aufnahme steigt die Natrium-Konzentration im Blut an. Aktuell waren mehr als 11800 Personen (Alter 45-66 J.) nach Messung der Natrium-Konzentration im Blut über 25 Jahre begleitet worden. Bei einem hohen Natrium-Spiegel (im oberen Normbereich) erhöhte sich das Risiko für die spätere Entwicklung einer Herzschwäche um rund 40%.
Kommentar: Mangelhafte Flüssigkeits-Aufnahme wirkt sich offensichtlich langfristig auf die Herzfunktion aus. Es sollte immer auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden. Als Faustregel kann die Empfehlung der deutschen Gesellschaft für Ernährung von 1,5 l täglich gelten. Dazu kommt noch die in fester Nahrung (Obst, Gemüse) gebundene Flüssigkeit. Natürlich muss bei heißer Witterung, Fieber, Durchfall, Sport u.ä. ein Mehr-Bedarf berücksichtigt werden.
"Gebrochenes Herz" bei Frauen und Männern
Männer erleiden zwar seltener eine Stress-Kardiomyopathie, sind aber häufiger durch Komplikationen bedroht als Frauen.
Aktuell wurden rund 2500 Patienten mit Stress-Kardiomyopathie (auch Takotsubo-Syndrom oder "Broken-Heart-Syndrom") im Hinblick auf Unterschiede zwischen den Geschlechtern untersucht. Das Krankheitsbild trat deutlich seltener bei Männern auf (nur 11% der Gesamt-Gruppe). Neben emotionalen Ereignissen können auch körperliche Belastungen die Stress-Kardiomyopathie auslösen. Dies traf in der vorliegenden Studie für 55% der Männer und nur 32% der Frauen zu. Dagegen war das Sterbe-Risiko während der Krankenhaus-Phase und im Langzeit-Verlauf über Jahre bei Männern rund doppelt so hoch wie bei Frauen.
Kommentar: Wenn auch selten betroffen, so ist bei Männern doch häufiger mit einem ernsten Verlauf zu rechnen. Weitere Informationen zu diesem Krankheitsbild können dem vorhergehenden Beitrag "Auch Happy-Heart-Syndrom kann Herzen brechen" entnommen werden.
Auch "Happy-Heart-Syndrom" kann Herzen brechen
Das "Happy-Heart-Syndrom" tritt deutlich seltener als das bekannte "Broken-Heart-Syndrom" auf. Die Risiken scheinen aber vergleichbar.
Bei der sog. Stress-Kardiomyopathie oder auch Takotsubo-Kardiomyopathie handelt es sich um ein Herzinfarkt-ähnliches Krankheitsbild, das mit einer akuten Herzschwäche einhergeht. Die Form des Herzens erinnert dabei typischerweise an eine japanische Tintenfisch-Falle (Takotsubo).
Ursache bisher unbekannt
Anders als beim Herzinfarkt findet man aber kein verschlossenes Kranzgefäß als Ursache, auch werden Herzmuskelzellen nicht dauerhaft geschädigt, sondern nur vorübergehend gelähmt. Wenn die Phase der akuten Herzschwäche überstanden wird, kann sich die Herzfunktion nach Tagen-Wochen wieder erholen. Die genaue Ursache ist bisher nicht bekannt. Häufig tritt das Krankheits-Bild im Zusammenhang mit starken emotionalen Belastungen (z.B. Verlust eines nahen Angehörigen) auf. Dies hat auch zu der Bezeichnung "Broken-Heart-Syndrom" geführt.
Selten auch "Happy-Heart-Syndrom"
Aktuell wird über 910 Patienten berichtet, bei denen ein emotionales Ereignis in Zusammenhang mit dem Auftreten einer Stress-Kardiomyopathie beobachtet wurde. In 96% der Fälle waren dies emotional negativ belastende Ereignisse. In 37 Fällen (4%) lagen emotional sehr erfreuliche Ereignisse (Hochzeit, Überraschungs-Party u.a.) vor. Hierfür wurde die Bezeichnung "Happy-Heart-Syndrom" geprägt. Ernste Komplikationen (Schwere Herzschwäche, Todesfälle, Schlaganfälle) traten bei 8,1% der Patienten mit "Happy-Heart-Syndrom" und bei 12,3% der Patienten mit klassischem "Broken-Heart-Syndrom" während der Krankenhaus-Behandlung auf.
Kommentar: Auch sehr freudige Ereignisse können, wenn auch deutlich seltener, eine Stress-Kardiomyopathie auslösen. Das Risiko dieses "Happy-Heart-Syndroms" scheint sich aber nicht wesentlich vom "Broken-Heart-Syndrom" zu unterscheiden. Allerdings bleiben bei der nur kleinen Patientenzahl statistische Unsicherheiten.
Erstmals Schweine-Herz transplantiert
Erstmals wurde in den USA einem Patienten mit schwerer Herzschwäche ein Schweine-Herz transplantiert.
In Baltimore (USA) ist einem 57-jährigen Patienten erstmals ein Schweine-Herz transplantiert worden. Ein menschliches Spenderherz hätte der Patient aufgrund seines bereits sehr schlechten Gesundheits-Zustandes nicht mehr erhalten. Die ersten 3 Tage hat er bereits gut überstanden. Um sonst drohende frühe Abstoßungs-Reaktionen zu vermeiden, war das Schweine-Herz zuvor gentechnisch verändert worden. So wurden einige Schweine-Gene abgeschaltet, während einige menschliche Gene eingebracht wurden.
Kommentar: In den USA werden jährlich etwa 4000 Herzen transplantiert, dabei besteht auch eine Warteliste für mehrere tausend Patienten. Aufgrund des Organ-Mangels gelten daher strenge Auswahl-Kriterien für potentielle Empfänger. Schweine-Herzen ähneln in vieler Hinsicht, auch in Bezug auf die Organgröße, dem menschlichen Herzen und könnten das Problem der Organ-Knappheit lösen helfen. Die Herzklappen von Schweinen werden nach entsprechender Vorbereitung schon seit langem routinemäßig als sog. Bio-Prothesen bei Patienten implantiert.
Herzschwäche durch „Unter-Zucker“
Mehr als 9200 Diabetiker (Typ 2) nahmen an einer klinischen Studie teil. Dabei kam es bei einem Teil der Patienten mindestens einmal zum Auftreten einer Unter-Zuckerung (Hypoglykämie). Die Studien-Teilnehmer wurden anschließend über weitere 3 Jahre (Median) begleitet. In diesem Zeitraum wurde das Risiko für das erstmalige Auftreten einer Herzschwäche bei Teilnehmern mit oder ohne Unterzuckerung im Rahmen der früheren Studie verglichen. Diabetiker mit Episoden einer Unter-Zuckerung hatten im Verlauf ein 68% höheres Risiko für die Entwicklung einer Herzschwäche.
Kommentar: Diabetes Mellitus ist per se mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Herzschwäche verbunden. Aktuell zeigt sich, dass darüber hinaus Unter-Zuckerungen mit einem besonderen Risiko einhergehen. Auch aus diesem Grunde sollten Unter-Zuckerungen möglichst vermieden werden. Bei der Auswahl von Diabetes-Medikamenten sollte das jeweilige Hypoglykämie-Risiko berücksichtigt werden.
Neuer Therapie-Ansatz bei Herzschwäche
Mit Vericiguat (Verquvo®) steht ein weiteres Medikament zur Behandlung der chronischen Herzschwäche zur Verfügung, das auf einem neuen Therapie-Prinzip basiert (Stimulation der sog. löslichen Guanylatzyklase). In Studien waren durch die Behandlung im Vergleich zu Placebo weniger kardiovaskuläre Todesfälle und Krankenhaus-Behandlungen wegen Herzschwäche nachgewiesen worden. Nach den aktuellen europäischen Leitlinien zur Behandlung der Herzschwäche kann Vericiguat bei Verschlechterung einer Herzschwäche trotz Standard-Therapie zum Einsatz kommen.
Die Substanz ist aktuell in Apotheken verfügbar und zeichnet sich auch durch gute Verträglichkeit aus. Das Präparat wird einmal täglich mit einer Startdosis von 2,5 mg verabreicht, im Verlauf kann die Dosis gesteigert werden.
Kommentar: Mit dem neuen Medikament steht eine weitere Option für die zahlreichen oft schwer behandelbaren Patienten mit chronischer Herzschwäche zur Verfügung. Dabei sticht der im Vergleich zu bisherigen Medikamenten neue Wirkungs-Mechanismus bei offensichtlich guter Verträglichkeit hervor.
Neue Leitlinien: Erste Wahl bei Herzschwäche
Die aktualisierten Leitlinien der europäischen Gesellschaft für Kardiologie sehen jetzt folgende Medikamenten-Gruppen als 1. Wahl für Patienten mit Herzschwäche:
Kommentar: Als ganz wesentliche Neuerung ist die Aufnahme der vormals als Diabetes-Medikamente eingeführten SGLT2-Hemmer (Empagliflozin und Dapagliflozin) in die erste Reihe der Behandlungs-Optionen für Patienten mit Herzschwäche hervorzuheben.
Erstes Medikament gegen diastolische Herzschwäche
Aktuell wird über die Ergebnisse der mit Spannung erwarteten EMPEROR-PRESERVED-Studie zum Einsatz von Empagliflozin (Jardiance ®) bei Patienten mit Herzschwäche und erhaltener Pumpfunktion berichtet.
Besonderheiten bei diastolischer Form der Herzschwäche
Bei Patienten mit üblicher Form der Herzschwäche reicht die Pumpkraft der schwachen Herzmuskulatur nicht mehr aus, eine ausreichende Menge Blut durch den Körper zu pumpen (systolische Herzschwäche oder "Heart failure with reduced Ejection fraction - HFrEF"). Bei der diastolischen Form der Herzschwäche besteht eine erhöhte Steifigkeit oder auch Dicke der Herzwand, sodass der Herzmuskel in der Diastole (Erschlaffungsphase) nicht ausreichend entspannen kann. Ein so entstehender erhöhter Druck in der Herzkammer verhindert, dass die Kammer sich ausreichend wieder mit Blut füllen kann. Die systolische Pumpfunktion kann bei der diastolischen Form der Herzschwäche durchaus erhalten sein (Herzschwäche mit erhaltener Pumpfunktion oder "Heart failutre with preserved ejection Fraction- HFpEF").
Neues Therapie-Konzept mit Empagliflozin
Während für die systolische Form der Herzschwäche eine Vielzahl an medikamentösen Therapie-
Optionen etabliert ist, konnte bei der diastolischen Form der Herzschwäche bisher keine medikamentöse Therapie überzeugen. In der aktuellen Studie hatten rund 6000 Patienten mit Herzschwäche und einer EF > 40% (HFpEF) randomisiert (zufallsmäßige Zuteilung, wie beim Werfen einer Münze) entweder das Diabetes-Mittel Empagliflozin oder Placebo (Schein-Medikament) erhalten. Nach einem Verlauf von 26 Wochen waren mit Empagliflozin rund 21% weniger Todesfälle und Krankenhaus-Aufnahmen wegen Herzschwäche erfolgt. Überwiegend war das Ergebnis auf eine Verringerung der Krankenhaus-Aufnahmen zurückzuführen. Dabei war das Ergebnis unabhängig davon, ob bei den Patienten auch ein Diabetes mellitus vorlag.
Kommentar: Damit steht erstmals ein Medikament mit nachgewiesenem Nutzen für Patienten mit Herzschwäche und erhaltener Pumpfunktion zur Verfügung und dürfte entsprechend bald in die Leitlinien-Empfehlungen Eingang finden. Empagliflozin war seit kurzem schon für die Behandlung von Patienten mit Herzschwäche und reduzierter Pumpfunktion zugelassen worden.
Gen-Schere heilt Herzmuskel-Krankheit
Bei der sog ATTR-Amyloidose kommt es durch Gen-Mutation zu krankhaften Veränderungen des in der Leber gebildeten Eiweißes Tranthyretin (TTR). Dieses kann durch fehlerhafte Faltung seine reguläre Funktion (Transport von Schilddrüsen-Hormonen) nicht mehr ausüben.
Folgen des Gen-Defektes
Problematisch ist aber, dass sich die ständig produzierten, fehl-gebildeten Eiweiße als lange Fäden in unterschiedlichen Organen, bevorzugt im Herz und Nervensystem ablagern. Die Folgen sind zunehmende Verdickung und Versteifung des Herzmuskels und abnehmende Herzleistung mit Leistungsschwäche, Atemnot, nicht selten tödlichen Rhythmus-Störungen. Im Nervensystem kommt es zu sog. Polyneuropathien mit oft schweren und schmerzhaften Empfindungsstörungen in Händen, Füßen und Beinen.
Bisherige Therapien
Als Therapie stand bis vor wenigen Jahren nur die Leber-Transplantation zur Verfügung. Diese ist heute nur noch selten erforderlich. Seit einigen Jahren kann durch Medikamente die Bildung der pathologischen Eiweiße in der Leber weitgehend verhindert oder das Eiweiß stabilisiert werden. Die Therapie muss aber auf Dauer erfolgen. Wenn bereits ausgedehnte Ablagerungen erfolgt sind, bleibt nur die Herz-Transplantation.
Gen-Schere erfolgreich
Forscher haben jetzt die vor einigen Jahren entdeckte Gen-Schere CRISPR-CAS9 bei 6 Patienten mit ATTR-Amyloidose in die Leberzellen eingeschleust. In den Zellkernen wurde der Abschnitt des mutierten Gens herausgeschnitten. Das krankhaft veränderte Eiweiß kann nicht mehr von der Zelle gebildet werden. Die Konzentration von TTR im Serum konnte so um 87% reduziert werden, offensichtlich auf Dauer. Bisher wurden keine ernsthaften Nebenwirkungen beobachtet.
Kommentar. Natürlich müssen weitere Untersuchungen an größeren Patientenzahlen und insbesondere längerfristige Verlaufsbeobachtungen vor einer endgültigen Bewertung abgewartet werden. Für die Entdeckung der Technologie der Gen-Schere haben die Forscherinnen Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna im vergangenen Jahr den Nobelpreis für Chemie erhalten. Gerade für die Heilung von vererbten Erkrankungen werden große Hoffnungen in die neue Technologie gesetzt.
Herzschwäche durch Fett ums Herz
In einer aktuellen Analyse von mehr 6800 US-Teilnehmern der MESA-Studie (Multi-Ethnic Study of Atherosclerosis) wurde das Volumen des das Herz umgebenden Fettgewebes (perikardiales Fett) mittels CT gemessen. Die Teilnehmer wurden danach rund 15 Jahre begleitet (Median). Es zeigte sich bei erhöhtem perikardialem Fett-Volumen im Verlauf ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Herzschwäche. Auch bei Berücksichtigung anderer Parameter von Körperfett wie z.B. Hüftumfang etc. behielt das Herzfett seine prognostische Bedeutung.
Kommentar: Bei Nachweis von überdurchschnittlichen Fett-Ansammlungen um das Herz sollte das Risiko für die Entwicklung einer Herzschwäche bedacht werden. In früheren Untersuchungen konnte perikardiales Fett auch mit einem erhöhten Risiko für das Vorliegen einer koronaren Herzkrankheit in Verbindung gebracht werden.
Herzschwäche bei langer Diabetes-Dauer
Bei mehr als 9700 Teilnehmern wurde über 22,5 Jahre der Zusammenhang zwischen Diabetes-Dauer und dem neuen Auftreten einer Herzschwäche beurteilt. Je länger die Teilnehmer an Diabetes erkrankt waren, umso häufiger entwickelten sich Zeichen der Herzschwäche. Bei 15-jähriger Diabetes-Dauer bestand ein rund 3-fach erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Herzschwäche.
Kommentar: Durch Verhinderung oder zumindest Verzögerung einer diabetischen Stoffwechsellage können langfristig Herz-Kreislauf-Komplikationen wie die Entwicklung von Herzschwäche vermieden werden.
Tumor-Risiko bei Herzschwäche
In einer aktuellen Untersuchung wurden mehr als 200.000 Patienten aus Hausarzt-Praxen über 10 Jahre begleitet. Dabei wurden Patienten mit und ohne Herzschwäche miteinander verglichen (Matched Pairs-Analyse). In diesem Zeitraum entwickelte sich bei 16% der Patienten ohne Herzschwäche eine Tumor-Erkrankung, dagegen war dies bei 26% der Patienten mit Herzschwäche der Fall. Als Grund wird vermutet, dass bei Herzschwäche bestimmte Wachstums-Stoffe verstärkt gebildet werden. Diese könnten möglicherweise auch die Tumor-Entstehung begünstigen.
Kommentar: Da es sich nicht um eine randomisierte Untersuchung handelt, kann ein kausaler Zusammenhang nicht belegt werden. Gleichwohl sollten gerade bei Patienten mit Herzschwäche alle Maßnahmen zur Früherkennung und Prävention von Tumor-Erkrankungen wahrgenommen werden.
Herz-Entzündung nach Corona-Impfung möglich
Nach ersten Meldungen aus Israel berichtet jetzt die US-amerikanische Gesundheitsbehörde (CDC) über einen möglichen Zusammenhang zwischen Corona-Impfungen und dem Auftreten von Herz-Entzündungen. Bei rund 300 Millionen Impfungen mit mRNA-Impfstoffen (Biontech, Moderna) waren etwa 1200 Fälle von entzündlichen Veränderungen des Herzmuskels (Myokarditis) und/oder des Herzbeutels (Perikarditis) berichtet worden. Betroffen waren meist jüngere Männer unter 30 Jahren. Symptome traten meist in der ersten Woche nach Impfung, bevorzugt nach der zweiten Impfung auf. Die Verläufe waren fast immer mild, nur in wenigen Einzel-Fällen war eine Krankenhaus-Behandlung erforderlich. Brustschmerz, aber auch Kurzatmigkeit und Rhythmus-Störungen zählten zu den häufigsten Symptomen. Ein kausaler Zusammenhang ist letztlich aber noch nicht bewiesen.
Kommentar: Die Seltenheit der Ereignisse (etwa 1 Fall bei 100.000 Impfungen) und der fast immer gutartige Verlauf zeigen, dass die Vorteile der Impfung bei weitem überwiegen. Bei auftretenden Beschwerden sollte aber sicherheitshalber ärztlicher Rat in Anspruch genommen werden. Zumindest sollten Betroffene bis zur Klärung auf sportliche Aktivitäten verzichten.
Gefahren für Herz und Kreislauf in Hitze-Perioden
Mit den jetzt wieder beginnenden Hitze-Perioden kommen besondere Belastungen auf Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu. Generell sollten längere Aufenthalte bei direkter Sonnen-Exposition vermieden werden. Eine luftige, nicht zu eng anliegende Kleidung ist zu empfehlen. Auch muss für eine ausreichende Zufuhr von Flüssigkeit und Mineralstoffen z.B. in Form von Schorle oder Mineralwasser gesorgt werden.
Blutdrucksenker bei Hitze-Perioden reduzieren?
Dadurch, dass sich die Blutgefäße bei Hitze erweitern, kann es zu einem Abfall des Blutdruck-Niveaus kommen. Dies kann zu Beschwerden wie Schwindel, Schwächegefühl oder Kollaps-Neigung führen. Oft stellt sich dann die Frage, ob Blutdruck-Medikamente unverändert weiter eingenommen werden sollten. Zur Beantwortung dieser Frage sind regelmäßige Blutdruck-Kontrollen erforderlich. Sinkt der Blutdruck auf Werte unter 110 mmHg, kann es sinnvoll sein, die Medikation zu reduzieren. Es empfiehlt sich dann, vorsichtige Änderungen vorzunehmen, z.B. die Dosis eines Medikamentes zu halbieren. Das vollständige Absetzen sollte möglichst vermieden werden; dies kann bei einigen Medikamenten wie z.B. Beta-Blockern zu unangenehmen Nebenwirkungen führen. Im Zweifel ist eine kurze Rücksprache mit dem behandelnden Arzt immer sinnvoll.
Schwierige Balance bei Herzschwäche
Durch vermehrten Flüssigkeits-Verlust kann der Flüssigkeits-Haushalt empfindlich gestört werden. Dies kann sich in einem Rückgang der Urin-Produktion, einer Dunkelfärbung des Urins oder Schwäche äußern und gerade bei älteren Patienten auch zu Verwirrtheits-Zuständen führen. Oft ist bei älteren Patienten das natürliche Durst-Empfinden herabgesetzt, sodass ein vermehrter Flüssigkeits-Verlust nicht hinreichend durch eine Zunahme der Trinkmenge ausgeglichen wird. Durch eine verschlechterte Nierenfunktion bei Flüssigkeits-Mangel kann sich die Wirkung einiger Medikamente (z.B. Gerinnungshemmer) erheblich verstärken. Es muss daher auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden. Gerade bei Patienten mit Herzschwäche muss andererseits eine übermäßige Flüssigkeitszufuhr vermieden werden. Tägliches Wiegen kann helfen, die richtige Balance einzuhalten.
„Gute Küche“ trotz Herzschwäche
Patienten, die wegen Herzschwäche stationär behandelt werden müssen, sind oft auch durch einen mangelhaften Ernährungsstatus gefährdet. In einer aktuellen Studie wurde untersucht, wie sich eine gezielte individuelle Verbesserung der Ernährung auswirkt. Dazu wurden rund 640 Patienten ausgewählt, die wegen Herzschwäche stationär behandelt werden mussten. Die Hälfte der Teilnehmer erhielt die normale salzarme Krankenhaus-Kost. Die andere Hälfte erhielt eine individuell abgestimmte, optimierte Ernährung, unter Berücksichtigung von Vorlieben des Patienten und bei Bedarf auch Nahrungs-Ergänzungsmitteln. Im Verlauf traten bei Patienten mit optimierter Ernährung weniger kardiovaskuläre Komplikationen auf.
Kommentar: Mit Ausnahme der salzarmen Ernährung ist bisher für Patienten mit Herzschwäche das Potential von Ernährungs-Interventionen bei Behandlungen im Krankenhaus möglicherweise noch nicht vollständig erschlossen. Bereits bei Krankenhaus-Aufnahme sollte daher gezielt auf Anzeichen eines reduzierten Ernährungs-Status geachtet und entsprechende Gegen-Maßnahmen eingeleitet werden.
Lungenentzündung bei Herzschwäche bedrohlich
Aktuell wurden frühere Herzschwäche-Studien im Hinblick auf das Auftreten von Lungen-entzündungen näher untersucht. Patienten mit Herzschwäche hatten ein etwa dreimal so hohes Risiko, an einer Lungenentzündung zu erkranken, wie die Allgemein-Bevölkerung. Auch war das Sterbe-Risiko bei diesen Patienten nach einer Lungenentzündung viermal so hoch wie in anderen Phasen der Erkrankung.
Kommentar: In vielen Fällen könnte die Entstehung einer Lungenentzündung bei Patienten mit Herzschwäche vermieden werden. Dies erfordert in erster Linie eine sorgfältige Kontrolle der Flüssigkeitszufuhr (nicht mehr als 2 Liter pro Tag) und des Körpergewichts (Zunahme nicht mehr als 2 kg in 3 Tagen!). Durch rechtzeitige Therapie-Anpassungen können dann Wasser-Ansammlungen in der Lunge vermieden werden (siehe auch früheren HERZ-NEWS-Beitrag: „Thema der Herzwochen 2020: Herzschwäche“ weiter unten). Gegen die wichtigsten Krankheits-Erreger, die sog. Pneumokokken, kann eine Impfung erfolgen. Auch eine Grippe-Schutzimpfung wird routinemäßig u.a. für Patienten mit Herzschwäche empfohlen. Leider werden diese Möglichkeiten von den Betroffenen noch nicht im wünschenswerten Ausmaß wahrgenommen.
"Gebrochenes Herz“ auch Kopfsache
Beim sog. "Broken-heart-Syndrom" (Synonym auch Stress-Kardiomyopathie oder Takotsubo-Kardiomyopathie) handelt es sich um ein Herzinfarkt-ähnliches Krankheitsbild. Anders als beim Herzinfarkt findet man aber kein verschlossenes Kranzgefäß als Ursache, auch werden Herzmuskelzellen nicht dauerhaft geschädigt, sondern nur vorübergehend gelähmt. Die Herzfunktion kann sich nach Tagen-Wochen wieder erholen.
Ursache bisher unbekannt
Die genaue Ursache ist bisher nicht bekannt. Häufig berichten Patienten aber über eine Stress-beladene Auslöse-Situation wie starke emotionale Belastungen (z.B. Verlust eines nahen Angehörigen) vor Auftreten des Krankheits-Bildes. In letzter Zeit wurde auch über Veränderungen in bestimmten Hirnarealen bei den Betroffenen berichtet. Bisher war aber unklar, ob die Gehirn-Veränderungen dem Herzversagen vorausgehen oder ob umgekehrt das Herzversagen zu Änderungen der Hirnfunktion führt.
Neue Studie weist auf Amygdala
In einer aktuellen Studie wurden jetzt 44 Patienten mit einem Broken-heart-Syndrom ausgewählt, bei denen vorher aus anderen Gründen (meist V.a. Tumor) eine genaue Untersuchung des Gehirns mittels PET-CT (Positronen-Emissions-Tomographie/Computer-Tomographie) durchgeführt worden war. Zum Vergleich wurde eine Gruppe von Patienten ausgewählt, bei denen auch ein PET-CT vorlag, die im Verlauf aber kein Broken-heart-Syndrom erlitten. Bei Patienten mit Broken-heart- Syndrom ließ sich eine deutlich höhere Aktivität in einem bestimmten Hirnareal, der sog. Amygdala (Mandelkern), nachweisen. Die Amygdala befindet sich in den zentralen Anteilen des menschlichen Gehirns und ist insbesondere in die Verarbeitung emotionaler Prozesse eingebunden.
Kommentar: Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine gesteigerte Aktivität der Amygdala dem Broken-heart-Syndrom vorausgeht. Zusätzliche externe "Stressoren" wie z.B. emotionale Belastungen könnten zu einer überschießenden Stress-Reaktion mit Aktivierung des sympathischen Nervensystems führen. Die vermehrte Ausschüttung von Stress-Hormonen war bereits in der Vergangenheit mit dem Auftreten des Broken-heart-Syndroms in Verbindung gebracht worden. Um zukünftigen Ereignissen vorzubeugen, könnten für Betroffene Maßnahmen zur Reduktion des Stress-Niveaus, z.B. Meditation, sinnvoll sein.
"Herzpflaster“ für Patienten mit Herzschwäche
In Göttingen beginnt jetzt erstmals eine klinische Prüfung von sog. „Herzpflastern“ bei Patienten mit schwerer Herzschwäche. Bei diesen Patienten hat der Herzmuskel ganz oder teilweise die Fähigkeit verloren, sich genügend zusammenzuziehen (kontrahieren). Dies kann z.B. nach einer Herzmuskel-Entzündung oder einem Herzinfarkt der Fall sein. Dadurch geht ein Teil der Pumpkraft des Herzens verloren und es entwickeln sich die Zeichen einer Herzschwäche (z.B. Luftnot, Wasser-Einlagerungen etc.). Göttinger Forscher haben in langjähriger Forschungs-Arbeit sog „Herzpflaster“ entwickelt. Hierbei wird ein Gerüst mit Herzmuskelzellen besiedelt, die zuvor im Labor aus Stammzellen gezüchtet wurden. Durch einen kleinen operativen Eingriff wird ein Teil des Herzens freigelegt und diese Herzpflaster auf die erkrankten Herz-Bereiche aufgenäht. Die Flicken mit funktionsfähigen Herzmuskel-Zellen sollen die Herzfunktion unterstützen und damit die Symptome der Herzschwäche verbessern.
Kommentar: Das Paul-Ehrlich-Institut hat die Anwendung dieser innovativen Methode nun im Rahmen einer klinischen Prüfung genehmigt. Es handelt sich weltweit um die erste Anwendung dieser Art. Allein in Deutschland leiden etwa 4 Millionen Menschen an Herzschwäche. Mit rund 500.000 Fällen pro Jahr gilt Herzschwäche als häufigster Grund für Krankenhaus-Aufnahmen. In den schwersten Fällen bleibt oft nur die Herz-Transplantation. Hierbei besteht aber ein eklatanter Mangel an verfügbaren Spender-Organen. Auch nimmt die Zahl der Patienten mit schwerer Herzschwäche ständig zu. Wenn die neue Technologie sich in der klinischen Prüfung bewährt, stünde für zahlreiche sonst "aus-therapierte" Patienten eine neue Therapie-Option zur Verfügung.
Weniger Herzschwäche durch Kaffee-Konsum
Bei mehr als 20.000 Patienten aus drei unterschiedlichen Studien wurde der Zusammenhang zwischen Kaffee-Konsum und dem Risiko für die Entwicklung von Herzschwäche mit Hilfe von künstlicher Intelligenz untersucht. In allen Studien fand sich eine Abnahme des Risikos mit zunehmendem Kaffee-Konsum. So nahm das Risiko pro Tasse Kaffee am Tag jeweils um 5 % ab.
Kommentar: Auch in dieser Studie kann das Ergebnis nicht als Beleg für eine Kausalität zwischen Kaffee-Konsum und Herzschwäche gewertet werden. Möglicherweise sind Kaffeetrinker in anderer Weise durch gesunden Lebensstil vor Herzschwäche besser geschützt. Zumindest scheint ein nachteiliger Effekt von Kaffee-Konsum in diesem Zusammenhang unwahrscheinlich. Interessant und zukunftsweisend ist auch der Einsatz künstlicher Intelligenz in diesem Projekt, um die großen Datenmengen zu bewältigen.
Fingerhut bei Vorhofflimmern und Herzschwäche
Bei rund der Hälfte von Patienten mit Vorhofflimmern liegt sog. permanentes Vorhofflimmern vor, das heißt die Rhythmus-Störung besteht auf Dauer. Eine Wiederherstellung des normalen Sinus-Rhythmus ist nicht mehr zu erwarten und wird nicht mehr angestrebt.
Frequenz-Kontrolle im Vordergrund
Oft kommt es zu phasenweise sehr schnellem Herzschlag. Dies äußert sich dann in Beschwerden wie Leistungsschwäche und Luftnot. Besonders Patienten mit schon bestehender Herzschwäche sind in solchen Situationen gefährdet. Zur Verlangsamung der Herzfrequenz werden meist sog. Betablocker eingesetzt. Diese hatten sich insbesondere bei Patienten mit normalem Sinusrhythmus und Herzschwäche bewährt. Alternativ können aber auch Digitalis-Präparate (aus dem giftigen Fingerhut gewonnen) eingesetzt werden.
Digoxin zumindest ebenbürtig
In einer aktuellen Untersuchung waren in England 160 Patienten mit permanentem Vorhofflimmern und begleitender Herzschwäche randomisiert (zufallsmäßige Zuteilung der Therapie, wie beim Werfen einer Münze) entweder mit dem Betablocker Bisoprolol oder dem Digitalis-Präparat Digoxin behandelt worden. Im Verlauf von 6 Monaten fand sich kein wesentlicher Unterschied in der mit Hilfe von Fragebögen erfassten Lebensqualität der Teilnehmer. Überraschenderweise fanden sich nach 12 Monaten für eine Reihe von Parametern sogar Vorteile in der Digoxin-Gruppe. So war ein Labor-Wert (NT-proBNP), der das Ausmaß der Herzschwäche widerspiegelt, bei Digitalis-Einnahme weniger pathologisch. Auch waren weniger unerwünschte klinische Ereignisse bei Digoxin-Behandlung aufgetreten.
Kommentar: Fingerhut-Präparate waren aufgrund von Subgruppen-Analysen in großen Studien mit Herzinsuffizienz bei Sinus-Rhythmus eher kritisch beurteilt worden. Eine genaue individuelle Dosis-Findung und Therapie-Kontrolle im Verlauf ist erforderlich, um der Gefahr von Überdosierungen vorzubeugen. Die aktuellen Ergebnisse zeigen, dass durch ein genau dosiertes Digoxin-Präparat bei Patienten mit Vorhofflimmern und Herzschwäche eine gute Wirkung erreicht werden kann. Die Befunde sollten allerdings in größeren randomisierten Studien bestätigt werden. Historisch war die harn-treibende Wirkung von Fingerhut 1785 erstmals von W. Withering aus Birmingham bei ebenfalls 160 Patienten mit Wasser-Einlagerungen (Ödeme) aufgrund von Herzschwäche wissenschaftlich untersucht und beschrieben worden.
Diabetes-Mittel bringt Herzen wieder in Form
Chronische Herzschwäche geht häufig mit einer Herz-Vergrößerung einher. Auch nehmen die Herzkammern eine eher kugelige Form an. Darüber hinaus kann es zu einer Verdickung der Herzwand mit vermehrter Bildung von Bindegewebe (Fibrose) kommen. Insgesamt wird dieser Prozess als "Remodeling" bezeichnet.
Neues Therapie-Konzept
In den vergangenen Jahren hat sich die Medikamenten-Gruppe der sog. SGLT2-Hemmer oder Gliflozine (Empagliflozin, Dapagliflozin) bei Patienten mit Herzschwäche bewährt. Ursprünglich nur zur Behandlung des Diabetes mellitus vorgesehen, konnte gezeigt werden, dass sich bei Patienten mit Herzschwäche Todesfälle und Krankenhaus-Behandlungen durch die neuen Medikamente verhindern lassen.
Mechanismus aufgedeckt
Der genaue Mechanismus dieser vorteilhaften Wirkungen war bisher nicht bekannt. Eine interessante Beobachtung wurde jetzt in 2 Studien bei nahezu 200 Patienten mit Herzschwäche gemacht. Die Patienten waren randomisiert und doppelblind mit Placebo oder Empagliflozin über rund 6 Monate behandelt worden. In diesem Zeitraum konnte mit Hilfe von Ultraschall und MRT
bei Patienten mit Empagliflozin-Behandlung eine deutliche Abnahme der Herzgröße nachgewiesen werden. In einer Studie zeigte sich auch eine Abnahme von Bindegewebe in der Herzwand. Die beobachteten Veränderungen werden unter dem Begriff "reverse Remodeling" zusammengefasst.
Kommentar: Wie so oft in der Wissenschaft ergeben sich bei jeder neuen Erkenntnis auch wieder neue Fragestellungen. So wichtig das "reverse Remodeling" für die Wirkung von Empagliflozin zu sein scheint, können die Forscher bisher doch nur spekulieren, wie es dazu kommt.
Herzbefall bei Corona-Infektion entschlüsselt
Häufig findet man bei COVID-19-Patienten auch Zeichen einer Herzschädigung, meist an einem Nachweis von Troponin (Bestandteil des Herzmuskels) im Blut erkennbar. Bisher war nicht eindeutig geklärt, ob eine direkte Infektion der Herz-Zellen oder die Immun-Reaktionen des Körpers für die Herzschäden verantwortlich sind. Im Labor konnten Frankfurter Forscher jetzt nachweisen, dass Corona-Viren Herzmuskelzellen direkt befallen, sich in ihnen vermehren, andere Zellen infizieren und nach Tagen zum Zelltod führen. Auch konnten die Forscher nachweisen, dass die Viren zum Eintritt in die Zelle noch einen anderen Türöffner nutzen. In den meisten Organen, wie z.B. der Lunge, gelangen die Viren über ein bestimmtes Eiweiß (ACE-2) der Zellhülle (Zell-Membran) in das Zell-Innere. In Herzmuskelzellen konnten die Forscher auch das sog. Cathepsin, ein anderes Membranprotein, identifizieren, dass den Viren den Eintritt in die Zellen ermöglicht. Durch Stoffe, die Cathepsin blockieren, konnte die Virusvermehrung vermindert werden.
Kommentar: Der neu entdeckte Mechanismus des Zellbefalls könnte laut Prof. S. Dimmeler, Leiterin der Frankfurter Forschungsgruppe, für therapeutische Maßnahmen zum Schutz des Herzmuskels genutzt werden. Gerade für Patienten mit kardialen Vorerkrankungen, die bekanntermaßen bei einer Corona-Infektion besonders gefährdet sind, eröffnen sich durch die neuen Forschungs-Ergebnisse vielversprechende Perspektiven.
Eisen macht schwache Herzen stark
Auf dem aktuellen amerikanischen Herz-Kongress wurde über den Einfluss einer Eisentherapie bei Patienten mit Herzschwäche berichtet. Mehr als 1100 Patienten mit Herzschwäche und Eisenmangel erhielten randomisiert (zufallsmäßige Zuteilung, wie beim Werfen einer Münze) entweder ein Eisenpräparat oder ein Schein-Medikament (Placebo). Bei mindestens zweimaliger Infusion von Eisen-Carboxymaltose (z.B. Ferinject®) waren im Verlauf eines Jahres deutlich weniger Krankenhaus-Behandlungen wegen Herzschwäche (- 26%) erforderlich als in der Placebo-Gruppe.
Kommentar: Bei Patienten mit Herzschwäche sollte die unterstützende Gabe eines Eisen-Präparates auch ohne Vorliegen einer Blutarmut bereits bei Werten erfolgen, die normalerweise noch keine Eisengabe rechtfertigen würde. Laut Leitlinien gelten bei Patienten mit Herzschwäche folgende Grenzwerte: Ferritin < 100 mg/dl oder Transferrin-Sättigung < 20%. Bereits früher konnte gezeigt werden, dass Symptome der Herzschwäche, Belastbarkeit und Lebens-Qualität der Patienten durch Eisen-Substitution verbessert werden können. Bei Patienten mit Herzschwäche sollte daher der Eisen-Status regelmäßig kontrolliert werden.
Thema der Herzwochen 2020: Herzschwäche
Wie in jedem Jahr widmet sich die Deutsche Herzstiftung im November gezielt einem Schwerpunkt-Thema aus der Herz-Kreislauf-Medizin. Aktuell steht das Thema „Herzschwäche“ im Focus.
Aus diesem Anlass stellt HERZ-NEWS die wichtigsten Fakten zu dieser Thematik in einer kurzen Übersicht zusammen.
Bedeutung
Die Bedeutung des Themas wird offensichtlich, wenn man bedenkt, dass schätzungsweise etwa 4 Millionen Bundesbürger davon betroffen sind. Herzschwäche gilt als häufigste Ursache von Krankenhaus-Behandlungen im Erwachsenen-Alter. Etwa 40.000 Patienten versterben jedes Jahr infolge einer Herzschwäche (Herz-Insuffizienz).
Beschwerden / Symptome
Der Beginn von Beschwerden und Symptomen verläuft oft schleichend. Im Vordergrund steht eine verminderte Leistungs-Fähigkeit, verstärkte Atemnot oder Kurzatmigkeit bei körperlichen Anstrengungen wie z. B. Treppensteigen. Häufig entwickeln sich auch Schwellungen (Wasser-Einlagerungen/Ödeme) im Knöchel/Unterschenkel-Bereich. Nächtlicher Hustenreiz und Atemnot sowie ein verstärkter nächtlicher Harndrang können wegweisend sein. Neben der schleichenden Entwicklung berichten viele Patienten aber auch über einen raschen Leistungsabfall bzw. Leistungsknick. Nicht selten deuten Betroffene die Veränderungen fälschlicherweise als "normalen Alterungs-Prozess", sodass oft wertvolle Zeit bis zur Einleitung diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen vergeht.
Ursachen
Bei einer Herzschwäche kann das Herz nicht mehr die erforderliche Menge von 5-6 Litern Blut pro Minute durch den Körper pumpen, um alle Organe ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Dieser Leistungsschwäche des Herzens können verschiedene Ursachen zugrunde liegen:
Diagnostische Maßnahmen
Aufmerksames Zuhören und sorgfältiges Abhören durch den behandelnden Arzt stehen am Anfang der Diagnostik. Neben einer gründlichen körperlichen Untersuchung sind Labor-Untersuchungen, EKG, Herz-Ultraschall (Echo), Langzeit-EKG, häufig auch Belastungs-Untersuchungen und eine Röntgen-Aufnahme des Brustkorbs erforderlich. Danach muss über die Notwendigkeit weiterer diagnostischer Maßnahmen entschieden werden, wie z.B. CT, MRT oder Herzkatheter.
Therapie
Die diagnostische Klärung erlaubt in vielen Fällen, die zugrundeliegende Ursache kausal zu behandeln.
Bei chronischer Herzmuskel-Schwäche sind folgende Medikamente als Behandlungs-Strategie etabliert: Betablocker, ACE-Hemmer (alternativ sog. Sartane), Aldosteron-Antagonisten, Entresto, Ivabradin, Diuretika und sog. SGLT2-Hemmer. Ggf. kann auch die kardiale Resynchronisations-Therapie hilfreich sein. Dabei werden die genannten Therapie-Optionen je nach individueller Situation und Schwere des Krankheitsbildes im Sinne einer Stufen-Therapie ausgewählt. Nicht selten ist die Implantation eines Defibrillators (ICD) zum Schutz vor den Folgen bedrohlicher Herzrhythmusstörungen angezeigt. Die Überprüfung des Eisen-Stoffwechsels und ggf. Auffüllung der Eisenspeicher kann erforderlich sein.
Allgemein-Maßnahmen:
Kontrollierte Flüssigkeits-Zufuhr (in der Regel nicht mehr als 2 l pro Tag), regelmäßige Gewicht-Kontrolle, Vermeidung von übermäßigem Konsum von Kochsalz und Genussgiften wie Alkohol oder Nikotin, angemessene körperliche Aktivität, gesunde Ernährung und das Vermeiden von starkem Übergewicht tragen zu einem stabilen Verlauf bei. Insbesondere durch regelmäßige Gewichts-Kontrollen (Achtung bei Zunahme des Körpergewichts um mehr als 2 kg in 3 Tagen!) soll eine zunehmende Einlagerung von Flüssigkeit und Verschlechterung des oft labilen Gleichgewichts frühzeitig erkannt werden. Durch entsprechende Anpassung der Medikation kann dann eine sonst drohende Krankenhaus-Behandlung vielfach vermieden werden. Eine Grippe- und Pneumokokken-Schutzimpfung wird routinemäßig empfohlen.
Fazit
Insgesamt kann durch frühe Diagnose und rechtzeitige Therapie die Lebens-Qualität und auch Prognose betroffener Patienten wesentlich verbessert werden.
Weitere Informationen zum Thema Herzschwäche finden Sie bei der Deutschen Herzstiftung
Neue Therapie bei wiederholter Herzbeutel-Entzündung
Entzündungen des Herzbeutels sind oft hartnäckig und können trotz der üblichen Behandlungen wiederkehren (Rezidiv). Aktuell wurden die Ergebnisse von 224 Patienten mit wiederkehrender Herzbeutel-Entzündung zusammengestellt, die auf die übliche Standard-Therapie mit Steroiden (Cortison) und Colchicin nicht anhaltend ansprachen. Diese Patienten wurden mit dem Interkeukin-1-Rezeptor-Antagonist Anakinra über (im Mittel) 6 Monate behandelt. Es kam darunter zu einer erheblichen Besserung mit Abnahme von Rezidiven, Krankenhaus-Behandlungen und Komplikationen. Ernsthafte Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet.
Kommentar: Interleukin-1 ist ein sog. Botenstoff, der Entzündungen fördert. Er ist bei rheumatischen oder Autoimmun-Erkrankungen erhöht. Das hier eingesetzte Medikament Anakinra richtet sich gegen diesen Botenstoff. Die Therapie wird bisher z.B. bei Patienten mit rheumatoider Arthritis eingesetzt.
Diabetes-Mittel „auf Herz und Nieren" geprüft
Das Diabetes-Medikament Empagliflozin (Jardiance®) wird zunehmend wegen seiner günstigen Wirkungen, insbesondere der nachgewiesenen verbesserten Überlebensrate von Diabetikern, eingesetzt. In einer aktuellen Studie wurde Empagliflozin (einmal 10 mg täglich) bei rund 3700 Patienten mit Herzschwäche (EF <40%) im Vergleich zu einem Placebo (Schein-Medikament) untersucht, und zwar unabhängig davon, ob bei den Patienten auch ein Diabetes mellitus vorlag oder nicht. Mit dem neuen Medikament waren im Verlauf von 16 Monaten relativ 25% weniger Krankenhaus-Behandlungen wegen Herzschwäche und weniger Todesfälle (kombinierter Endpunkt) aufgetreten. Neben dieser günstigen Wirkung bei Patienten mit Herzschwäche traten auch 50% weniger Nieren-Komplikationen (z.B. sehr schlechte Nierenfunktion oder Dialyse) im Vergleich zur Placebo-Gruppe auf.
Kommentar: Mit Dapagliflozin hatte sich auch ein anderes Präparat dieser Medikamenten-Gruppe (sog. SGLT2-Hemmer) bei Patienten mit Herzschwäche und bei Patienten mit Nieren-Erkrankung neben dem klassischen Einsatzgebiet des Diabetes mellitus bewährt. Mit Jardiance® und Forxiga® stehen jetzt zwei Vertreter dieser Medikamenten-Klasse zur Verfügung, die zukünftig die therapeutischen Möglichkeiten für Patienten mit Herzschwäche erweitern und auch zur Stabilisierung der Nierenfunktion beitragen können.
Droht Herzschwäche nach Corona-Infektion?
Frankfurter Forscher haben bei 100 Patienten im Mittel 71 Tage nach einer Corona-Infektion eine MRT-Untersuchung des Herzens durchgeführt. Dabei fanden sie in 78% der Fälle eine Schädigung von Herzmuskel und/oder Herzbeutel, in 60% der Fälle im Sinne einer anhaltenden Entzündungs-Reaktion. Die meisten der Patienten hatten zuvor nur milde Krankheits-Verläufe im Rahmen der Corona-Infektion und nur ein Drittel der Patienten war deswegen im Krankenhaus behandelt worden. Zum Zeitpunkt der MRT-Untersuchung war das Troponin bei 71% der Patienten noch erhöht (Labor-Hinweis auf Schädigung von Herzmuskel-Zellen).
Kommentar: Aufgrund der hohen Rate an nachweisbaren kardialen Spätschäden, auch nach eher milden Krankheits-Verläufen, ist eine sorgfältige weitere Nachbeobachtung der Patienten auch im Langzeitverlauf zu empfehlen. Es ist nicht auszuschließen, dass sich bei einem Teil der Patienten langfristig Zeichen einer chronischen Herzschwäche im Sinne einer Kardiomyopathie oder bedrohliche Herzrhythmus-Störungen entwickeln.
Coronaviren auch in Herzen nachgewiesen
Forscher des Uniklinikums Hamburg-Eppendorf haben bei 24 von 39 verstorbenen COVID-19-Patienten Coronaviren auch im Herz nachgewiesen, teilweise in großer Anzahl. Auch fanden sich Hinweise, dass die Viren sich in den Herzzellen vermehren und die Gen-Aktivität der Zellen verändern können. Die typischen Zeichen einer Herzmuskel-Entzündung (Myokarditis) fanden die Forscher jedoch nicht, sodass die Bedeutung der Ergebnisse noch nicht klar einzuordnen ist.
„Broken Heart-Syndrom“ durch Pandemie-Stress
Beim "Broken Heart-Syndrom" (auch Stress-Kardiomyopathie oder Takotsubo-Kardiomyopathie) handelt es sich um ein Krankheitsbild, dass dem Herzinfarkt ähnelt, meist aber durch ausgeprägte psychische Stressoren (z.B. Verlust eines geliebten Menschen) ausgelöst werden kann. Anders als beim Herzinfarkt kann eine vorübergehende Herzschwäche sich im Verlauf wieder bessern. Forscher der Cleveland Clinic (Ohio, USA) haben 258 Patienten mit akutem Koronarsyndrom während der Corona-Pandemie-Phase untersucht. Bei 7,8 % der Patienten wurde letztlich die Diagnose eines "Broken Heart-Syndroms" gestellt. Zum Vergleich betrug die Rate in mehreren vorhergehenden Zeiträumen nur 1,5-1,8%. Bei keinem der Patienten in der Pandemie-Phase wurde eine Corona-Infektion festgestellt, sodass eine direkte Infektions-bedingte Herz-Schädigung nicht vorlag.
Kommentar: Die Forscher vermuten, dass psychologische, soziale und ökonomische Stressoren und Ängste im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie das deutlich häufigere Auftreten einer Stress-Kardiomyopathie begünstigt haben.
Herzschwäche: Überwachung mit Lungen-Sensor
Wie mehrfach in der Vergangenheit berichtet, befinden sich Patienten mit chronischer Herzschwäche in einem labilen Gleichgewicht. Häufig sind Krankenhaus-Aufnahmen erforderlich, um die Therapie neu einzustellen. Es wird daher nach Methoden gesucht, die eine Früherkennung von Störungen des Gleichgewichts erlauben. Durch gezielte Therapie-Maßnahmen kann dann rechtzeitig gegengesteuert und eine sonst drohende Krankenhaus-Behandlung vermieden werden.
Druck-Sensor in Lungen-Arterien
Aktuell wurden Ergebnisse berichtet, die durch Überwachung mit einem Drucksensor in den Lungen-Arterien erreicht werden. Der Blutdruck in den Lungen-Arterien ist ein sehr empfindlicher Parameter für die Herzleistung. Der Sensor wird über einen kleinen Katheter-Eingriff in einer der Lungen-Arterien implantiert. Die möglichst tägliche Abfrage mit einem externen Gerät über wenige Sekunden und Übermittlung der Daten an ein Online-Portal gibt den behandelnden Ärzten wertvolle Hinweise auf die aktuelle Situation.
Weniger Krankenhaus-Behandlungen
Es wurde bei mehr als 200 Patienten eine Periode ohne Sensor beobachtet und mit einer Periode nach Sensor-Implantation verglichen. Im Zeitraum nach Sensor-Implantation erfolgten vielfache Therapie-Anpassungen. Dadurch kam es zu einer Abnahme des Lungendrucks. Die Zahl notwendiger Krankenhaus-Einweisungen konnte um mehr als die Hälfte reduziert werden. Auch hatte sich die Lebens-Qualität der Patienten deutlich gebessert.
Kommentar: Nachteilig ist bei dieser Methode der kleine Katheter-Eingriff, der erforderlich ist, um den Sensor in einer Lungen-Arterie zu verankern. Alternative Überwachungs-Methoden für das Home-Monitoring wurden hier bereits vorgestellt (siehe unten). Es bleibt abzuwarten, welche Methode sich in der klinischen Routine durchsetzen wird. In jedem Fall scheinen aber übereinstimmend Methoden zur engmaschigeren Heim-Überwachung sinnvoll zu sein.
Zur gleichen Thematik siehe auch frühere Beiträge in diesem Abschnitt: "Neue App: Stimme verrät Herzschwäche" und "Schlaues Pflaster erkennt nachlassende Herzleistung".
Neue App: Stimme verrät Herzschwäche
Patienten mit chronischer Herzschwäche befinden sich in einem labilen Gleichgewicht. Sammelt sich zu viel Flüssigkeit im Körper z.B. in der Lunge an, kann es zu kritischen Situationen mit schwerer Atemnot kommen. Häufig kann dann nur durch eine stationäre Behandlung im Krankenhaus das Gleichgewicht wiederhergestellt werden. Es wird daher nach Wegen gesucht, eine solche bedrohliche Entwicklung frühzeitig zu erkennen. Aktuell wurde hierzu eine Sprachprobe über 30 Sekunden von betroffenen Patienten täglich mit dem Smartphone aufgenommen. "Künstliche Intelligenz" war in der Lage, beginnende Flüssigkeits-Ansammlungen schon an geringfügigen Veränderungen der Stimme zu erkennen, bevor es überhaupt zum Auftreten von Atemnot kam. Durch geeignete Maßnahmen kann dann, z.B. mit Hilfe des Hausarztes oder Anweisungen per Telefon frühzeitig gegengesteuert werden. Gerade in Corona-Zeiten könnte die sog. "Cordio HearO"-App dazu beitragen, unnötige Krankenhaus-Aufnahmen zu vermeiden.
Kommentar: Die Verschlechterung einer chronischen Herzschwäche gehört zu den häufigsten Gründen einer stationären Aufnahme im Krankenhaus. Das labile Gleichgewicht bei chronischer Herzschwäche kann durch vielfältige Einflüsse wie Überlastung, erhöhte Flüssigkeitszufuhr, Verschlechterung der Nierenfunktion, Änderungen der Medikation oder auch Infekte gestört werden. Oft werden erste Symptome oder Hinweise (z.B. Gewichtzunahme) nicht rechtzeitig erkannt und Patienten dann erst in bedrohlichem Zustand in die Klinik aufgenommen. Mit Fernüberwachung und möglichst frühzeitiger Diagnose und Therapie-Steuerung kann der Entwicklung bedrohlicher Zustände und der Notwendigkeit von Krankenhaus-Behandlungen entgegengewirkt werden. Erst kürzlich wurde über den Einsatz eines alternativen Konzeptes in diesem Zusammenhang berichtet (siehe Beitrag weiter unten "Schlaues Pflaster erkennt Herzschwäche").
Späte Herzschäden nach Corona-Infektion
Insgesamt 26 Patienten, die nach einer Corona-Infektion mit Lungen-Entzündung bereits genesen waren, berichteten im späteren Verlauf über uncharakteristische Beschwerden (Spannungsgefühl, Druckgefühl im Brustkorb). Bei den Patienten (mittleres Alter 38 J.) wurde eine MRT-Untersuchung des Herzens (kardiale Magnet-Resonanz-Tomographie) im Mittel 50 Tage nach der Infektion durchgeführt. Dabei konnten in 15 Fällen typische Zeichen einer viralen Schädigung des Herzmuskels (Ödem, Fibrose), teilweise auch eine verminderte Herz-Leistung, nachgewiesen werden.
Durchbruch bei erblicher Herzmuskel-Verdickung
Bei der sog. hypertrophen Kardiomyopathie (HCM) handelt es sich um eine häufige, erblich bedingte Herz-Erkrankung, die nicht selten für plötzliche Todesfälle verantwortlich ist. Es kommt bei diesen Patienten oft schon in jungen Jahren zu einer zunehmenden abnormen Verdickung des Herzmuskels, wodurch die normale Herzfunktion behindert wird, und die Patienten trotz eines kräftigen Herzmuskels Zeichen der Herzschwäche mit Luftnot entwickeln. Bei der besonderen obstruktiven Form (HOCM) verlegt der abnorm verdickte Herzmuskel dem aus dem Herzen heraus-gepumpten Blut den Weg. Bisher konnte bei diesen Patienten nur operativ ein Teil des Herzmuskels entfernt werden oder durch einen Katheter ein künstlicher Herzinfarkt verursacht werden. Mit Mavacamten wird demnächst eine medikamentöse Therapie-Option zur Verfügung stehen. Das Medikament verhindert die Querverbindungen von Actin- und Myosin-Filamenten. Hierbei handelt es um die wesentlichen Eiweiße, die für die Pumpfunktion des Herzens verantwortlich sind und deren Querverbindungen bei der Erkrankung im Übermaß vorhanden sind. In der EXPLORER-Studie war das neue Medikament über 30 Wochen mit Placebo verglichen worden. Die Behinderung des Blutflusses konnte vermindert werden. Dies führte zu einer deutlich besseren Sauerstoff-Versorgung und Abnahme von Luftnot-Beschwerden. Mit einer Zulassung wird im nächsten Jahr gerechnet.
Stress-Kardiomyopathie besonders bei Jüngeren bedrohlich
Bei der Stress-Kardiomyopathie (Synonym "Broken heart Syndrom" oder Takotsubo-Kardiomyopathie) handelt es sich um ein Herzinfarkt-ähnliches Krankheitsbild. Anders als beim Herzinfarkt werden Herzmuskelzellen aber meist nur vorübergehend geschädigt. Die Herzfunktion kann sich oft nach Tagen-Wochen wieder erholen. In der Akutphase kann das Krankheitsbild aber durchaus bedrohlich verlaufen, ähnlich wie der Herzinfarkt. Die genaue Ursache ist noch nicht hinreichend erforscht. Häufig berichten Patienten aber über einen starken emotionalen Trigger(z.B. Verlust eines nahen Angehörigen) vor Auftreten des Krankheits-Bildes. Überwiegend sind Frauen nach den Wechseljahren betroffen. In einem aktuellen Register von mehr als 2000 Patienten mit Stress-Kardiomyopathie waren etwa 12% der Patienten jünger als 50J. Bei diesen Patienten war der Verlauf aber im Vergleich zu älteren Patienten besonders kritisch. Es trat wesentlich häufiger eine massive Herzschwäche (Kardiogener Schock) auf, auch waren häufiger Wiederbelebungs-Maßnahmen (Reanimation) erforderlich. Die Sterblichkeit im Krankenhaus war mit 6% deutlich höher als bei älteren Patienten.
Quelle: Cammann VL et al. JACC 2020;75(16) April 2020. DOI: 10.1016/j.jacc.2020.02.05
Kommentar: Warum die Erkrankung bei jüngeren Patienten schwerwiegender verläuft, bleibt zunächst unklar. Auffällig ist, dass bei den jüngeren Patienten häufiger neurologische Vorerkrankungen wie z.B. Migräne oder Epilepsie vorgelegen haben. Die Ergebnisse zeigen eindrucksvoll, dass das Krankheitsbild alles andere als harmlos und in der Akutphase besonders bei jüngeren Patienten ähnlich bedrohlich wie ein Herzinfarkt verlaufen kann. Nach überstandener Akutphase ist aber im Langzeitverlauf oft eine Erholung möglich.
Neues Therapie-Prinzip bei Herzschwäche erfolgreich
Für die zunehmende Zahl von Patienten mit chronischer Herzschwäche stehen verschiedene Medikamente mit unterschiedlichen Wirkungs-Mechanismen zur Verfügung, u.a. Beta-Blocker, ACE-Hemmer, Diuretika und sog. Aldosteron-Antagonisten. Mit Vericiguat wurde jetzt der Vertreter einer neuen Stoff-Gruppe getestet. Durch Stimulierung der sog. Guanylat-Cyclase kann vermehrt cGMP (cyclisches Guanosin-Monophosphat) gebildet werden. Letzteres beeinflusst zahlreiche Zellfunktionen und führt durch verminderte Steifigkeit und Dicke des Herzmuskels zu einer besseren Herzfunktion. Außerdem nimmt auch die Steifigkeit von Blutgefäßen ab und es kommt zu einer Gefäß-Erweiterung mit verbesserter Durchblutung.
In der aktuellen VIKTORIA-Studie wurden mehr als 5000 Patienten mit chronischer Herzschwäche und einer erst kurz zurückliegenden Episode einer akuten Verschlechterung untersucht. Die Patienten erhielten entweder das neue Medikament Vericiguat oder Placebo (Scheinmedikament), und zwar randomisiert (zufallsmäßig, wie beim Werfen einer Münze) und doppel-blind (weder der Arzt noch der Patient wussten, ob es sich bei den Tabletten um Vericiguat oder nur Placebo handelte).
Im Verlauf eines Jahres wurden bei Behandlung mit Vericiguat 10% (relativ) weniger kardiovaskuläre Todesfälle und Krankenhaus-Aufnahmen wegen Herzschwäche beobachtet. Außer einer leicht höheren Rate von Episoden mit niedrigem Blutdruck oder Blutarmut waren keine ernsten Nebenwirkungen feststellbar. Insbesondere fand sich keine Verschlechterung von Nierenfunktion oder Elektrolyten (Mineralstoffen). Bei Patienten mit sehr weit fortgeschrittener Herzschwäche (erkennbar an sehr hohen Werten von pro-BNP über 5000 pg/ml) war allerdings kein positiver Effekt nachweisbar.
Quelle. Armstrong PW, ACC 2020 .clinicaltrialresults.org
Kommentar: Mit Riociguat wurde das o.g. Therapie-Prinzip bereits bei Patienten, die an einer pulmonalen Hypertonie (Lungenhochdruck) leiden, erfolgreich eingesetzt. Mit dem ähnlichen Vericiguat konnten nun erstmals positive Ergebnisse auch bei Patienten mit Herzschwäche in einer großen Studie nachgewiesen werden. Dieser nochmalige Zugewinn an therapeutischem Nutzen ist insofern bemerkenswert, als die Studien-Teilnehmer bereits nach neuestem Stand mit bisher verfügbaren Medikamenten vorbehandelt waren. Auch wurde das neue Medikament offensichtlich gut vertragen. Besonders hervorzuheben ist, dass Nierenfunktion und Mineralstoffe nicht wie bei einigen anderen Medikamenten negativ beeinflusst wurden. Warum gerade die "kränksten" Patienten (pro-BNP > 5000) keinen Nutzen von der neuen Substanz hatten, muss weiter geklärt werden. Die Entscheidung der Zulassungs-Behörden bleibt abzuwarten. Sobald die Markt-Zulassung erfolgt, wird Herz-News erneut berichten.
Hohes Risiko bei Corona-Infektion mit Herzschaden
Auch geringste Schädigungen des Herzmuskels können durch Messen des sog. Troponins im Blut festgestellt werden. Dieses Eiweiß kommt sonst praktisch nur im Herzmuskel vor und wird bei einem Herzinfarkt oder anderen Schädigungen des Herzens in das Blut freigesetzt. In Wuhan (China) haben Ärzte nun bei 416 Patienten mit Corona-Infektion das Troponin gemessen. Etwa bei 20% der Patienten konnte so eine Schädigung des Herzens festgestellt werden. Diese Patienten hatten auch häufiger bereits Vorerkrankungen des Herzens, wiesen vermehrt hohe Entzündungs-Werte im Blut auf, mussten häufiger künstlich beatmet werden und hatten letztlich ein etwa 4 mal höheres Sterberisiko als Patienten ohne Herzschädigung. Als Ursache wird ein durch die Viren ausgelöster Entzündungsprozess, entweder direkt im Herzmuskel oder in den Herzarterien, vermutet.
Quelle: Shi et al. JAMA Cardiol. Publ.online March 25,2020 doi:10.1001/jamacardio.2020.0950
Schlimpert V., 26.3.20; Kardiologie.org
Kommentar: Aus den frühen Erfahrungen der chinesischen Ärzte lassen sich folgende Schlussfolgerungen herleiten:
1) Für Patienten mit bekannten kardialen Vorerkrankungen ist die Vermeidung einer Corona-Infektion vordringlich.
2) Im Falle einer Corona-Infektion kann durch Messen des Troponins offensichtlich eine Gruppe von Patienten mit besonders hohem Risiko identifiziert werden.
3) Dies erlaubt die frühzeitige Einleitung weiterer diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen, um dem sonst drohenden deletären Verlauf zu begegnen
“Schlaues Pflaster” erkennt nachlassende Herzleistung
Die Verschlechterung einer chronischen Herzschwäche gehört zu den häufigsten Gründen einer stationären Aufnahme im Krankenhaus. Durch rechtzeitige Erkennung einer nachlassenden Herzleistung könnten frühzeitig Gegenmaßnahmen ergriffen und erneute Krankenhaus-Aufnahmen vermieden werden. In der vorliegenden Studie wurde bei 100 Patienten ein "intelligentes Pflaster" eingesetzt, um über Fern-Diagnostik eine Verschlechterung der Herzleistung zu erfassen. Das auf die Brustwand aufgeklebte Pflaster erlaubt Messungen u.a. von Herz- und Atemfrequenz, Temperatur und Bioimpedanz. Die Daten werden per Tele-Monitoring übermittelt und mit Hilfe künstlicher Intelligenz Abweichungen vom Normalzustand erkannt. In 4 von 5 Fällen konnte so die Notwendigkeit einer späteren Krankenhaus-Aufnahme wegen Verschlechterung der Herzleistung bereits mehrere Tage vorher erkannt werden.
Quelle: Stehlik J. et al. Circ Heart Fail 2020; 13:e006513
Kommentar: Das labile Gleichgewicht bei chronischer Herzschwäche kann durch vielfältige Einflüsse wie Überlastung, erhöhte Flüssigkeitszufuhr, Verschlechterung der Nierenfunktion, Änderungen der Medikation oder auch Infekte gestört werden. Oft werden erste Symptome oder Hinweise (z.B. Gewichtzunahme) nicht rechtzeitig erkannt und Patienten dann erst in bedrohlichem Zustand in die Klinik aufgenommen. Der Nutzen einer Fernüberwachung und somit möglichen frühzeitigen Diagnose und Therapie-Steuerung konnte bereits in früheren Untersuchungen belegt werden, allerdings mit größerem apparativen Aufwand. Andere Forscher verwenden die Daten von implantierten Geräten wie Schrittmachern oder Defibrillatoren zur Fernüberwachung. Die aktuelle Untersuchung zeigt eine für die Mehrzahl der Patienten praktikable Lösung, die es ermöglicht, durch einfaches Tragen eines " intelligenten Pflasters", eine beginnende Verschlechterung der Herzleistung frühzeitig zu erkennen. Durch rechtzeitige Einleitung therapeutischer Maßnahmen kann so der Entwicklung bedrohlicher Zustände und der Notwendigkeit von Krankenhaus-Behandlungen entgegengewirkt werden.
Diabetes-Medikament hilft auch bei Herzschwäche
Bei den sog. SGLT2-Hemmern, auch Gliflozine genannt, handelt es sich um eine noch relativ neue aber schon bewährte Gruppe von Medikamenten zur Senkung des Blutzuckers bei Diabetes mellitus Typ 2. In früheren Untersuchungen gab es überraschende Hinweise, dass diese Medikamente besonders günstig bei Patienten mit zusätzlicher Herzschwäche wirkten. Dieser Frage ging man jetzt gezielt in der DAPA-HF-Studie nach. Der SGLT2-Hemmer Dapagliflozin (Forxiga®) wurde bei über 4700 Patienten mit Herzschwäche randomisiert (zufallsmäßige Zuteilung, wie beim Werfen einer Münze) mit Placebo verglichen. Nur etwa die Hälfte der Teilnehmer hatte auch einen Diabetes mellitus. Im Verlauf von 18 Monaten waren in der Dapagliflozin-Gruppe 30% weniger Krankenhaus-Einweisungen wegen Herzschwäche erforderlich. Auch war die Gesamt-Sterblichkeit um relativ 17% geringer. Interessanterweise war der günstige Effekt sowohl bei Patienten mit als auch ohne Diabetes in gleicher Weise nachweisbar. Ein auffälliges Nebenwirkungs-Profil fand sich nicht.
Mc Murray J et al. N Engl J Med. 2019 Sep 19. doi: 10.1056/NEJMoa1911303.(Epub ahead of print)
Kommentar: Dapagliflozin (Forxiga®) bietet sich daher bereits jetzt als ideales Medikament bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ II und zusätzlicher Herzschwäche an. Aufgrund der günstigen Ergebnisse ist zu erwarten, dass Dapagliflozin, unabhängig vom Vorliegen eines Diabetes mellitus, in die Leitlinien zur Behandlung der Herzschwäche aufgenommen wird. Der Wirkungs-Mechanismus für die günstige Wirkung auf Patienten mit Herzschwäche ist im Einzelnen noch nicht geklärt. Ob es sich um einen Klasseneffekt dieser Medikamenten-Gruppe handelt, d.h. ob auch andere SGLT2-Hemmer sich in gleicher Weise günstig bei Herzschwäche auswirken, kann abschließend noch nicht entschieden werden.
Das „Gebrochene Herz“: Verbindung von Herz und Hirn
Beim "Broken heart Syndrom" (Synonym auch Stress-Kardiomyopathie oder Takotsubo-Kardiomyopathie) handelt es sich um ein Herzinfarkt-ähnliches Krankheitsbild. Anders als beim Herzinfarkt werden Herzmuskelzellen aber nicht dauerhaft, sondern nur vorübergehend geschädigt. Die Herzfunktion kann sich also nach Tagen-Wochen wieder erholen. Die genaue Ursache ist noch nicht hinreichend erforscht. Häufig berichten Patienten aber über einen starken emotionalen Trigger (z.B. Verlust eines nahen Angehörigen) vor Auftreten des Krankheits-Bildes. Wissenschaftler der Universität Zürich konnten jetzt zeigen, dass beim "Broken heart Syndrom" nicht nur das Herz sondern auch das Gehirn betroffen ist. Sie konnten mittels Magnetresonanz-Tomografie (MRT) eine veränderte Aktivität in einer bestimmten Hirn-Region, die für die Verarbeitung emotionaler Prozesse zuständig ist, nachweisen.
Quelle: Templin C et al. Eur Heart J 2019; 40 (15): 1183-1187
Kommentar: Bisher war zwar bekannt, dass besondere emotionale Ereignisse häufig dem "Broken heart syndrom" vorausgehen. Erstmals wurde jetzt eine fassbare Veränderung der Hirnaktivität in umschriebenen Bereichen des Gehirns bei den genannten Patienten nachgewiesen. Aufgrund der Untersuchungen kann aber nicht entschieden werden, ob die Herzerkrankung der veränderten Hirn-Aktivität vorausging oder umgekehrt. Weitere Forschung ist erforderlich, um dieses spannende Krankheitsbild besser zu verstehen.
" Schlagende" Herzkammer aus dem 3D-Drucker
Mitarbeiter der Universität Pittsburgh haben erstmals aus Herzmuskel-Zellen und Kollagen im 3D-Drucker eine Herzkammer hergestellt, bei der sich die Herzmuskel-Zellen synchron zusammenziehen und erschlaffen können. Damit kann die Herzkammer eine mechanische Funktion im Sinne des "Herzschlags" übernehmen. Dies ist ein weiterer wichtiger Schritt in der Entwicklung funktionsfähiger Herzen. Bisher gelingt es aber noch nicht, ein filigranes Netz aus sehr feinen Blutgefäßen herzustellen. Dies wäre erforderlich, um alle Herzmuskel-Zellen mit dem nötigen Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. Auch die Formstabilität der verwendeten Biomaterialien wie Kollagen, Fibrin und Alginat ist noch nicht zufriedenstellend.
Quelle. Lee A et al. Science 2019;365 (6452): 482-487
Kommentar: Bis zur klinischen Anwendung ist noch ein weiter Weg zu beschreiten. Möglicherweise wird die Züchtung menschlicher Organe in Chimären (Mensch-Tier-Mischwesen) schneller in der klinisch-praktischen Medizin ankommen. Allerdings sieht sich dieser Forschungszweig mit erheblichen ethischen Bedenken konfrontiert.
Miniaturherz aus dem 3D-Drucker
Israelische Forscher konnten ein kirschgroßes Herz mit Hilfe eines 3D- Druckers herstellen. Die Forscher um Tal Dvir haben hierfür das Körper-eigene Gewebe eines Patienten (Fett- zellen aus dem Bauchraum) verwendet und zunächst zu sog. pluri-potenten Stammzellen rück-programmiert. Daraus konnten dann Herzmuskel-Zellen und Endothelzellen für die Blutgefäße generiert werden. Aus extrazellulären Bestandteilen wie Kollagen und Glyko-proteinen konnte ein Hydrogel hergestellt werden, das als Stützgerüst für das Herz dient. Schlagen kann das Herz allerdings noch nicht, da die Zellen zwar kontrahieren aber noch nicht koordiniert, wie es für eine mechanische Funktion erforderlich wäre
Quelle: Noor N et al. Advanced Science 2019; 6 (11)
Kommentar: Funktionsfähige Herzen aus körper-eigenen Zellen würden keine Reaktionen des Immunsystems hervorrufen, wie das bei den bisherigen Transplantationen von Fremdherzen der Fall ist.
Lebendiges Herzpflaster
Patienten nach einem Herzinfarkt leiden oft an einer Schwäche des Herzmuskels, da ein Teil des Herzens durch den Infarkt abgestorben ist. Statt funktionierender Herzmuskelzellen, die sich rhythmisch zusammenziehen können (Kontraktion), bildet sich in der Infarktzone Narbengewebe aus. Dieses hat aber keine Fähigkeit zur Kontraktion, sodass die Pumpkraft des Herzens abnimmt. Mit Hilfe von Stammzellen und einem biologischen Gerüst aus Fibrin/Kollagen entwickeln Forscher Gewebestreifen aus funktionsfähigen kontrahierenden Herzmuskelzellen. Die Gewebe-Pflaster müssen dann chirurgisch auf den Herzmuskel aufgebracht werden. Zumindest im Tierversuch konnte das Aufbringen der Herzpflaster bereits erfolgreich getestet werden. Erste Testungen an Patienten, die andernfalls auf ein Spenderherz angewiesen wären, sollen bereits im nächsten Jahr im Rahmen einer Studie des DZHK (Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung) beginnen. Vielleicht kann Patienten eine Herztransplantation auf diesem Wege in Zukunft erspart bleiben.
Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin;7.5.2019: „Ein Pflaster für das Herz: Gewebeflicken sollen Kontraktionskraft nach Herzinfarkt verbessern“